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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sagte dann ruhig: »Ich glaube Ihnen nicht.«
    Es war ein Schuß ins Blaue, aber er traf. Für einen Sekundenbruchteil entgleisten Danutas Gesichtszüge. Ihr Blick flackerte, und in ihren Augen glomm dieselbe Furcht auf, die er in der vergangenen Nacht schon einmal darin gelesen hatte. Fast augenblicklich hatte sie sich schon wieder in der Gewalt, aber sie schien auch zu begreifen, daß er ihre Maske durchschaut hatte, denn sie versuchte nicht noch einmal, irgend etwas zu leugnen, sondern senkte plötzlich den Blick und gewann Zeit damit, nach ihrer Kaffeetasse zu greifen und an dem heißen Getränk zu nippen.
    »Ich verlange nicht, daß Sie irgend etwas tun, was Sie in Gefahr bringt oder Ihnen auch nur Arger bereitet«, fuhr er fort. »Aber ich muß wissen, was es mit diesem Tal wirklich auf sich hat. Es ist wichtig. Ich muß wissen, ob... ich verrückt bin oder -«
    »Oder?« fragte Danuta, als er nicht weitersprach.
    Stefan zögerte einen Herzschlag, dann setzte er neu an. »Ich habe das Gefühl, daß mich jemand verfolgt, und ich muß wissen, ob ich mir das nur einbilde oder ob diese Möglichkeit tatsächlich besteht.«
    »Und wie könnte ich das entscheiden?« fragte Danuta mit erstaunlicher Sachlichkeit.
    »Hat es mit Eva zu tun?«
    »Dem Mädchen?« Danuta hob die Schultern und nippte erneut an ihrem Kaffee. Stefan war jetzt ganz sicher, daß sie etwas wußte, aber sie war eine bessere Schauspielerin, als er angenommen hatte. Ihr Bruder stellte eine Frage, die sie ignorierte.
    »Sie haben gestern abend gesagt, daß ich sie niemals hätte herbringen dürfen«, beharrte Stefan, »und ich habe Ihnen deutlich angesehen, welche Angst Sie bei diesen Worten hatten. Leugnen Sie es nicht!«
    »Aber das tue ich doch gar nicht«, antwortete Danuta. »Es war ein Fehler. Das Kind ist...« Sie suchte nach Worten.
    »Vouk«,
half ihr Stefan aus. »Ist das das Wort, nach dem Sie gesucht haben?« Er sah aus dem Augenwinkel, wie Andreas zusammenfuhr und deutlich blasser wurde.
    »Das heißt Wolf, in Ihrer Sprache«, sagte Danuta, noch immer beherrscht, aber trotzdem hörbar nervöser.
    »Ich weiß, was es heißt«, antwortete Stefan gereizt. »Aber was bedeutet es?«
    »Was soll es bedeuten?« erwiderte Danuta. »Ich habe es Ihnen schon gesagt. Legenden. Ein dummer Aberglaube. Ich kann Ihnen nicht weiterhelfen.«
    Stefan seufzte. »Verstehen Sie doch, Danuta - ich will Ihnen nichts. Aber Sie wissen so gut wie ich, was gestern passiert ist. Haben Sie diesen Polizisten vergessen? Gestern abend hat er mich gefragt, ob das alles vielleicht mit den Geschehnissen dort zu tun hat. Und jetzt stelle ich Ihnen dieselbe Frage. Hat es etwas mit Eva zu tun?«
    »Woher soll ich das wissen?« fragte Danuta.
    »Sie wissen es«, behauptete Stefan. »Sie wissen zumindest etwas. Ich habe es Ihnen angesehen, und ich wette meine rechte Hand darauf, daß Dom es auch gesehen hat. Verstehen Sie mich nicht falsch, Danuta. Ich will Sie nicht... bedrohen oder erpressen oder so etwas. Im Gegenteil. Ich will versprechen, Sie aus dieser ganzen Geschichte herauszuhalten. Aber dazu muß ich wissen, was hier vorgeht. Sagen Sie mir ganz ehrlich: Bin ich verrückt, oder hat es irgend etwas mit Eva zu tun?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Danuta. Diesmal klang es ehrlich. Sie trank einen großen Schluck von ihrem Kaffee, setzte die Tasse mit einem lautstarken Knall auf den Tisch zurück und fuhr sich nervös mit der Hand über das Gesicht. »Es tut mir wirklich leid. Es war dumm von mir, diesen ganzen Unsinn zu erzählen.«
    »Ist es das?« fragte Stefan. »Unsinn?«
    Andreas sagte etwas, worauf Danuta antwortete. Er gab einige noch schärfere Worte zurück, und sie reagierte entsprechend. Für eine halbe Minute entspann sich ein regelrechter Streit zwischen ihnen, bei dem Danuta allerdings kein einziges Mal den Blick hob, um ihren Bruder anzusehen. Aber dann nickte sie und wandte sich wieder an Stefan.
    »Also gut. Ich glaube, Andreas hat recht.«
    »Womit?« fragte Stefan.
    Danuta lachte, kurz und sehr nervös. »Damit, daß Sie wahrscheinlich sowieso nicht eher Ruhe geben, bis ich Ihnen alles erzählt habe, was ich über die Legende vom Wolfsherz weiß.«
    »Ich kann eine ziemliche Nervensäge sein«, sagte Stefan.
    »Andreas hat ein anderes Wort benutzt. Ein etwas weniger freundliches.« »Wahrscheinlich hat er recht damit«, gestand Stefan.
    »Ich muß Sie warnen. Sie werden mich für ziemlich verrückt halten.«
    »Kaum«, antwortete Stefan.

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