Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
einzugehen. Wenn sie das nicht gewollt hätte, wäre sie Verkäuferin in einem Briefmarkenladen geworden.«
    »Solange ihr Politiker auf Staatsempfängen interviewt oder euch um eine Ölpest in Südamerika kümmert, ist das okay«, antwortete Robert ungerührt, und Stefan begriff, daß er sich einen festen Text zurechtgelegt hatte und nicht davon abrücken würde, ganz egal, was er auch sagte oder tat. »Aber so etwas darf nie wieder passieren. Ich werde euch helfen. Ich halte euch die Behörden vom Leib, und ich werde mich auch um diesen White kümmern, sollte er Schwierigkeiten machen. Als Gegenleistung verlange ich, daß du mir versprichst,
daß
so etwas nie wieder passiert. Ich möchte nicht eines Tages einen Anruf bekommen, in dem man mir mitteilt, daß man eure Leichen in irgendeinem südamerikanischen Kaff gefunden hat.«
    Stefan schwieg. Gerade hatte er noch überlegt, ob er einfach laut loslachen oder seinen Schwager anbrüllen sollte. Aber er tat weder das eine noch das andere. Er war völlig schockiert. Nicht einmal so sehr, weil sich Robert anmaßte, sich auf diese ungeheuerliche Art und Weise in ihrer beider Leben drängen zu wollen. Was ihn mindestens ebenso hart traf war die Erkenntnis, daß er vollkommen recht hatte.
    Auch Stefan hatte sich ein Leben hinter einem Schreibtisch niemals vorstellen können, aber mit dieser Reise nach Bosnien a waren sie eindeutig einen Schritt zu weit gegangen,
    Vor ihnen tauchte das erste Schild auf, das auf die Ausfahrt zum Flughafen wies, und Robert nahm für zwei Sekunden den Blick von der Straße und sah ihn an. »Nun?«
    Stefan schwieg weiter. Nicht einmal, weil er Robert nicht antworten wollte, sondern weil er es in diesem Moment gar nicht konnte.
    »Ich kann mir vorstellen, wie du dich jetzt fühlst«, fuhr^ Robert fort, der sein
    Schweigen wohl falsch deutete. »Du bist wütend auf mich, und wahrscheinlich hast du sogar recht | damit. Ich gebe dir nicht die Schuld an dem, was passiert ist. Ich kenne meine Schwester genausogut wie du, wenn nicht besser. Vermutlich wäre es nicht einmal mir gelungen, sie von diesem Wahnsinn abzuhalten. Trotzdem, so etwas darf nicht noch einmal vorkommen.«
    »Du kannst ja deine Beziehungen spielen lassen, damit man sie in die Lokalredaktion versetzt«, antwortete Stefan. »Oder besser gleich rauswirft.« Sein zynischer Ton traf Robert ebensowenig wie sein vergeblicher Versuch von gerade, spöttisch zu klingen.
    Robert ignorierte seine Antwort. »Denk einfach ein paar Tage darüber nach«, sagte er. »Sobald ich zurück bin, unterhalten wir uns in Ruhe.«
    »Worüber?« fragte Stefan. »Möchtest du unsere Wohnung neu einrichten? Oder mir vielleicht ans Herz legen, in Zukunft statt Jeans und Lederjacken lieber Anzug und Krawatte zu tragen?«
    Die Autobahnausfahrt kam näher. Der Wagen schoß mit unverminderter Geschwindigkeit darauf zu, so daß Stefan sich bereits zu fragen begann, ob sein Schwager sie vielleicht übersehen hatte. Erst im buchstäblich allerletzten Moment trat Robert unnötig hart auf die Bremse, riß das Lenkrad nach rechts und ließ den Wagen mit kreischenden Reifen in die Ausfahrt hineinschießen.
    »Falls sich diese Beamtin vom Jugendamt wieder bei euch meldet, dann vertröste sie einfach ein paar Tage«, fuhr Robert ungerührt fort. »Im Augenblick kann sie sowieso nichts machen. Ich habe mit Professor Wahlberg gesprochen; er wird Eva auf jeden Fall noch zwei oder drei Wochen in der Klinik behalten, und wenn es sein muß, auch noch länger.«
    »Falls ich noch so lange lebe«, sagte Stefan gepreßt. Der Wagen schoß auf das Ende der Autobahnausfahrt zu. Die Ampel an der Kreuzung zeigte Rot, aber Robert machte keine Anstalten, den Fuß vom Gas zu nehmen, geschweige denn abzubremsen. Und er überging auch Stefans Bemerkung, so wie alle anderen zuvor. Statt dessen wechselte er übergangslos das Thema.
    »Dir ist klar, daß diese Geschichte niemals bekannt werden darf?« sagte er. »Rebecca und du wärt in großer Gefahr, wenn die Story plötzlich in irgendeiner Zeitung abgedruckt würde.«
    »So einfach ist das nicht«, antwortete Stefan. »Es gibt eine Menge Leute, die wissen, daß wir dort waren. Sie werden sich ihre Gedanken machen. Außerdem haben wir gewisse Verpflichtungen. Die Reise war sehr teuer. Wir mußten uns Geld leihen, um sie zu finanzieren, und -«
    »Das habe ich bereits erledigt«, unterbrach ihn Robert.
    »Du hast was?« Diesmal klang Stefans Stimme so scharf, daß Robert ihn eine halbe Sekunde

Weitere Kostenlose Bücher