Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder
Nach der explosionsartigen Vermehrung der Doku-Soaps konnten Lisa ausSkellefteå und Mugge aus Sundbyberg plötzlich allen Ernstes davon träumen, dass sie der neue Stern am Showbiz-Himmel werden konnten, dass jeden Augenblick etwas Großes passieren würde, und so griffen sie nach jeder Möglichkeit.
Max hing in der Spy Bar herum und hielt nach jenen Ausschau, deren Stern schon im Sinken begriffen war. Die ihre Tourneen durch die Provinz und Supermarkteröffnungen schon hinter sich hatten und ihren Traum jetzt nur noch mit Playback-Gigs in Kleinstadtpizzerien am Leben hielten. Da schlug er zu.
Sein Spitzname, »Letzte Chance«, war in diesem Zusammenhang nicht unbedingt ein Nachteil. Die Mädchen, um die es sich handelte, waren sich oftmals schmerzhaft bewusst, dass ihre Zeit vorbei war, auch wenn sie die Fassade noch aufrechterhielten. Die »letzte Chance« deutete zumindest an, dass es eine Chance gab , und genau darüber pflegte Max mit ihnen zu sprechen.
Ungenutztes Potenzial, eine gute Stylistin, ein Songwriter, den ich kenne und der schon mit den Backstreet Boys zusammengearbeitet hat, ein Bekannter in einer Plattenfirma, der gerade genau so jemanden sucht wie dich, Kontakte in Asien, dort sind sie ja so verrückt nach schwedischen Mädchen.
Manchmal funktionierte es, manchmal funktionierte es gar nicht. Im November 1999 musste Max seinen ersten sexlosen Monat verzeichnen, seit er zwanzig geworden war. Er ließ eine Haartransplantation vornehmen, um die Tolle aufzupeppen, ließ sich ein paar Falten aus der Oberlippe schneiden und dachte über seine Situation nach.
Es war nicht unbedingt so, dass er die Mädchen komplett an der Nase herumführte. Er gab ihnen ein paar Telefonnummern, arrangierte die eine oder andere Begegnung. Bei einem Mädchen aus Big Brother schaffte er es sogar, eines ihrer Videos in der Sendung Tracks zu platzieren und ihr eine Handvoll kleiner Auftritte in Einkaufszentren zu verschaffen. Okay, seine Versprechungen waren groß, aber es waren harte Zeiten, harte Zeiten.
Er beschloss, die Strategie zu wechseln. Die Baggerei in der Spy Bar war immer schwieriger geworden, und er entschied sich, von ganz unten anzufangen. Er begann auf den öffentlichen Abschlusskonzerten der Musikschulen herumzuhängen, behielt alle Mädchen im Auge, die im Fernsehen auch nur einen Ton sangen, und versuchte zu jeder von ihnen Kontakt herzustellen.
Manchmal gelang es ihm, eine von ihnen in einer Castingband für eine Tournee in Japan unterzubringen oder ein paar Jobs als Lara-Croft-Darstellerin auf einer Spielemesse zu besorgen. Er spielte Videos ein mit Mädchen, die in ihrer Unterwäsche tanzten, und er wurde deutlicher in seinen Ansagen: liegen oder fliegen und ja, er würde es aufnehmen.
Als er eines Abends halb betrunken auf seinem Sofa saß und zu einer Braut wichste, die er ein paar Tage zuvor aufgenommen hatte, als sie in BH und Stringtanga plump zu »Oops! I did it again« tanzte, sah er ein, dass er nicht mehr tiefer sinken konnte und dass er nicht die geringste Lust hatte, etwas dagegen zu unternehmen. Dann kam es ihm, und er ging schlafen.
So war die Situation, als Max Hansen Ende September 2006 den Fernseher einschaltete, um sich die Ausscheidungen für Idol anzusehen. Jedes Mädchen und jeder Junge, die durchgeschleust wurden, besaßen mehr oder weniger Talent. Er glaubte, dass er sofort abhaken konnte, welche von ihnen weiterkamen und wie es anschließend für sie laufen würde. Er interessierte sich vor allem für diejenigen, die herausgewählt wurden.
Ein unglaublich süßes und unschuldiges Mädchen aus Simrishamn regte seinen Appetit an, aber er ahnte schon, dass sie zu denjenigen gehörte, bei denen der gesamte Kontakt über die Eltern abgewickelt wurde. Er schrieb sie sich trotzdem auf, wenn auch eher als Geschäfts- denn als Lustobjekt.
Dann trat Tora Larsson mit »Life on Mars?« auf und weckte etwas in ihm, das die meiste Zeit nur dahinschlummerte: seine Neugierde. Er konnte sich keinen Reim auf sie machen. Er warschon lange im Geschäft und musikalisch genug, um eine makellose Stimme zu erkennen, wenn er sie hörte, aber das Mädchen? Und der Auftritt? Was war das eigentlich? War es fantastisch oder grottenschlecht?
Außergewöhnlicherweise hatte er nicht die geringste Ahnung, wie es mit ihr weitergehen würde, obwohl ihre Stimme noch lange nach ihrem Auftritt in seinem Kopf nachklang. Sie war schön wie eine Puppe und eiskalt auf eine Weise, die gleichzeitig abstoßend und
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