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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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vertreiben können. Er hatte den Ausdruck in ihren Augen gesehen, und er hatte ihn keine Sekunde lang vergessen.
    »Vielleicht hast du recht«, murmelte er. »Ich hätte längst mit ihr reden sollen.«
    »Das hättest du«, bestätigte Robert. »Aber ich kann dich verstehen. Ich weiß nicht, wie ich in deiner Situation reagiert hätte. Und ehrlich gesagt, bin ich froh, daß ich es nicht herausfinden muß.« Er gab Gas, wechselte rücksichtslos von der linken auf die rechte Spur - hinter ihnen erscholl ein wütendes Hupkonzert und Stefan glaubte, auch das Kreischen von Bremsen zu hören - und betätigte den Blinker, als vor ihnen das Autobahnschild auftauchte.
    »Wo fährst du hin?« fragte Stefan.
    Robert sah demonstrativ auf die Uhr. »Zum Flughafen. Ich verpasse meine Maschine, wenn ich dich erst nach Hause bringe. Du kannst den Wagen nehmen, um zurückzufahren. Ich hole ihn nächste Woche ab.«
    Stefan war nicht begeistert. Er fuhr den großen BMW sehr gern, denn es war ein Fahrzeug der Luxusklasse, das so weit über seinen Verhältnissen und Möglichkeiten lag, daß er nicht einmal davon zu träumen wagte, aber er hatte seinen eigenen, weit bescheideneren Wagen nicht grundlos in der Garage gelassen. Im Moment machten ihm weder seine Schulter noch das Bein nennenswert zu schaffen, aber er hatte in den letzten beiden Wochen mehrmals an heftigen und vollkommen warnungslos aufkommenden Schmerzattacken gelitten, so daß ihm allein seine Vernunft gebot, sich nicht ans Steuer eines Autos zu setzen. Erst recht nicht in dem aufgewühlten Zustand, in dem er sich befand. Trotzdem widersprach Stefan nicht; schon weil er wußte, wie sinnlos es gewesen wäre. Robert hatte den Wagen bereits in die Autobahnauffahrt gelenkt und beschleunigte so abrupt, daß Stefan spürbar nach hinten in den Sitz gedrückt wurde und instinktiv mit den Händen nach einem Halt tastete. Robert sagte nichts dazu, musterte ihn aber spöttisch aus den Augenwinkeln und gab noch ein wenig mehr Gas. Stefan verfluchte sich insgeheim dafür, sich nicht besser in der Gewalt zu haben.
    Sie fuhren einige Minuten schweigend und sehr schnell stadtauswärts, ehe Robert das Gespräch wieder aufnahm. »Ich möchte nicht, daß so etwas noch einmal vorkommt, Stefan«, sagte er.
    Im ersten Moment begriff Stefan überhaupt nicht, wovon er überhaupt sprach. »Ich hatte nicht vor, jetzt durch die Welt zu reisen, um ausgesetzte Kinder einzusammeln«, antwortete er.
    Sein Schwager schüttelte den Kopf. »Das meine ich nicht. Ich rede von eurem kleinen Husarenstückchen mit Barkow. Es war nicht nur bodenlos leichtsinnig, es war geradezu selbstmörderisch. Du wirst in Zukunft dafür sorgen, daß sich so etwas nicht wiederholt.«
    Stefan verstand immer noch nicht, wovon er sprach. Das heißt, natürlich verstand er es, aber für einige Sekunden weigerte er sich einfach zu glauben, was er da hörte. »Also doch die Mafia-Nummer?« fragte er.
    Robert blieb ernst. Sein Spott verfing nicht. »Ich habe nicht mehr sehr viel Zeit, Stefan, deshalb will ich es kurz machen«, sagte er. »Ich habe Rebecca versprochen, ihr in der Angelegenheit zu helfen. Ihr werdet Eva behalten können, dafür sorge ich. Aber ich stelle eine Bedingung.« Er brach ab und wartete darauf, daß Stefan fragte, welche, aber den Gefallen tat er ihm nicht. Die Situation wurde allmählich absurd. Robert hatte ihn zu dieser Fahrt entführt, weil er gesagt hatte, daß sie miteinander reden mußten, aber offensichtlich hatte er das gar nicht vor. Er hatte ihn mitgenommen, um ihn davon zu unterrichten, was weiter geschehen würde.
    »Du wirst in Zukunft dafür sorgen, daß Rebecca sich nie wieder auf einen solchen Wahnsinn einläßt«, fuhr Robert fort, als ihm endlich klar wurde, daß Stefan nicht antworten würde.
    Und als er antwortete, da tat er es auf die vermutlich falscheste Art, die es im Moment überhaupt gab, obwohl er es eigentlich gar nicht wollte: »Du weißt, daß ich das nicht kann«, sagte er.
    »Dann wird es Zeit, daß du es lernst«, erwiderte Robert ungerührt. »Als du sie geheiratet hast, da hast du auch die Verantwortung für sie übernommen. Ich hatte gehofft, dich niemals daran erinnern zu müssen.«
    »Es reicht«, sagte Stefan. »Ich glaube nicht, daß dich das alles irgend etwas angeht.«
    »O doch«, erwiderte Robert. »Wenn wir über das Leben meiner Schwester sprechen, dann geht es mich was an.«
    »Wir reden über ihren Beruf«, sagte Stefan gereizt. »Es ist ihr Job, gewisse Risiken

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