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Wolfsdunkel -7-

Wolfsdunkel -7-

Titel: Wolfsdunkel -7- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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Richtung geschaut.“
    „Und ich wette, das kennst du nicht.“
    „Nein“, räumte sie ein. „Aber ich wollte auch gar nicht, dass er mich ansieht. Seine Augen sind … “ Sie verstummte.
    „Was?“
    „Pechschwarz. Wie die eines Dämons oder so.“
    „Eines Dämons? Hast du dich mal wieder über die Friedenspfeife hergemacht?“
    „Niemand hat pechschwarze Augen“, beharrte sie.
    „Und er hat auch keine. Sie sind dunkelbraun. Es war eine optische Täuschung.“
    „Ganz bestimmt.“
    Ich verzichtete auf eine weitere Diskussion. Mit Grace zu streiten, lohnte nie die Kopfschmerzen, die damit einhergingen.
    Als wir vor dem Rathaus anhielten, ließ Grace den Wagen im Leerlauf weiterlaufen. „Kommst du nicht mit rein?“, fragte ich.
    „Nein. Ich hab zu tun, muss Leute verhaften und so.“ Ich stieg aus; doch Grace rief meinen Namen, und ich drehte mich noch mal um. „Danke, dass du mitgekommen bist“, sagte sie.
    „Warum hast du mich überhaupt darum gebeten?“ Ihre Brauen zuckten über den Rand ihrer Sonnenbrille. „Es ist ja nicht gerade so, als ob ich in einer prekären Situation irgendeine Hilfe wäre.“
    Ich deutete auf mein Kostüm und die Pumps, die durch den Ausflug an den See ziemlich ramponiert waren.
    „Du trägst zwar keine Schusswaffe und hast auch nicht wirklich Mumm in den Knochen“, begann sie.
    „Wow, Sheriff McDaniel, manchmal sind Sie derart politisch korrekt, dass man geradezu Angst bekommen könnte.“
    „ Aber “, fuhr sie mit missbilligender Miene fort, „zumindest hast du das flotte Mundwerk deines Vaters geerbt.“
    Jeremiah Kennedy war der vollendete Politiker gewesen. Er hatte die Namen sämtlicher Einwohner gekannt, und auch die ihrer Hunde, Kinder und Enkel. Er war in einem Ausmaß gut in seinem Job gewesen, von dem ich bezweifelte, dass ich es je erreichen würde.
    Allmählich fragte ich mich, ob ich überhaupt noch in irgendetwas gut war. An der Highschool war ich nicht nur Cheerleader, sondern auch Vorsitzende des Debattierklubs und Gewinnerin des staatlichen Rhetorikwettbewerbs gewesen. Die Euphorie, die ich dabei empfunden hatte, vor einer Menschenmenge zu sprechen, war berauschend gewesen.
    Ich hatte den Rat meines Vertrauenslehrers befolgt und mich – mit dem Traum von einer Karriere im hellen Scheinwerferlicht – bei CNN dem Fernsehjournalismus zugewandt, nur um feststellen zu müssen, dass ich weder hübsch noch talentiert genug war. Verdammt, ich besaß von nichts „genug“, um erfolgreich zu sein!
    „Mit Ausnahme von heute“, ergänzte Grace und brachte mich auf das eigentliche Thema zurück. „Der Typ hat dich in ein gackerndes Huhn verwandelt.“
    „Hat er nicht.“
    Sie ignorierte meinen Einwand. „Ich werde die Zigeuner später überprüfen. Sieh du, was du bei Joyce in Erfahrung bringen kannst.“
    „In Ordnung.“ Ich richtete mich auf, und Grace fuhr davon.
    Sie hatte sich nie viel aus gackernden Hühnern gemacht, was verständlich war. Sie war das jüngste von fünf Geschwistern und das einzige Mädchen. Ihre Mutter hatte sich aus dem Staub gemacht, als Grace drei Jahre alt war – etwa zum gleichen Zeitpunkt, als meine Mutter auf einer vereisten Straße, auf der sie nichts zu suchen hatte, gestorben war.
    Meine Mom stammte aus Atlanta und hatte die Stadt an jedem einzelnen Tag vermisst. Sie hatte als Zeitungsreporterin gearbeitet, und in den späten Siebzigern war Atlanta ein sehr aufregendes Pflaster gewesen. Nachdem sie meinen Vater im Zuge einer Reportage über Kleinstadt-Bürgermeister kennen- und lieben gelernt hatte, hatte sie ihren Traumjob aufgegeben und war nach Lake Bluff gekommen, wo sie die nächsten vier Jahre damit verbrachte, sooft wie möglich auszubüxsen – zumindest hatte ich das den während meiner Kindheit geflüsterten Gesprächsfetzen entnommen.
    Grace und ich hatten uns – beide mutterlos, beide meist von unseren Vätern, die sich größeren Dingen als der Kindeserziehung verschrieben hatten, ignoriert – angefreundet.
    Ich war von Grace’ Andersartigkeit ebenso fasziniert gewesen wie sie von meiner. Nicht, dass sie mich nicht gnadenlos damit aufgezogen hätte, was dazu führte, dass ich sie ebenso gnadenlos aufzog. Wir waren wie Schwestern gewesen, und ich wünschte mir diese Innigkeit sehnsüchtiger zurück, als ich mir seit langer, langer Zeit irgendetwas gewünscht hatte.
    Auf der Center Street herrschte emsige Geschäftigkeit; jeder traf letzte Vorbereitungen für das Festival. Direkt gegenüber dem

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