Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut
kann.“
Nic sah mich an, und die Jahre der Trennung lösten sich in Wohlgefallen auf. Ich hatte eine Zukunft mit ihm. Es gab keine Monster. Der Tod lauerte nicht hinter jeder Ecke.
Dann sprach er, und das Trugbild verschwand. „Komm mit mir. Du brauchst ihn nicht.“
Nur, dass ich es tat. Edward würde dafür sorgen, dass ich nirgendwo einen Job finden würde. Ohne das Serum würde ich binnen einer Woche anfangen, die Bevölkerung aufzufressen.
Da mein Geheimnis inzwischen nicht mehr sicher zu sein schie n – Gott allein wusste, wer oder was mich bereits jagt e – , würde ich allein draußen in der Welt sterben, genau wie jeder, der mir zu nahe käme. Falls nicht, würde ich töten, bis ich selbst getötet würde. Meine Optionen waren ziemlich spärlich.
Ich konnte Nic in all das nicht hineinziehen. Er hatte keine Ahnung, was da draußen wa r – verdammt, er hatte noch nicht mal eine Ahnung, was hier drinnen war. Und ich musste gewährleisten, dass das auch so blieb.
Edward beugte sich zu mir und flüsterte so leise, dass nur ich ihn verstehen konnte: „Er kennt die Namen der Menschen, die Sie getötet haben, Elise.“
Mein Herzschlag schien auszusetzen. Die Zeit blieb stehen. Die ganze Welt verblasste, bis nur noch Nic, ich und die Erinnerung in dem Apartment waren.
In meiner Existenz musste mehr geheim gehalten werden als nur meine Neigung, den Mond anzuheulen. Edward war nun mal kein verschwenderischer Mann. Ich war der perfekte Werwol f – eine Bedrohung zwar, aber ohne den Dämon. Ich war für viel mehr nützlich als nur für die Forschung. Es gab da draußen Monster, die selbst Edward nicht töten konnte. Aber ich konnte, und ich hatte es getan.
Warum zögerte ich also? Wollte ich Nic etwa herausfinden lassen, dass der Mörder, den er suchte, ich war? Lieber würde ich sterben. Aber trotz aller Gefahren und Probleme sehnte ich mich stärker danach, mit Nic zu gehen, als ich seit langer, langer Zeit irgendetwas ersehnt hatte.
Ich habe mal gehört, dass sich die erste Liebe unserem Herzen einprägt. Auch wenn wir eine neue finden, Kinder mit ihr haben, unser Leben führen, bleibt unsere erste Liebe immer bei uns. Wir vergessen sie nie.
Was wir bei dieser einen Person empfunden haben, trägt einen goldenen Schimmer und lässt sich mit gleicher Intensität nicht wiederholen. Auf mich traf das umso mehr zu, als es nie einen anderen gegeben hatte.
Doch was fühlte Nic? Er begehrte mich ohne Frage. Dennoch hatte er nicht von Liebe gesprochen. Selbst wenn er so empfinden sollte, könnte seine Liebe nicht nur meinen Fluch, sondern auch meine Verbrechen überstehen? Ich bezweifelte es.
Früher hatten wir von einem gemeinsamen Leben geträumt: von Heirat, guten Jobs, Kindern. Dieser Traum war nun ebenso unmöglich zu erfüllen, wie er es damals gewesen war. Selbst wenn ich ein Heilmittel fänd e … würde ich es wagen, ein Kind in diese Welt zu setzen, nach allem, was ich über sie wusste? Das Ende der Werwölfe würde nicht das Ende alles Bösen bedeuten. Das Böse existierte überall und für immer.
EinKindwärehilflosundunschuldig.Was,wennesfürdieSündenwürdebezahlenmüssen,dieichbegangenhatte?Oderwas,wenn ihm eines Tages jemand alles über mich erzählen würde?
Ich zwang mich, trotz meiner Sehnsucht, trotz meiner Angst zu sprechen. „Ich kann nicht.“
„Sie haben sie gehört, FBI -Mann.“ Jessie fuchtelte mit ihrer Pistole in Richtung Tür. „Los jetzt.“
Mit einem Laut des Abscheus, der mir fast das Herz zerriss, verließ Nic gefolgt von Jessie das Apartment.
Er sah kein einziges Mal zurück.
Auf einen Blick von Edward hin schlüpfte Will hinaus auf die Eingangsveranda und machte sich an der Tür zu schaffen, die ich aufgebrochen hatte.
„Er denkt, dass diese Leute vermisst werden“, erklärte Edward. „Ohne die Leichen wird er niemals das Gegenteil beweisen können.“
„Tja, dann kann ich jetzt ja ruhig schlafen.“
Edward verzog die Lippen. „Das ist keine Sache, über die man spaßen sollte, Elise.“
„Lache ich etwa? Er ist der letzte Mensch auf diesem Planeten, von dem ich will, dass er eine Liste mit meinen Untaten besitzt. Und warum hat er sie überhaupt? Es ist Ihr Job, diese Dinge zu vertuschen.“
„Ich dachte, das hätte ich“, brummte er.
„Die Frage bleibt: Wer hat ihn geschickt?“
„Wir wissen, wer ihn geschickt hat.“
„Die Monster? Höchstwahrscheinlich. Sie wollen, dass wir abgelenkt sind.“
„Und ob ich abgelenkt bin.“
Er sah mich
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