Wolfsherz
zusammengetrommelt, um uns zu beschützen...« Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht auch sich selbst. Er scheint es auf jeden Fall in vollen Zügen zu genießen, endlich mal so richtig den großen Bruder raushängen lassen zu dürfen.«
Rebecca schüttelte den Kopf. »Du kannst ihn immer noch nicht leiden.«
»Das stimmt nicht«, behauptete Stefan. »Jedenfalls nicht weniger als er mich.« »Und trotzdem hast du uns hierhergebracht.«
»Mit ist nichts Besseres eingefallen«, antwortete Stefan. Das kam der Wahrheit sogar ziemlich nahe; vielleicht sogar näher, als er sich bisher selbst eingestanden hatte. Sein ungeliebter Schwager war im Moment so ziemlich der einzige Mensch, von dem sie noch Hilfe erwarten konnten. Ganz egal, aus welchen Gründen.
»Wie fühlst du dich?« fragte er, hauptsächlich, um von dem Thema »Robert« abzulenken.
»Besser«, antwortete Rebecca. Stefan glaubte sogar, daß das stimmte. Sie sah entsetzlich müde und erschöpft aus - ungefähr so fertig, wie er sich fühlte -, aber das hatte er nicht gemeint, und sie hatte seine Frage auch ganz richtig verstanden. »Ich glaube, all diese Medikamente haben mich nur kränker gemacht. Seit die Krankenhäuser um jeden Patienten kämpfen müssen, schrecken sie wirklich vor nichts zurück, um ihre Patienten dazubehalten.«
»Was ist passiert?« fragte Stefan. Er überging Rebeccas - nicht ganz – scherzhafte Bemerkung bewußt. Früher oder später würden sie sich mit dem Problem auseinandersetzen müssen, aber im Moment war ihm
später
lieber. Manchmal half es eben doch, die Augen vor der Wahrheit zu verschließen.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Rebecca. »Ich war bei Eva, aber nicht lange. Dieser Mann, den Smith geschickt hat -?«
Sie legte eine Pause ein und sah ihn fragend an. Stefan nickte. »Ich habe ihn gesehen.« Es war nicht nötig, in allen Einzelheiten zu erklären, in welchem Zustand er ihn gesehen hatte. Vermutlich konnte Rebecca es sich ohnehin denken.
Sie fuhr fort: »Er wurde plötzlich sehr nervös. Ich war vielleicht zwei oder drei Minuten im Zimmer. Bestimmt nicht länger. Er... hat darauf bestanden, daß ich den Raum verlasse. Zusammen mit Eva. Ich glaube, er hat gespürt, daß irgend etwas nicht stimmt.«
Das war nicht ganz die Wahrheit. In Rebeccas Stimme war ein erschrocken-ungläubiger Unterton, der ihm verriet, was
wirklich
passiert war: Sie hatte gespürt, daß etwas nicht stimmte. Sie hatte die Gefahr gespürt. Genauso deutlich wie er. Aber er konnte gut verstehen, daß sie noch nicht soweit war, das zuzugeben. Er selbst war es ja auch noch nicht.
»Und?«
»Ich habe mich auf der Toilette versteckt«, antwortete sie mit einem angedeuteten unglücklichen Grinsen. »Keine sehr originelle Idee, fürchte ich. Ich weiß nicht, was danach passiert ist. Da waren Schüsse und Schreie... sie haben ihn umgebracht, nicht wahr?«
Stefan nickte. »Ihn, Schwester Danuta, Professor Wallberg... und noch ein paar andere, fürchte ich.«
Rebecca starrte ihn an. »Großer Gott. Danuta und der Professor... tot?«
»Nicht nur sie. Es sah aus wie auf einem Kriegsschauplatz. Diese Kerle fackeln nicht lange, fürchte ich. Sie meinen es ernst.«
»Ist es... unsere Schuld?« fragte Rebecca stockend.
Stefan blieb ihr die Antwort darauf schuldig. Natürlich war es ihre Schuld, wessen denn sonst? Barkows Männer waren gekommen, um ihnen die Rechnung für das zu präsentieren, was sie ihrer Meinung nach getan hatten, und sie waren offensichtlich verrückt genug, jeden zu töten, der ihnen dabei in die Quere kam.
Als Rebecca begriff, daß er nicht antworten würde, fuhr sie mit leiser Stimme fort zu erzählen. Während sie sprach, schloß sich ihre Hand um die des Mädchens.
Die Geste hatte etwas ungemein Beschützendes, so als müsse sie Eva selbst gegen den Schrecken verteidigen, den schon die bloße Erinnerung an das Geschehen wieder heraufbeschwor. »Ich weiß nicht genau, was passiert ist. Da waren zwei oder vielleicht auch drei Männer. Sie haben mich in den Aufzug gestoßen und sind in den Keller gefahren. Ich weiß nicht warum.«
Aber er wußte es. Sie hatten sie mitgenommen, damit er ihnen folgte. Ein Köder für ihn, mehr war sie nicht gewesen.
Allerdings war er sicher, daß es umgekehrt genauso funktioniert hätte. Sie hatten sie
beide
gewollt.
»Eis hat nicht geklappt«, sagte er.
»Ja - sie haben nicht damit gerechnet, daß ich mit Superman verheiratet bin... ich übrigens auch nicht.«
Stefan überging auch
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