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Wolfsfeuer (German Edition)

Wolfsfeuer (German Edition)

Titel: Wolfsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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jedes Gespür für drohende Gefahr abhandengekommen war?
    Trotzdem sollte er Alex zunächst ein paar Dinge erklären. Julian konnte ihre Besorgnis nachvollziehen. Er hätte überlegen sollen, was sie denken würde, bevor er sie in ein Dorf mitgenommen hatte, in dem jeder dritte Einwohner seine Augen besaß.
    »Ich bin vor langer Zeit mit dem Schiff hierher gesegelt. Damals, als man mich noch Jorund der Blonde nannte.«
    Ihr Kopf ruckte nach oben. »Jorund? So wie der alte Mann?«
    »Ja. Allerdings wurde er nach mir benannt, nicht andersherum.«
    »Wie kam das?«
    »Viele Indianerstämme glauben, wenn ein Mensch stirbt, darf sein Name nie wieder ausgesprochen werden, aus Angst, sein Geist könne den, der ihn ausspricht, fortan heimsuchen. Die Inuit hingegen glauben, dass die guten Eigenschaften der Toten auf jene übergehen, die nach ihnen benannt sind.«
    »Aber du bist nicht tot.«
    »Das wussten sie nicht, als sie anfingen, in jeder Generation ein Kind Jorund zu nennen.« Julian zuckte die Achseln. »Es hat sich zu einer Tradition entwickelt.«
    »Und wann genau bist du hierher gesegelt … im Jahr 8000 v. u. Z?«
    »Die Blütezeit der Wikinger war vor tausend Jahren.« Er neigte den Kopf zur Seite und überlegte, was er ihr entlocken könnte, indem er den Ahnungslosen mimte. »Hast du das nicht in der Schule durchgenommen?«
    Alex richtete den Blick auf die unendliche Weite der Tundra, die sich Schneewelle um Schneewelle vor ihnen erstreckte wie ein perfektes weißes Meer. »Wann hätte ich denn die Schule besuchen sollen, Barlow? Nachdem wir diesen Nagual in Mexiko zur Strecke gebracht hatten? Oder während wir den schottischen Wolfsmann in den Blue Ridge Mountains jagten?«
    »Von beiden habe ich noch nie gehört«, gestand er.
    Sie lachte, doch klang in dem Laut ein leises Schluchzen mit. »Als ich acht war, lernte ich, wie man eine Schusswaffe abfeuert. Mit zehn konnte ich bereits meine eigenen Silberkugeln herstellen. Jeden Abend vor dem Schlafengehen bekam ich eine Lektion über die verschiedenen Arten von Monstern. »Nagual … «, sie hob einen Finger, »… ein mexikanischer Werwolf-Zauberer.« Sie hob einen zweiten. »Wolfsmann. Ein schottischer Unhold mit dem Körper eines Menschen und dem Kopf eines Wolfs.«
    »Alex«, unterbrach er sie, aber sie ignorierte ihn.
    »Meine Prüfungen bestanden darin, eine Vernichtungsmethode für jeden Einzelnen zu entwickeln. Und ich schaffte einhun dert Prozent, weil ich wusste, dass ich andernfalls sterben würde.«
    Wieder drohte ihn das Mitgefühl zu übermannen. Wieder rang er es gnadenlos nieder. Also hatte sie eine harte Kindheit gehabt. Das traf auf viele Menschen zu, trotzdem liefen sie nicht herum und ermordeten unschuldige Ehefrauen.
    »Ist es nicht illegal, nicht zur Schule zu gehen?«, fragte er.
    »Ruf doch die Polizei.« Sie lächelte ironisch. »Wir blieben nie lange genug an einem Ort, als dass es jemandem aufgefallen wäre.«
    Julian runzelte die Stirn. »Hätte nicht das Jugendamt irgendwann nach deinem Verbleib forschen müssen?«
    Diesmal lächelte sie mit echtem Humor. »Und du behauptest, Edward zu kennen.«
    »Wir alle kennen Edward.«
    »Offenbar nicht gut.«
    »Würde ich ihn gut kennen, wäre ich längst Asche.«
    »Eins zu null für dich.« Alex holte tief Luft, dann erstarb ihr Lächeln. »Edward hat überall Jägersucher -Agenten eingeschleust. In den Sozialbehörden. Beim Jugendamt. Beim FBI . Was glaubst, warum er jeden verdammten Mist weiß?«
    »Er weiß nicht, wo ich bin.«
    »Lass ihm Zeit.«
    Ein leichtes Frösteln überlief Julians Nacken. »Wie meinst du das?«
    Alex warf die Hände in die Luft. »Edward macht diesen Job seit dem Zweiten Weltkrieg. Er verfügt über grenzenlose finanzielle Ressourcen. Denkst du wirklich, du könntest dich für immer vor ihm verstecken?«
    »Mich gibt es schon wesentlich länger als ihn, darum denke ich, dass ich das kann.«
    »Okay.« Alex nickte und senkte den Blick. Als sie die Hand hob, um sich die Haare aus dem Gesicht zu streichen, zitterten ihre Finger. Vielleicht fror sie, nur glaubte Julian das nicht.
    Alex kannte Edward. Sie wusste – womöglich sogar besser als jeder andere – , wie gefährlich er war, wie weit sein Einfluss reichte, wozu er imstande war. Und er, Barlow, hatte sie ausgerechnet in das verwandelt, was Edward mit großer Effizienz vernichtete. Er konnte ihr keinen Vorwurf daraus machen, dass sie ein wenig beunruhigt war.
    »Du bist hier sicher, Alex. Versprochen.«
    Ihre

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