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Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Titel: Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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hatte, dass das Mädchen wirklich schlief, betrat Laila das Zimmer und zog das Papier vorsichtig aus der Walze.
    Auch die Schreibfähigkeit des Mädchens schien nachgelassen zu haben. Dort stand nur eine einzige Zeile ohne jegliches Satzzeichen. Es war das erste Mal, dass das Mädchen etwas geschrieben hatte, das sie sich selbst ausgedacht hatte. Dort stand:
    »Wo Liebe wie Liebe Farbe fühlt sich an wie gibt es wo«
    Laila las die Zeile mehrere Male, bevor ihr Blick zum Bett hinüberglitt. Die Augen des Mädchens waren geöffnet und glänzten schwach, während sie dort lag und Laila beobachtete. Sie setzte sich mit dem Blatt Papier in der Hand auf die Bettkante.
    »Liebe«, sagte sie. »Suchst du nach der Liebe, Kleine?«
    Aber das Mädchen hatte die Augen geschlossen und antwortete nicht.
    29
    An einem Vormittag mitten im Oktober, Lennart war in der Garage und schraubte die Winterreifen an das Auto, saß Laila im Wohnzimmer und fühlte sich schwermütig und gleichzeitig rastlos. Sie versuchte sich mit »Eine starke Braut in Luxusausstattung« von Lill-Babs aufzuheitern, aber es half nicht.
    In ihrem Bauch grummelte ein Angstgefühl, so etwas wie eine Vorahnung. Gestützt auf die Krücke ging sie im Zimmer herum, aber das Gefühl wollte nicht verschwinden. Als ob gerade eben irgendwo etwas passiert wäre, etwas, von dem sie wissen sollte. Plötzlich kam ihr der Gedanke, dass etwas mit dem Mädchen sein könnte. Während sie zur Kellertür humpelte, war sie mit jedem Schritt mehr davon überzeugt, dass es sich so verhielt. Ihr armes Findelkind hatte die Grenzen der Apathie verlassen und das Gebiet der endgültigen Abgewandtheit erreicht, den Tod.
    Plötzlich hatte sie es eilig. Vielleicht war es noch nicht zu spät.
    Auf der fünften Treppenstufe setzte sie die Krücke falsch auf und rutschte weg, als sie ihr Gewicht darauf verlagerte. Sie fiel kopfüber die Treppe hinunter, und als ihr Kopf die Kante zwischen der Treppe und der Wand traf, hörte sie mehr als dass sie es spürte, wie etwas in ihrem Nacken barst.
    Schritte. Sie hörte Schritte. Vor und zurück. Leichte, schleichende Schritte. Der ganze Rücken war eine blaue Flamme aus Schmerzen, und sie konnte den Kopf nicht bewegen, ihre Finger nicht spüren. Sie öffnete die Augen. Das Mädchen stand neben ihr.
    »Kleine«, zischelte Laila. »Kleine, hilf mir. Ich glaube, ich bin … kaputt.«
    Das Mädchen schaute ihr in die Augen. Studierte sie. Schaute ihr in die Augen. Nie zuvor hatte ihr das Mädchen so lange in die Augen geschaut. Sie beugte sich zu ihr herunter und schaute noch tiefer hinein, als ob sie nach etwas suchte, das sich in oder hinter Lailas Augen verbarg. Wie zwei dunkelblaue Brunnen senkten sich die Augen des Mädchens über Laila, und für einen Augenblick waren die Schmerzen verschwunden.
    In ihrem benebelten Bewusstsein dachte Laila: Sie kann heilen. Sie kann mich gesund machen. Sie ist ein Engel.
    Laila öffnete ihre zitternden Lippen. »Ich bin hier. Hilf mir.«
    Das Mädchen richtete sich auf und sagte: »Nicht da. Nicht da.«
    Eine andersartige Form erschien am Rande von Lailas Gesichtsfeld. Ein Hammer. Das Mädchen hielt einen Hammer inder Hand. Laila versuchte zu schreien. Es wurde nur ein Wimmern daraus.
    »Nein«, flüsterte sie. »Was hast du vor, was hast du …«
    »Still«, sagte das Mädchen. »Aufmachen gucken.«
    Dann schlug sie den Hammer gegen Lailas Schläfe. Ein Mal, zwei Mal, drei Mal. Laila konnte nichts mehr spüren, ihr Sehvermögen schwand, sie wurde blind. Mit dem Gehör, das frei im Raum herumzuschweben schien, konnte sie vernehmen, wie das Mädchen unzufrieden grunzte, Schritte sich entfernten. Laila hatte kein Gefühl mehr dafür, wo oben und unten war, sie schwebte in einem leeren Raum, und nur ihr Gehör war ein dünner Faden, der sie mit dem Leben verband und jederzeit reißen konnte.
    Sie hörte es klirren, als das Mädchen etwas auf den Boden legte. Ihr Gehör erriet, dass es sich um Nägel handelte, ihr Gehör riet, dass es fünf waren. Dann spürte sie etwas. Scharfe Spitze auf der Haut, jemand holte Luft, und das Letzte, was das Gehör wahrnahm, war ein harter, metallischer Klang und ein knirschendes Knacken, als der Schädel unter der Nagelspitze barst.
    Dann wurde es still, während das Öffnen weiterging.
    Eine Stunde später kam Lennart in den Keller. Er konnte nicht einmal mehr schreien.
    30
    In gewisser Weise hatte Jerry Glück an diesem Tag, da er sich ganz unwissentlich ein Alibi besorgt hatte. Die

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