Wolfsherzen - Eine Liebe in Alaska
VORSTELLEN.“
„Treu zu sein?“
Er nickt.
„Das heißt, du warst es schon.“
Er bläst die Luft aus.
„Und es war eine unglückliche Liebe, die dich zum Mistkerl gemacht hat.“
„Stopp“, ruft er und hebt abwehrend die Hände.
„Etwa nicht?“ Sie lächelt ihm triumphierend entgegen.
„Ich sag‘ jetzt gar nichts mehr.“
„Also Treffer.“
Doch er schüttelt nur grinsend den Kopf und löffelt schweigend seine Suppe.
„Du hast sie geliebt.“
„Selbst Mistkerle können das, Lucy.“
„Aber wenn sie lieben, warum stehen sie dann nicht dazu und laufen davor weg?“
„Weil sie eben Mistkerle sind.“
Lucy atmet aufgewühlt durch und starrt in die noch brennende Flamme des Kochers zwischen ihnen.
„Du siehst aus wie ein Trauerkloß“, meint Lucius.
Sie blickt ihn an. Er ist also in der Lage, ihr die Stirn zu bieten. Und er tut es, hat sogar begonnen, ein paar Hüllen fallen zu lassen. Sie kommen ihrem Kern näher. Dem, was wirklich interessiert. Dem, was nach Liebe verlangt, seit es auf dieser Welt ist. Dem, was durch fehlende Liebe auch wieder zerstört oder verkrüppelt werden kann. Vielleicht geht es Lucius so wie ihr. Einem Krüppel, der einfach nicht die Liebe in der Welt findet, die ihm gebührt.
„Lucy?“
„Hm?“ Sie blickt in sein fragendes Gesicht und runzelt die Stirn. „Ach nichts. Du weißt schon, Beziehungskisten“, tut sie ab.
„Bist du deswegen hier raus gekommen?“
Er interessiert sich in der Tat für sie! „Ja.“ Sie stellt ihre leere Schüssel ins Gras. „Auf die Liebe der Natur kann ich mich wenigstens verlassen.“
Er schnieft nachdenklich. „Da ist was dran. Aber sie kann dich auch mächtig schnell vernichten.“
„Nur, wenn du nicht im Einklang mit ihr bist. Ihre Gefahren nicht kennst und sie nicht achtest.“
Er betrachtet sie überrascht. „Ja“, meint er bedächtig zustimmend. Dann stellt er den Kopf abschätzend schräg. „DU bist im Einklang mit ihr“, fragt er ungläubig.
Sie grinst. „Ich weiß, was du meinst. Aber sie nimmt mir meine Tollpatschigkeit offenbar nicht krumm. Mir ist noch nie was Ernsthaftes passiert.“
„Kaum zu glauben.“
Sie zuckt die Schultern. „Sie liebt mich eben, wie ich bin und schützt mich.“
„Denkst du das wirklich?“
„Ja. Ich liebe es, hier draußen zu sein. Das ist so, seit ich denken kann.“ Sie lacht auf. „Du hältst mich bestimmt für eine Träumerin.“
„Was?“ Er starrt sie an.
Lucy runzelt fragend die Stirn.
Er fängt sich wieder und wendet sich dem Kocher zu. „Nein.“ Er dreht den Kocher aus, so dass annähernde Dunkelheit sie umfängt. „Ich weiß genau, was du meinst.“
Sie erinnert sich an sein Einfühlvermögen im engen Kartenraum. Bisher ist sie noch niemandem begegnet, der ihre Angst vor engen Räumen teilt, weil er die Weite der Natur gewöhnt ist. Sollte er der erste sein? Doch vermutlich hat er nur die übliche Platzangst. Sie streckt die Beine aus, so dass sie der Länge nach auf der Isomatte liegt, die Ellenbogen aufgestützt. „Manchmal will ich alles hinter mir lassen und einfach in einer einsamen Hütte mitten in der Wildnis leben.“
„Warum tust du es nicht?“
Sie lacht. „Ich habe noch keinen Mann gefunden, der das mitmachen wollte.“
Lucius legt sich schweigend seinen Schlafsack um den Oberkörper. Es ist dunkel und kalt geworden. „Das ist vor allem ein ziemlich hartes Leben. Und der kleinste Fehler kann in einer Katastrophe enden, wenn du so von der Außenwelt abgeschnitten bist.“
„Klingt, als ob du aus Erfahrung redest.“
„Tue ich auch. Ich bin so aufgewachsen.“
Sie hatte es sich schon gedacht. Wieder etwas, das sie verbindet. Also doch keine Platzangst? „Und? Hat es in einer Katastrophe geendet?“
Lucius stöhnt. „Ja. In einer gewaltigen.“ Er erhebt sich. „Und bevor du mit deinem genialen Verstand noch mehr aus mir herauskitzelst, gehe ich lieber aufwaschen.“
„Nein, Luc“, wendet sie protestierend ein und rappelt sich von ihrer Isomatte hoch. „Lass MICH das tun. Du hast schon gekocht.“ Sie sammelt das Kochgeschirr ein.
„Also gut“, meint er. „Dann besorge ich Feuerholz.“
„Du willst ein Feuer machen?“
„Ja. Ich hab‘ keine Lust mehr, das Zelt aufzubauen. Und ohne Feuer kriegen wir klamme Schlafsäcke.“
Lucy betrachtet den Himmel. Er ist sternenklar. Es verheißt eine kalte Nacht. „Ja, wird bald Nebel über den See kommen, bei der warmen Sonne heute.“ Sie grinst. „Dann kann ich ja DOCH
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