Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder
Musikkarriere als Sänger der Glam-Rock-Band Campbell Soup zu starten, aber das Einzige, was dabei herausgekommen war, war ein Kontakt zu der wesentlich erfolgreicheren Band Ultrabunny , die ihn nach einigem Hin und Her und vielen Zufällen zu ihrem Manager machte.
Als Ultrabunny sich aufgrund der totalen Schreibhemmung ihres Texters und Songwriters auflöste, sah sich Max nach anderen Bands um, denen er auf die Sprünge helfen könnte. Er hatte eine gewinnende Art, einen festen Händedruck und warein Experte darin, sich als wichtiger darzustellen, als er eigentlich war. Nach ein paar Jahren hatte er einen kleinen Stall voller mehr oder weniger erfolgreicher Acts.
Das war Mitte der Achtzigerjahre, und das Café Opera war der Tummelplatz für alle, die in der Musikbranche etwas waren oder werden wollten. Max gehörte nicht zu den echten Platzhirschen, aber er sah zu, dass er die richtigen Personen einlud, in der richtigen Gesellschaft verkehrte und Kontakte knüpfte, die sich als wertvoll erweisen konnten. Wenn sich ein vielversprechender Songwriter die Nase pudern musste, war Max Hansen gern bereit, etwas abzugeben, und wenn eine bekanntere Band hereinrauschte, konnte schon einmal eine Flasche Champagner im Kühler auf deren Tisch landen. Von wem? Von Max Hansen, am Tisch da drüben. Komm setz dich zu uns, alter Kumpel, wie war noch dein Name? Bring dich ins Gespräch, bring dich ins Gespräch.
Junge Mädchen, die allein wegen ihres Aussehens eingelassen wurden, schwärmten um die Tische herum und spielten Eisprinzessin. Max guckte sich die mit dem falschen Emblem auf der Handtasche und dem etwas zu hungrigen Blick aus. Plauderte eine Weile mit ihnen, sah zu, dass er ein paar Gesichter grüßte, die sie aus dem Fernsehen kannten, und hatte damit die Katze meistens im Sack. Nach Hause damit in seine Zweizimmerwohnung in der Regeringsgatan und wham, bam, thank you ma’am, breakfast not included. Sein ungeschlagener Rekord stand bei dreißig in einem Monat, aber da war er gezwungen gewesen, an manchen Abenden auch im Riche auf die Pirsch zu gehen, wenn das Café ausgestorben war.
Es lief wie geschmiert. Max besaß ein extrem ausgeprägtes Gespür für Hierarchien, was für ihn Segen und Fluch zugleich war. Ein Segen, weil es ihm verriet, welche Position er in einer Gruppe einzunehmen hatte, und ein Fluch, weil es ihm gnadenlos klarmachte, dass er selbst auf einer Position zwei Stufen unterhalb der absoluten Spitze steckengeblieben war.
Wenn es sich nur um eine Stufe gehandelt hätte, wären seineKünstler vermutlich auch dann bei ihm geblieben, nachdem sie es geschafft hatten, und hätten ihn mit sich nach oben gezogen. So wie es im Moment aussah, verließen sie ihn, sobald sie Erfolg hatten und der Vertrag auslief.
Er hatte das Glück gehabt, eine vollkommen unbekannte Band, Stormfront , unter fragwürdigen, für ihn sehr vorteilhaften Bedingungen fünf Jahre unter Vertrag nehmen zu können und zu erleben, wie sie bereits nach einem Jahr ihren Durchbruch schaffte. Das sorgte für jede Menge Kohle, aber auch jede Menge Ärger. Die Band redete schlecht über ihn, bezeichnete ihn als Parasiten, und was eigentlich sein Glück werden sollte, wurde für ihn zum Anfang vom Ende.
Ein paar Jahre, nachdem Stormfront ihn verlassen und zum Abschied noch auf seinen Dielenteppich gepisst hatte, hatten sich die Verhältnisse ins Gegenteil verkehrt. Die einzigen jungen Künstler, bei denen er eine Chance hatte, waren diejenigen, die noch nie von ihm gehört hatten. Oder die genau wussten, wer er war, aber total verzweifelt waren. Er hatte trotz allem seine Kontakte.
Ende der Neunzigerjahre gab es in der Branche ein geflügeltes Wort, das die Lage ziemlich genau zusammenfasste: »Max Hansen – letzte Chance«. Es gab noch Songwriter, Produzenten und Leute in der Plattenindustrie, an die er sich wenden konnte, wenn er etwas auf Lager hatte, aber sie gehörten zu den niederen Rängen. Die glücklichen Tage war vorbei.
Eines aber hatte Bestand: sein Appetit auf junge Mädchen. Weil es nicht mehr reichte, die richtigen Leute zu grüßen, um Eindruck zu schinden (und weil die richtigen Leute nicht mehr zurückgrüßten), musste er die schwereren Geschütze auffahren, um gelegentlich noch einmal junges Lammfleisch ins Stroh zu bekommen, nämlich halbe Versprechungen.
Die Zeiten hatten sich geändert. Mitte der Achtzigerjahre war der Traum vom Berühmtsein für die allermeisten tatsächlich nur ein unerreichbarer Traum gewesen.
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