Wolfsfeuer (German Edition)
können, Mitgefühl, wenn nicht gar Mitleid in seiner Stimme zu hören. Was sie so sehr aufbrachte, dass sie verbal nach ihm ausholte.
»Ich hätte angenommen, dass du alles roh verspeist. Wie zum Beispiel die Weise Frau.«
Sie hatte ihm dabei ins Gesicht gestarrt, darauf wartend, einen Anflug von … was zu sehen? Schuldbewusstsein? Konnte ein Werwolf Schuldbewusstsein empfinden?
Julian zog eine Braue hoch. »Du denkst, dass ich sie getötet habe?«
»Irgendjemand hat es getan.«
»Es könntest du gewesen sein.«
»Ich bringe keine Menschen um.«
»Glaub das nur weiter.« Er riss ein halbes Dutzend Papiertücher von der Rolle und gab sie ihr, ohne zu fragen, was sie damit wollte. Das wurde offensichtlich, als er ihr in die Diele folgte und im Türrahmen lehnend zusah, wie sie die Pfützen aufwischte.
»Ich habe die Weise Frau nicht getötet«, sagte er ruhig.
»Ich auch nicht.«
Schweigen senkte sich über sie. Glaubte er ihr? Glaubte sie ihm? Sie wusste es nicht.
Alex richtete sich auf und drückte ihm die nassen Tücher in die Hand. »Ich schätze, wir müssen das Urteil verschieben, bis wir Beweise haben.«
»Du meinst warten, bis wir den anderen mit roten Pfoten ertappen?« Er ging zurück in die Küche und warf die Papiertücher in den Müll.
»Hmm«, machte Alex unverbindlich. Sie waren letzte Nacht immer wieder getrennt gelaufen, aber hätte er wirklich genügend Zeit gehabt, sich das Blut aus dem Fell zu waschen, bevor sie sich wiedergetroffen hatten?
Eher unwahrscheinlich. Andererseits war er magisch veranlagt. Wäre es schwer für ihn gewesen, die Flecken einfach wegzuzaubern?
Barlow bedeutete Alex mit einer Handbewegung, sich an einen weiß gekachelten Tisch aus sandfarbenem Holz zu setzen. Sie konnte sich nicht bezähmen, mit der Handfläche darüberzustreichen, als liebkoste sie einen Geliebten. Wie war es möglich, das alles in seinem Haus exakt dem entsprach, was sie selbst gewählt hätte?
Barlow setzte sich ihr gegenüber, dann schwieg er, bis er ihre Aufmerksamkeit hatte. »Willst du mir davon erzählen?«
»Ich habe die Weise Frau nicht getötet«, wiederholte sie.
»Nicht das. Die Jägersucher .«
»Du willst, dass ich dir von den Jägersuchern erzähle?« Alex schnaubte abfällig. »Damit Edward mich als Erste abknallt, sobald er hier auftaucht? Nein, danke.«
»Alex.« Julian fasste über den Tsch und legte die Hand auf ihre. Sie starrte sie stirnrunzelnd an. Ihr Verstand riet ihr, ihm die Finger zu brechen, gleichzeitig wollte sie ihre Hand um seine schmiegen und sie festhalten. »Du bist jetzt eine von uns.«
»Es war nicht meine Entscheidung.«
»Das ist es ja, was ich dir immer wieder sage. Die meisten Werwölfe werden gegen ihren Willen erschaffen. Bloß interessiert das die Jägersucher nicht. Sie schlachten sie trotzdem ab.«
»Weil sie kaum eine andere Wahl haben«, wies sie ihn hin. »Zähne und Krallen, Blut und Tod. Darüber solltest du nachdenken.«
Julian lehnte sich seufzend zurück und entzog ihr seine Hand. »Du verstehst nicht … «
Da sie seine Hand vermisste und sie zurückhaben wollte, fauchte sie: »Ich habe es selbst erlebt. Ich weiß Bescheid . Werwölfe sind Serienmörder in Pelzmänteln. Sie ändern sich nicht. Weil sie es nicht wollen. Und die einzige Methode, sie unschädlich zu machen, ist nun mal eine Silberkugel. Basta.«
»Du wirst hier eine andere Erfahrung machen. Das verspreche ich dir.«
»In Anbetracht dessen, was wir von deinem Enkelsohn gehört haben, gibt es in diesem Dorf mindestens einen Wolf, der meine Einschätzung bestätigt.« Alex lächelte ironisch und fühlte ein wenig von ihrem alten Ich durchschimmern. »Wie lange wird es dauern, bis es mehr als einer ist?«
»Das wird nicht passieren.«
»Nur weil ich es nicht über den Kindergarten hinausgeschafft habe, bedeutet das nicht, dass ich nicht gelesen, recherchiert und mir Wissen angeeignet hätte. Geschichte hat mir besonders gefallen, und wenn Geschichte zu etwas gut ist, dann ist es das Aufzeigen von Verhaltensmustern.«
»Ich komm nicht mehr mit.«
»Je mehr du diese Wölfe unter deiner Fuchtel hältst, desto eher werden sie ein Verhalten an den Tag legen, das nicht natürlich ist, desto größer wird ihr Wunsch auszubrechen und desto skrupelloser werden sie agieren, falls es ihnen gelingt.«
»Dieser Werwolf ist entartet«, insistierte er. »Wahrscheinlich ist er noch nicht mal von hier.«
»Glaub das ruhig weiter.«
13
Noch vor wenigen Augenblicken hatte
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