Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder
hätte, Laila einen Schlag zu verpassen, sobald sie nach ihrer Hand griff. Laila gab die Methode auf.
Sie versuchte mit Kreide zu zeichnen, sie bot dem Mädchen an, mit Nägeln zu ritzen, für die sie in letzter Zeit eine solche Vorliebe entwickelt hatte, aber es half nichts. Die neunzehn Stufen in den Keller hinunter kamen ihr immer trostloser vor, je stärker die Winterkälte heranrollte und je mehr ihre Beine zu schmerzen begannen. Sie konnte keinen Kontakt aufbauen, und auch Lennart hatte keine neuen Ideen mehr.
Das neue Hobby des Mädchens bestand darin, Nägel in Bretter zu hämmern. Sie konnte so lange weitermachen, bis es keinen Platz mehr gab und das Brett von den vielen Nägeln auseinanderbrach, die dicht an dicht hineingezwungen worden waren. Als es auf Weihnachten zuging, versuchte Lennart ihr beizubringen, Nüsse mit dem Hammer zu knacken und den Kern herauszuholen. Auch daraus wurde eine Besessenheit.
Man konnte es sogar ganz wörtlich nehmen, damit wurde auch die Nuss geknackt. Eines Nachmittags stand Laila da und beobachtete, wie das Mädchen auf dem Boden saß und mit verbissener Konzentration Nüsse auf einem Schneidbrett zertrümmerte. Wie der Arm sich auf und ab bewegte, den wohldosierten Schlag, die monotone Bewegung. Tock, tock, tock.
Daraus entsprang ein Gedanke, und schließlich gab es ja nichts zu verlieren. Im Aufbewahrungskeller fand Laila Lennarts alte Reiseschreibmaschine der Marke Halda. Sie trug sie hinüber und stellte sie vor dem Schneidbrett auf den Fußboden. Das Mädchen betrachtete diese Neuigkeit eine Weile aus unterschiedlichen Winkeln, bevor es mit dem Hammer ausholte, aber Laila war schneller und zog die Maschine weg.
Obwohl sich herausstellen sollte, dass die Idee gut war, dauerte es beinahe ein Jahr, bis Lailas Bemühungen richtig fruchteten. Jede Taste war ein neues Hindernis, das es zu überwinden galt, aber als das Mädchen gut zehn Jahre alt war, hatte sie jeden Laut gelernt, der mit einem Symbol zusammenhing, das mit einer Taste zusammenhing, und sie begann, einfache Wörter zusammenzusetzen.
Jerrys Besuche pflegten Rückschritte auszulösen. Das Mädchen zog sich zurück und wollte nicht bei den Übungen mitmachen, aber Laila war geduldig und verriet Lennart nichts von alledem. Wenn das Mädchen Jerry ein bisschen Freude schenken konnte, dann war es diese Verzögerung wert.
Außerdem wusste Laila ja eigentlich gar nicht, warum sie dies alles machte. Was sollte das Mädchen für Freude daraus ziehen, lesen und schreiben zu können? Würde sie jemals an einer Gesellschaft teilhaben können, in der solche Fähigkeiten vorausgesetzt wurden?
Manchmal konnte Laila an dem zähen, langweiligen Projekt verzweifeln. Dann legte sie eine Platte von Bibi Johns oder Mona Wessman auf und sang eine Weile gemeinsam mit dem Mädchen. Es glich einer Gemeinschaft und gab ihr neue Kräfte, um weiterzumachen.
27
Jerry verließ seine Wohnung nur ungern und erledigte die meisten seiner Kontakte mit der Außenwelt über das Internet. Seine Rente reichte für kaum mehr als das Essen, die Miete und den Modemanschluss. Im Herbst 2001 stieß er auf etwas, das sich Partypoker nannte. Jerry war ein mittelmäßiger Spieler und setzte sein Geld vorsichtig ein, gewann ebenso viel, wie er verlor.
Ein halbes Jahr später war die Zahl der Teilnehmer aufgrund eines Programms im Kabelfernsehen und ein paar Zeitungsartikeln erheblich gestiegen. Auch schlechtere Spieler beteiligtensich an der Runde, und es gelang ihm, einen kleinen Gewinn einzufahren. Keine großen Summen, aber willkommene Ergänzungen für seine mageren staatlichen Leistungen.
Eines Abends nahm er an einer Runde teil, zu der auch ein Typ gehörte, der sich »Bizznizz« nannte und wie ein Idiot spielte. Jerry glaubte, dass es sich nur um einen Bluff handeln konnte, um die Einsätze hochzutreiben. Trotzdem hielt er mit. Nach ein paar Stunden wusste er, dass es einfach zu durchschauen war, wann der Typ bluffte und wann er wirklich gute Karten hatte. Jerry hatte zu diesem Zeitpunkt bereits hundert Dollar gewonnen.
Bei der nächsten Runde bekam Jerry drei Zehner auf die Hand und weigerte sich, die Flinte ins Korn zu werfen, während die Einsätze in die Höhe getrieben wurden und am Schluss neunhundert Dollar im Topf lagen und nur noch er und Bizznizz im Spiel waren. Jerry glaubte, dass der Typ auf ein mögliches Full House bluffte, musste gleichzeitig aber mit einem düsteren Gefühl im Bauch einsehen, dass es diese Runde war, auf
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