Wolfsfieber - Handeland, L: Wolfsfieber
nennen, brachte mich zum Kichern. Offensichtlich stand ich kurz vor einem hysterischen Anfall.
Ich kämpfte den unangebrachten Humor nieder und versuchte, mich zu konzentrieren. „Warum gibt es bei den Ruelles keine Mädchen?“
„Was?“ Adam blinzelte angesichts des unerwarteten Themawechsels.
„Es wurden seit über hundert Jahren keine weiblichen Nachkommen mehr geboren. Ich habe das überprüft.“
„Das liegt am Fluch. Grandpères Voodoo-Königin wollte, dass ausschließlich Männer büßen. Ich glaube, sie hat sich nicht viel aus ihnen gemacht.“
„Woran das wohl lag?“
Henri legte die Hände um die Gitterstäbe und rüttelte an seinem Käfig. „Lasst mich raus!“
„Nicht so hastig“, sagte Adam. „Du wirst Diana in Frieden lassen.“
Henris Blick zuckte zu mir. „Was, wenn sie versucht, mich zu töten? Wirst du mich dann beschützen, petit-fils ? Wirst du ihr deine Seele anvertrauen? Was ist mit der des Jungen?“
„Wenn sie dich umbringen wollte, wäre ich inzwischen tot. Sie hat mich nämlich für dich gehalten.“
Henri runzelte die Stirn. Ich glaubte nicht, dass er das hellste Licht im Hafen war. Oder sollte ich lieber sagen, der vollste Mond am Himmel?
„Du hast recht“, stimmte er zu. „Sie hätte dir ein Silbermesser zwischen die Rippen gerammt, als du es ihr besorgt hast. Das ist immer der günstigste Zeitpunkt.“
„Ihr scheint mich mit jemand anderem zu verwechseln“, murmelte ich. „Mit einem psychopathischen Serienkiller vielleicht?“
„Aber wenn sie mich nicht töten wil l … “
„Zuerst wollte ich das nicht, aber seit ich dir begegnet bin, habe ich meine Meinung geändert.“
„Dian a … “, setzte Adam an, aber Henri unterbrach ihn. „Was willst du wirklich?“
„Die Existenz eines Werwolfs nachweisen und ihn der Welt präsentieren.“
„Das wird auf keinen Fall passieren.“ Henri richtete den Blick auf Adam. „Habe ich recht?“
Adam seufzte. „Ja, du hast recht.“ Er ließ den Kopf hängen, sodass ihm das Haar übers Gesicht fiel.
Ich widerstand dem Drang, es ihm zurückzustreichen.
Er hob den Blick. „Ich brauche den Schlüssel.“
„Er will mich umbringen oder mich vergewaltige n … “
„Wie wär’s mit beidem?“, schlug Henri vor.
„Was glaubst du wohl, warum ich gesagt habe, dass ich dein Sumpfführer sein werde?“, fragte Adam. „Ich hätte nicht zugelassen, dass er dir etwas antut. Das werde ich auch jetzt nicht.“
Eine Welle des Kummers überwältigte mich. Adam war nicht wegen meines Charmes in meiner Nähe geblieben, sondern weil er sicherstellen wollte, dass Henri mir nicht die Kehle rausreißen oder noch Schlimmeres antun würde. Und welch bessere Taktik hätte er benutzen können, um das zu erreichen, als vorzugeben, mit mir schlafen zu wollen und es dann auch zu tun?
Ich hatte recht gehabt: Das hier war keine Liebe. Es war noch nicht mal Lust, sondern reine Pflichterfüllung.
Die stille Morgenluft trug Stimmen zu uns, und wir schraken alle drei zusammen.
„Frank“, sagte ich leise. Wie war er bloß so schnell hierhergekommen?
„Los, beeilt euch“, knurrte Henri.
„Ich muss ihn freilassen, Diana.“ Adam sah mir tief in die Augen. „Falls sie ihn nicht gleich hier töten, dann sezieren sie ihn irgendwo anders. Wenn er stirbt und der Fluch auf mich übergeht, gibt es niemanden mehr, der für Luc sorgen kann.“
„Du denkst also wirklich, dass wir Henri entkommen lassen sollten, damit er weiterhin Menschen umbringen kann?“
„Ich tue mein Bestes, ihn unter Kontrolle zu halten. Und ich verbringe meine Nächte damit, jene zu eliminieren, die er erschaffen hat.“
Ich starrte ihn mit geweiteten Augen an. „Du hast Charlie erschossen.“
Er nickte.
Aus sehr viel größerer Nähe ertönte nun ein Ruf, und Adam streckte mir die Hand entgegen. „Bitte.“
Ich musterte sein Gesicht, sah die Traurigkeit und den Schmerz darin. Ich sah außerdem seine Angst, seine Not und seinen Sohn.
Ich gab ihm den Schlüssel.
38
Henri stürmte aus dem Käfig und auf mich zu. Adam riss ihn zurück und versetzte ihm einen Schlag gegen sein Kinn, dass er ins Straucheln geriet.
„Ich werde dich nicht töten.“ Adam nickte in Richtung Sumpf. „Aber sie werden es tun. Also verschwinde jetzt.“
Mit einem unheilvollen Versprechen im Blick starrte Henri mich an, doch dann machte er sich davon; er tauchte ins Dickicht ein und war verschwunden.
„Ich werde auf dich aufpassen, das schwöre ich.“
Ich wünschte mir,
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