Wolfsherzen - Eine Liebe in Alaska
schließlich erlegen kann, ist ein Gebirgshuhn. Gerade noch rechtzeitig, um die Dosennahrung nicht angreifen zu müssen. Lucy beschließt, ihn allein weiter auf die Jagd gehen zu lassen und versucht vergeblich ihr Glück beim Eisangeln. Außerdem besorgt sie wieder Brennholz. Lucius stellt ein paar Fallen auf und geht weiter auf die Pirsch.
Er kann auf der Hochebene etliche Schneehühner und weiterhin zwei Hasen erlegen.
Eines Tages hat er schließlich ein Karibu erjagt und kommt mit dessen besten Teilen bei der Hütte an. Sie gehen beide los, um das restliche Tier zu holen.
Lucy folgt Lucius in dessen Schneeschuhspur. Sie haben beide ihre Rucksäcke dabei und ein energiesparendes, gleichmäßiges Tempo angeschlagen. Es ist kalt, Lucy schätzt, so um die minus zehn Grad. Sie sind schon weit über eine Stunde unterwegs. Ihr ist die Gegend gänzlich unbekannt. Plötzlich vernimmt sie ein tiefes, weit hallendes BUUH. Der Ruf ist ihr vertraut und sie blickt suchend nach oben in die Baumwipfel. Dann kann sie gerade noch die bekannte Silhouette des Käuzchens ausmachen, bevor es auch schon zwischen den Fichtenkronen verschwunden ist.
„Lucius! Hier gibt es Bartkauze“, ruft sie euphorisch und schließt zu ihm auf.
„Ja. Hier gibt es einige von ihnen.“
„Das wusstest du? Warum hast du mir nichts gesagt?“
„Du hast mich ja nie gefragt!“
„Findest du die Stelle hier wieder?“
„Sicher.“ Er schaut sich grinsend nach ihr um und schüttelt den Kopf. „Jetzt fang bloß nicht wieder an, nach Eulenkacke zu suchen!“
„Heute zumindest nicht. ... Weißt du, es gibt nicht mehr allzu viele von ihnen. Wenn man ihre Gewohnheiten besser kennt, kann man vielleicht mehr für ihren Schutz tun. … Und es gibt hier noch mehr von ihnen?“
„Früher zumindest schon.“
„Kennst du etwa auch ihre Horste?“
„Ein paar vielleicht noch.“
„Was?! Das wäre phantastisch, Lucius!“ Sie ist ganz aufgeregt.
„Jetzt freu‘ dich nicht zu früh. Ich möchte wetten, die Nester sind längst verlassen und zerfallen.“ Er wendet sich zu ihr um.
„Oh, die Wahrscheinlichkeit, dass immer noch jüngere Generationen in der Nähe sind, ist hoch.“ Sie strahlt ihn an und er blickt kopfschüttelnd wieder nach vorn.
„Womit man dir so alles eine Freude machen kann ...“
Plötzlich wird er langsamer und verhält dann seine Schritte schließlich ganz, eine Hand konzentriert zur Seite gestreckt, um Lucy ein Zeichen zum Stehen bleiben zu geben.
Sie kommt bedächtig neben ihn. „Was ist los“, fragt sie flüsternd.
„Irgendwas stimmt nicht“, raunt er ihr zu, während er sich über den dunklen, kurzen Bart streicht, der ihm inzwischen gewachsen ist. Er blickt sich suchend um und betrachtet dann den Schnee, um vielleicht Spuren zu finden. „Wir sind gleich da.“ Er nimmt vorsichtshalber die Pumpgun, welche er sich umgehängt hatte, herunter und entsichert sie.
Lucy blickt sich ebenfalls um. „Eine Wolfsspur“, raunt sie und deutet auf den Schnee. Die Wolfspfoten sehen aus wie die eines großen Hundes, doch ein Wolf tritt immer in die Spur seiner Vorderpfoten, um Energie beim Laufen zu sparen. Das ganze Rudel hält es so, tritt in die Spur des Leitwolfes, so dass man nie genau sagen kann, wie viele Tiere es sind.
Lucius nickt. „Ich weiß. Aber die beunruhigt mich nicht.“
Er blickt sich weiter um, lauscht angespannt.
Lucy wird ungeduldig. „Es ist nichts“, raunt sie und geht ein paar Schritte vor, um ihn zum Weitergehen aufzufordern. Sie wendet sich erwartungsvoll zu ihm herum.
Lucius hört ein Knacken und fährt herum. Er gewahrt Lucy vor sich. „Verdammt, Lucy ...!“
Doch er kommt nicht mehr dazu, seine Rüge auszusprechen. Sein Blick richtet sich entsetzt auf etwas in ihrem Rücken. „Lucy. Rühr‘ dich nicht von der Stelle“, raunt er ihr wie versteinert zu.
Sie zieht die Brauen zusammen.
Lucius starrt auf einen riesigen Braunbären, der gemächlich durchs knackende Unterholz direkt auf sie zu getrottet kommt und sich wenige Meter hinter Lucy protzig auf die Hinterbeine stellt, so dass er sie um etwa eine Schrittlänge überragt. Er rudert mit den Vordertatzen lautlos in der Luft herum und hält dann die Nase hoch, laut dabei nach Witterung schnaubend. Es zerreißt die Stille um sie herum.
Lucy starrt Lucius an und schluckt. Das Schnauben kommt von weit über ihr. Sie spürt eine gewaltige Kraft, direkt hinter sich. Sie kann ihn riechen. Es macht, dass sich ihr die feinen Nackenhaare
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