Wolfsherzen - Eine Liebe in Alaska
noch ein Bad nehmen.“ Wäre sie nicht eingeschlafen, hätte sie es längst getan.
Lucius lacht. „Das ist doch viel zu kalt für dich Stadtei!“
Ihr fällt auf, dass sie ihm noch nicht viel von sich erzählt hat. Sie will es auf später verschieben. „Wenn du meinst“, erwidert sie ausweichend, angelt noch nach dem leeren Kochtopf und macht sich scheppernd auf den Weg zum See hinunter.
Der Sternenhimmel über ihr funkelt. Ab und zu ertönt der Ruf eines Käuzchens. Der Vollmond ist aufgegangen. Er leuchtet hell und blickt auf seinen verschwommenen Zwilling herab, der im See liegt. Lucy taucht das Geschirr ins Wasser und unterbricht damit die spiegelglatt daliegende Seefläche. Sie schmirgelt Topf, Besteck und Schüsseln mit Hilfe des Uferschotters blank. Dann lässt sie mit eiskalten Händen den Topf voll Wasser laufen und kehrt mit allem wieder zum Kochplatz zurück. Lucius ist noch nicht vom Brennholz-Sammeln zurückgekehrt. Sie wirft den Kocher wieder an und stellt den Wassertopf auf ihm ab. Dann begibt sie sich erneut zum See hinunter, auf dem sich bereits erste, hauchzarte Nebelschwaden bilden. Vorsichtig wankt sie über den im Mondlicht liegenden Holzsteg zum Flieger herüber und besorgt sich aus ihm noch ein paar frische Anziehsachen und ihr kleines Handtuch. Als sie zurück zum Ufer balanciert, hört sie vom nahen Waldrand her brechende Äste und schleifende Geräusche. Sie kleidet sich am Ufer aus, unzählige Fichtennadeln in ihren Hosen zeugen noch von dem, was den ganzen Tag geprägt hat. Der Kies unter ihren warmen Füßen stimmt Lucy auf die Kälte des Wassers ein. Sie löst den Bleistift aus dem mittlerweile losen Haarknoten, so dass ihr das Haar bis zum Gesäß herabflutet und sie warm einhüllt. Sie schüttelt den Kopf ein wenig und legt ihn leicht nach hinten. Dann nimmt sie die Haarflut mit beiden Händen wieder auf, um alles zurück in einen straffen Knoten zu zwingen, aus dem ihr nun keine einzige Strähne mehr ins Gesicht hängt, und fixiert diesen mit ihrem Bleistift. Daraufhin steht sie still und nimmt den Anblick des friedlich daliegenden Sees in sich auf, dessen spiegelglatte Fläche sich schon bis zur Hälfte mit einem zarten Nebeltuch zugedeckt hat. Sie fröstelt und ihre Brustwarzen ziehen sich zusammen. Bedächtig läuft sie ins kalte Wasser hinein. Es ist so kalt, dass ihr Herz schneller zu schlagen beginnt. Es pocht ihr bis zum Hals, ihre Haut wirft sich protestierend zu einer Gänsehaut auf. Lucy gleitet ins Wasser und schwimmt eine kleine Runde um den Mondzwilling herum. Sie spürt die Kälte wie tausende kleine Nadelstiche auf ihrer Haut. Hurtig schwimmt sie zurück zum Ufer, geht an Land und trocknet sich mit ihrem kleinen Handtuch ab. Sie friert nun nicht mehr, ihre Haut kribbelt erfrischt. Schnell zieht sie sich wieder an, bemerkt dabei weiter oben an der Kochstelle die ersten großen Flammen ihres Lagerfeuers aufzüngeln. Gut gelaunt begibt sie sich dorthin.
Das Feuer verströmt eine wohlige Wärme, als sie bei ihm ankommt. Lucius kniet mit dem Rücken zu ihr davor und rückt ein paar dicke Äste zurecht, deren Enden aus dem Feuer ragen.
„Respekt.“, meint er, ohne aufzublicken.
Lucy umrundet ihn und wirft ihm ein triumphierendes Lächeln zu.
Er erwidert ihr Lächeln, während er noch einen großen Ast von einem nahen Stapel nimmt und dann ins Feuer legt.
Lucy schleift die Isomatten mit den Schlafsäcken obenauf in die Nähe des Feuers und setzt sich auf ihren Schlafplatz. Sie zieht den Bleistift aus ihrem Haarknoten, so dass ihr die Locken lose nach unten fallen. Da entsinnt sie sich des Kochers in Lucius‘ Nähe und sie erhebt sich, um zu ihm zu gehen. Das Wasser siedet bereits. Sie gibt Tee aus Lucius‘ Vorrat hinein und dreht die Flamme aus.
Dann setzt sie sich einfach daneben ins Gras und wartet, dass der Tee zieht. Sie begegnet Lucius‘ Blick. Er kniet wenig vor ihr am Feuer und sie schenkt ihm ein offenes Lächeln, um dann in die Flammen zu sehen. Sie genießt die friedliche Ruhe, das Knistern des Feuers.
„Du träumst.“
Lucy blickt zu ihm. „Hm?“ Sie grinst. „Hältst du mich jetzt DOCH für eine Träumerin?“
Er nickt. „Und du bewegst dich auch wie eine Träumerin. Wie eine Traumwandlerin. Das würden die Eingeborenen hier sagen.“
Sie starrt ihn erschrocken an.
Und Lucius sieht ihr daraufhin forschend ins Gesicht. „Heißt das, du träumst WIRKLICH“, fragt er sie ungläubig.
Sie schluckt. Lucius blickt sie bestürzt an. Genau wie
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