Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut
ungeduldig an. „Sie sind sich sicher, dass er nie erfahren hat, was in Stanford passiert ist?“
Ich dachte sieben Jahre zurück: die Freuden der ersten Liebe, die zu Schmerz wurden, dann zu Verwirrung, die Qualen der Verwandlung. Ich war allein und vor Angst wie von Sinnen gewesen.
Nackt und blutig war ich in meinem eigenen Zimmer aufgewacht. Ich erinnerte mich daran, was geschehen war und wen ich umgebracht hatte. Ich war nicht in Nics Nähe gekommen. Wenn er mich wie wild über den Campus hätte laufen sehen, er hätte mich nicht erkannt. Niemand hätte das getan.
Von meinem Apartment aus hatte ich Edward angerufen und mich anschließend versteckt, bis er gekommen war und mich heimlich weggebracht hatte, während seine Experten das von mir angerichtete Schlamassel beseitigten.
Während der darauf folgenden Monate war ich unter Quarantäne gestellt worden. Eine Armee von Ärzten, Psychiatern und Therapeuten hatte mich untersucht, gestochen und befragt.
Ich war anders, aber niemand wusste, warum, deshalb hatte man mich vor die Wahl gestellt, für die Jägersucher zu arbeiten oder eine Silberkugel verpasst zu bekommen. Die Entscheidung war mir sehr schwer gefallen.
Nachdem ich Nic und damit die Zukunft, die wir zusammen planten, verloren hatte, wollte ich nicht mehr leben. Trotzdem besaß ich auch ein gewisses Pflichtbewusstsein. Ich wollte wiedergutmachen, was ich getan hatte, indem ich ein Heilmittel gegen die Lykanthropie fand.
„Elise?“
Ich blinzelte. Edward wartete noch immer darauf, dass ich seine Frage beantwortete. Will stand noch immer auf der Veranda. Und Nic war ein weiteres Mal für immer aus meinem Leben verschwunden.
„Nein“, sagte ich mit fester Stimme. „Nic wusste damals nichts, und er weiß heute nichts.“
„Sie sind sich ganz sicher?“
„Warum sagen Sie es mir nicht? Sie haben Ihre Gorillas nach Stanford geschickt. Was haben sie herausgefunden?“
Eine Sekunde lang dachte ich, Edward würde sich einfach auf dem Stiefelabsatz umdrehen und, ohne zu antworten, verschwinden, aber das tat er nicht.
„Niemand hat einen Wolf gesehen. Oder zumindest niemand, der überlebte.“
Edward würde mich niemals vergessen lassen, was ich getan hatte. Als ob ich das selbst je könnte.
„Ich begreife noch immer nicht, warum Sie mich im Ungewissen gehalten haben, bis Ihnen keine andere Wahl mehr blieb, als mir die Wahrheit zu sagen“, murmelte ich.
„Hätten Sie Ihr Leben damit verbringen wollen, sich darum zu sorgen, was Sie vielleicht werden oder nicht werden könnten? Hätten Sie wissen wollen, dass ich, wann immer ich in Ihrer Nähe war, eine mit Ihrem Namen markierte Silberkugel bei mir trug?“
„Nein, Sir. Auf dieses Wissen hätte ich gut verzichten können, auch jetzt noch.“
„Was ich nicht verstehe, ist der Zusammenhang zwischen diesen vermissten Personen.“
„Ich bin der Zusammenhang zwischen ihnen“, entgegnete ich.
„Wir wissen das, aber wie könnte das irgendwer sonst herausgefunden haben?“
„Ich schätze, sobald wir das Wie kennen, ist auch das Wer kein Geheimnis meh r – und dann haben wir unseren Verräter.“
Edward ballte die Fäuste. Er war seit über fünfzig Jahren Chef der Jägersucher , und niemand hatte ihn je zuvor hintergangen. Ich würde nicht derjenige sein wollen, der in diesem Moment Verrat an ihm beging.
Er stapfte zur Tür. „Sind sie weg?“
Will schrak zusammen. „Ja.“
„Ich halte es für das Beste, wenn ich ihnen folge und sicherstelle, dass der FBI -Agent tut, was Jessie sagt.“
„Sie kommt gut allein zurecht.“
„Das tut sie.“ Edward drehte sich zu mir um. „Aber ich brauche ein bisschen frische Luft.“
Er stapfte die Treppe hinunter. Sekunden später erwachte sein geliebter schwarzer Cadillac röhrend zum Leben.
„Hey.“ Will trat in das Apartment. „Sind Sie okay?“
Nicht wirklich, aber da es nichts gab, womit er mir hätte helfen können, nickte ich.
„Mandenauer ist manchmal ziemlic h … “ Er schien nach einem angemessenen Wort zu suchen. „Unangenehm.“
„Und ich hätte ihn einfach für gemein gehalten.“
„Er hat guten Grund dazu.“
Ich wusste das ebenso wie jeder andere. Ich sollte etwas nachsichtiger mit Edward sein; er hatte ein hartes Leben hinter sich.
„Er kann es kaum ertragen, mich anzusehen“, sagte ich leise. „Er konnte das nie, weil er immer Bescheid wusste.“
Als Kind hatte ich nicht verstanden, warum er es kaum erwarten konnte, mich loszuwerden. Seine
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