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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Entscheidung heraus begangen hatte, sondern ganz instinktiv. Trotzdem war er der Meinung, ein bißchen mehr Dankbarkeit verdient zu haben.
    »Du weiß doch«, antwortete er. »Jeder Mensch ist einmal im Leben ein Held. Und es hat funktioniert, das allein zählt.«
    »Ja«, murmelte Rebecca. »Wahrscheinlich hast du recht.« Das hatte er nicht; tatsächlich war die Frage, warum sie noch am Leben waren, im Moment wichtiger als alles andere, aber genau wie er hatte sie vermutlich Angst, sie zu stellen. Sie versuchte, in eine andere Lage zu rutschen, verzog plötzlich das Gesicht und preßte die Hand gegen die Seite.
    »Hast du Schmerzen?« fragte Stefan.
    »Nur, wenn ich dumme Fragen höre«, antwortete Rebecca gepreßt. Sie sog scharf die Luft ein, schüttelte aber abwehrend den Kopf, als er die Hände nach ihr ausstrecken wollte. Wozu auch? Es gab nicht besonders viel, was er für sie tun konnte. Und trotz allem
fühlte
er einfach, daß es ihr jetzt wesentlich besser ging als noch vorhin unten im Krankenhauskeller. Ihm übrigens auch, so ganz nebenbei. Die Schmerzen im seinem Bein waren fast vollkommen verschwunden. Selbst dort, wo ihn der Stiefel des russischen Söldners getroffen hatte, spürte er nur noch ein sanftes Pochen. Was, um alles in der Welt, geschah mit ihnen?
    »Wir müssen einen Arzt für dich finden«, sagte er.
    »Phantastische Idee«, antwortete Rebecca gepreßt. »Ich glaube, ein paar Straßen entfernt gibt es ein paar Gebäude, in denen es von Ärzten nur so wimmelt. Warum fahren wir nicht dahin zurück?«
    Tatsächlich dachte Stefan einen Moment lang ernsthaft über diesen Vorschlag nach. So absurd er im ersten Augenblick klingen mochte, machte er trotzdem Sinn. In der Klinik mußte es mittlerweile von Polizei nur so wimmeln. Vermutlich waren sie dort so sicher wie an keinem anderen Ort in dieser Stadt.
    Trotzdem kam es natürlich nicht in Frage, dorthin zurückzufahren.
    »Ich brauche keinen Arzt«, führ Rebecca fort. Offensichtlich hatte sie sein Schweigen falsch gedeutet, denn ihre Stimme hatte einen eindeutig aggressiven Klang. »Sie haben seit zwei Wochen an mir herumgepfuscht, und bisher haben sie es nur schlimmer gemacht. Bring mich nach Hause.«
    »Zu uns?« Stefan schüttelte den Kopf. »Das geht nicht.«
    »Wieso?«
    »Weil sie uns dort als allererstes suchen werden«, antwortete Stefan. »Wahrscheinlich wartet dieser Oberinspektor schon auf uns.« Es war besser, wenn er Rebecca nichts von dem kleinen Zwischenfall erzählte, der sich auf der Straße vor ihrem Haus abgespielt hatte. Sie hatten auch so schon genug Probleme.
    »Dorn?« Rebecca überlegte einen Moment. »Ich dachte, er wäre auf unserer Seite.«
    »Ich bin nicht sicher, ob überhaupt noch jemand auf unserer
Seite
ist«, murmelte Stefan. Die Worte galten nicht wirklich Rebecca; eigentlich nicht einmal ihm selbst. Wenn überhaupt, dann waren sie Ausdruck des einzigen Gefühles, zu dem er überhaupt noch fähig schien: Hilflosigkeit. Rebecca hörte sie natürlich trotzdem, aber sie sagte nichts dazu, sondern sah ihn nur verstört an.
    »Robert?«
    Natürlich Robert, dachte er resignierend. Wohin sonst konnten sie gehen? Ganz davon abgesehen, daß Rebecca allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz natürlich
nicht
gesund war, waren sie beide nicht in einem Zustand, in dem sie sich in irgendeinem Hotel blicken lassen konnten. Außerdem hatte er keinen Pfennig Geld bei sich und auch keine Papiere. Darüber hinaus würde das Kennzeichen ihres Wagens in spätestens einer Stunde ganz oben auf der Fahndungsliste jedes einzelnen Polizisten der Stadt stehen. Und wenn es überhaupt jemanden gab, der ihnen so etwas wie Schutz gewähren konnte, dann war es Robert. Trotzdem gefiel ihm der Gedanke nicht. Selbst in einer Situation wie dieser ging es ihm gegen den Strich, zu Gottvater Robert zu kriechen und um Hilfe zu betteln.
    Er sah wieder auf die Uhr. Bis Roberts Maschine landete, war noch mehr als genug Zeit; sie konnten bequem zum Flughafen fahren und ihn dort in Empfang nehmen. Aber die Vorstellung behagte ihm nicht. Der Flughafen bedeutete Menschen,
zu viele
Menschen, und damit zu viele Gefahren. Es war unwahrscheinlich, aber trotzdem möglich, daß Barkows Männer bereits über Roberts Rückkehr informiert waren und dort auf sie warteten.
    Er schaltete das Licht wieder ein, warf einen übertrieben langen, aufmerksamen Blick in den Rückspiegel und fuhr los.

Teil 4
    Roberts Haus war Stefan in mehr als einer Beziehung unheimlich. Das

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