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Wolfsfieber - Handeland, L: Wolfsfieber

Wolfsfieber - Handeland, L: Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber - Handeland, L: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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falls er je wieder mit mir sprechen sollte.
    „Hast du Lust, Karten zu spielen?“, wollte Luc wissen.
    „Ich habe keine hier.“
    Er fasste in die Tasche seiner Shorts und zog einen Satz Spielkarten hervor.
    „Aber nur eine Runde“, willigte ich ein. „Was spielst du denn gern?“
    „Texas Hold’em.“
    „Du meinst, so wie im Fernsehen?“
    „Da hab ich es gelernt.“
    Er fing an, die Karten mit der Kunstfertigkeit eines Trickbetrügers zu mischen, was gleichzeitig bezaubernd und verstörend war. Und traurig. Das arme Kind musste Spiele aus der Glotze lernen?
    „Wie oft siehst du deinen Vater?“
    „Jeden Tag.“
    „Wozu dann die Babysitter?“
    „Weil sie über Nacht bleiben.“
    „Wo ist dann dein Dad?“
    „Bei der Arbeit, schätze ich.“
    „Was für eine Arbeit?“
    Er zuckte mit den Schultern. „Keinen Schimmer.“
    Das Ganze wurde immer bizarrer. Ich hatte mit dem Mann geschlafen und unbeschreibliche Intimitäten mit ihm geteilt, aber trotzdem wusste ich nicht, womit er seinen Lebensunterhalt verdiente. Aber offensichtlich tat sein Sohn das auch nicht.
    Luc gewann beim Hold’em. Haushoch. Mehrere Male.
    Ich vergaß das mit der einen Runde. Ich vergaß, dass ich nach einer halben Stunde hatte aufbrechen wollen. Eine Stunde später spielten wir noch immer, und ich verlor noch immer.
    „Ich denke, das reicht jetzt.“ Ich warf mein neuestes Mistblatt auf den Tisch.
    „Das sagen alle, wenn ich gewinne.“
    Ich musterte sein strubbeliges Haar, seine Zahnlücke, seine vertrauten Augen. „Warum bist du hergekommen, Luc?“
    Er steckte die Karten ein und kletterte auf meinen Schoß. Ich war derart überrascht, dass ich ihn ließ.
    „Dad mag dich.“ Er rutschte auf meinem Schoß herum, schmiegte seinen Kopf unter mein Kinn und schlang mir die Arme um die Taille. „Das sehe ich ihm an.“
    „Ich glaube nicht, dass er das tut.“
    Ich ließ nicht genug und nicht mehr aus.
    „Er hat noch nie zuvor im Schlaf den Namen eines Mädchens gemurmelt. Das muss doch etwas bedeuten.“
    Ich wusste, was es bedeutete, aber ich würde es Luc nicht verraten.
    „Ich dachte, er würde die ganze Nacht arbeiten“, sagte ich.
    „Ja, und dann schläft er fast den ganzen Tag. Das ist dann die Zeit, in der ich Hold’em gucke.“
    Was tat Adam die ganze Nacht lang, dass er schlafen musste, sobald die Sonne am Himmel stand? Ich glaubte, dass ich es gar nicht wissen wollte.
    Während unserer Unterhaltung hatte ich, ohne es zu merken, die Arme um den Jungen gelegt. Meine Wange lag auf seinem Kopf. Sein Körper war warm, knochig und gleichzeitig weich. Sein Haar roch wie ein Sommerregen.
    „Wenn Dad dich mag“, flüsterte er mit schlaftrunkener Stimme, „dann mag ich dich auch.“
    Ich sagte nichts, bis sein Atem schließlich gleichmäßig wurde und seine Glieder erschlafften. Wie es aussah, würde ich Luc wohl nicht so bald nach Hause bringen können. Er mochte klein sein, trotzdem war er vermutlich zu schwer, als dass ich ihn hätte tragen können. Außerdem wollte ich ihn nicht wecken.
    Ich streckte mich auf dem Schlafsack aus und ließ den Jungen neben mir auf die Decke gleiten. Als er sich murmelnd bewegte, streichelte ich ihm übers Haar und flüsterte: „Ich mag dich auch.“
    Er schlie f – seine Hand in meine r – wieder ein.
    Fasziniert betrachtete ich diese winzige, weiche Hand. Er hatte eine verschorfte Handfläche und auf einem Knöchel einen Kratzer; seine Fingernägel waren erdverkrustet. Hatte er mit ihnen gebuddelt? Ich konnte mir vorstellen, dass kleine Jungs so etwas taten, war mir aber nicht sicher.
    Luc ähnelte Adam so sehr. Angefangen bei den blauen Augen und dem dunklen Haar bis hin zu seiner von der Sonne golden getönten Haut. Hatte er überhaupt irgendetwas von seiner Mutter?
    Ich hatte mich in meinem ganzen Leben noch nicht nach Mutterglück gesehnt. Hatte nie die biologische Uhr ticken hören. War nie wegen eines Babys aus dem Häuschen geraten. Ich fing beim Anblick von Strampelanzügen und winzigen Schuhen nicht an zu sabbern. Warum also fühlte ich mich so wohl, als ich Luc Ruelles Hand hielt?
    Eine Bewegung an der Peripherie meines Blickfelds ließ mich hochsehen. Ich war nicht überrascht, Adam zu entdecken, der mich durchs Fenster beobachtete.
    Seinem Gesichtsausdruck nach irrte Luc gewaltig. Sein Vater mochte mich ganz und gar nicht.

31
    Adam kam ins Haus, während ich mich aufsetzte, vorsichtig darauf achtend, das schlafende Kind nicht zu wecken. Ohne ein Wort beugte er sich

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