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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Armen, daß er strauchelte und halbwegs gegen die Wand neben der Tür fiel.
    Und für eine Sekunde konnte er es sehen.
    Diesmal war es kein zehntelsekundenlanges Aufblitzen, kein
flash,
der zu kurz war, um sicher zu sein. Er konnte sich nicht einreden, einer Täuschung erlegen zu sein.
    Die Gestalt trat aus der Schwärze heraus, blieb aber einen halben Schritt stehen, bevor sie in das hereinströmende Licht trat, als hätte sie umgekehrt Angst vor der Helligkeit; eine Kreatur der Nacht, die im Licht nicht bestehen konnte. Sie war nicht so gigantisch, wie Stefan vorhin im Licht des Mündungsfeuers geglaubt hatte, sondern eher kleiner als er selbst. Vielleicht auch nicht - ihre Größe war schwer zu schätzen, denn sie stand in einer fast unmöglichen, verkrüppelt wirkenden Haltung da. Alles an ihr wirkte verzerrt, auf kaum in Worte zu fassende Weise
falsch,
nicht menschlich, aber auch nicht tierisch, sondern irgend etwas dazwischen, eine gräßliche Mischung aus etwas, das nicht mehr war, und etwas, das wider die Natur werden wollte.
    Die Kreatur stand für die Dauer von zwei, drei Atemzügen reglos da und starrte ihn an, und in ihren unheimlichen, auch nicht mehr menschlichen Augen konnte er ein düsteres Versprechen lesen. Keine Drohung, sondern etwas weit jenseits davon.
    Das Wesen - Stefan weigerte sich selbst in Gedanken, es als Mensch zu bezeichnen - begann zu zittern. Es war verletzt. Ein Teil seines auf so entsetzliche Weise verzerrten Gesichts war blutüberströmt, und sein linker Arm hing kraftlos herab. Blut tropfte in einem dünnen, aber regelmäßigen Strom zu Boden. Der Schuß, den Stefan gehört hatte, schien sein Ziel getroffen zu haben.
    Eva gebärdete sich immer wilder in seinen Armen. Sie schrie, kreischte und rauchte, trat und schlug mit aller Gewalt um sich, und einige der Schläge, die sein Gesicht und seinen Hals trafen, waren ziemlich schmerzhaft. Er ließ sie nicht los, sondern preßte sie im Gegenteil noch fester an sich, auch wenn er wußte, daß er ihr damit wahrscheinlich weh tat.
    Die Kreatur starrte ihn noch eine weitere Sekunde lang an, dann zog sie sich mit einem taumelnden, schleppenden Schritt wieder in den Schutz der Dunkelheit zurück. Einen Moment später hörte er einen Laut wie einen Sturz. Vielleicht war sie zusammengebrochen. Vielleicht war sie tot. Aber Stefan zweifelte, daß eine Kreatur wie diese überhaupt sterben konnte.
    Endlich riß er sich vom Anblick der angsterfüllten Dunkelheit los, stieß sich von der Wand ab und taumelte wieder zu Rebecca hinaus. Sie hatte sich mittlerweile auf ein Knie und die Hände erhoben und streckte sofort die Arme aus, als sie Eva sah.
    Stefan schüttelte nur den Kopf. Eva hatte nicht aufgehört zu toben, sondern trat und schlug im Gegenteil immer heftiger um sich. Rebecca hätte niemals die Kraft gehabt, sie zu halten. Selbst Stefan war nicht sicher, wie lange er das Kind noch bändigen konnte. Er hielt es bereits so fest, wie es nur ging. Wenn er den Druck noch ein wenig mehr verstärkte, würde er es möglicherweise verletzen, ihm vielleicht eine Rippe brechen. Eva kämpfte mit der Kraft der Verzweiflung. Sie wollte zurück in die Dunkelheit. Zurück zu dem Ding, das darin lauerte.
    »Kannst du gehen?« fragte er. Er konnte ihr nicht einmal auf die Beine helfen. Wenn er Eva auch nur für eine Sekunde losließ, würde sie sich losreißen und zu dem Dämon von der anderen Seite der Drehtür zurückeilen.
    Statt zu antworten, stemmte sich Rebecca mühsam in die Höhe, stützte sich einen Moment an der Wand neben der Tür ab und nickte dann. Trotz der Dunkelheit konnte Stefan erkennen, daß sie am ganzen Leib zitterte.
    Er deutete nach links, in Richtung der Teergrube, und wartete, bis Rebecca sich taumelnd in Bewegung setzte. Sie waren noch immer nicht außer Gefahr. Er war ziemlich sicher, daß die beiden Söldner, die hinter ihnen die Leiter heraufgekommen waren, nicht mehr lebten, aber sie waren zu
viert
gewesen.
    Und da war noch der Dämon.
    Sie wankten aus der Gasse zwischen den beiden Gebäuden heraus. Rebecca blieb stehen und sah ihn fragend an. Stefan sah sich einen kurzen Moment lang um, dann deutete er beinahe wahllos nach rechts. Er
glaubte,
daß dies die richtige Richtung war, aber sicher war er nicht. Das Krankenhausgelände war riesig, und er hatte sich niemals besonders dafür interessiert. Das Gebäude rechts von ihnen - fast einen Kilometer entfernt, und in dem Zustand, in dem sie sich befanden, konnte es genausogut

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