Wolfskrieger: Roman (German Edition)
er wünschte sich, seine Krieger könnten so gut wie ich mit dem Bogen schießen. Ich war wirklich ein …«
Auf einmal verstummte er. Zwischen den Bäumen in der Nähe des Gehöfts schienen zwei riesige Augen zu glühen, die wohl keinem Wolf, sondern eher einem Gegner gehören mochten, der direkt der Hölle entsprungen schien.
Flink trat er hinter das Sklavenmädchen. Sie zuckte nicht einmal zusammen, denn sie hatte Schlimmeres erlebt als das, was ein Wolf ihr antun konnte.
»Das ist kein gewöhnlicher Wolf«, verkündete der Bauer. »Holt Hilfe, holt Hilfe!«
»Du holst Hilfe«, sagte seine Frau. »Du bist der Mann.«
»Wenn ich mich bewege, könnte er mich sehen«, zischelte der Bauer.
»Wenn ich mich bewege, sieht er mich«, entgegnete die Frau.
»Ich muss das Land bestellen. Wer wird sich um die arme Saitada kümmern?«, wandte er ein.
»Ich gehe und hole Hilfe«, bot Saitada an.
»Zu spät. Der Wolf ist längst unter euch«, sagte eine Stimme, die ganz nahe war.
Die drei drehten sich um, konnten jedoch im ersten Augenblick niemanden entdecken. Auf einmal aber, so strahlend weiß in der sternenklaren Nacht, dass sie sich fragten, wie sie ihn vorher hatten übersehen können, stand ein junger Mann von etwa zwanzig Jahren vor ihnen. Er sah hinreißend aus, hatte lange Beine und einen geschmeidigen Körper. Er schien das Mondlicht aufzusaugen, und seine Muskeln spielten, als schwebte er in einem silbrigen Meer. Im ersten Moment fiel kaum auf, dass er fast völlig nackt war. Er hatte nur ein großes, blutiges Wolfsfell, um sich zu bedecken. Es lag über seinen Schultern, und eine Hinterpfote hielt er mit einer Hand geschickt vor dem Ding, das die Nonnen scheuen. Er hatte hellrote Haare, die wie ein Büschel hochstanden.
»Bei den Wundmalen Christi, fast wäre ich aus meiner Haut gefahren«, sagte der Bauer.
»Nun, ich bin jedenfalls aus der meinen gefahren«, sagte der Mann und nahm die Pfote weg, die seine Lenden bedeckte. Dann zog er sie wieder darüber.
»Wie kannst du es wagen, dich vor meiner Frau so zu entblößen! «, sagte der Bauer, der ein frommer Mann war, wenn es ihm gerade passte.
»Ist der Wolf hinter dir her?«, fragte der Fremde.
»Wo ist er?«, erwiderte der Bauer. »O Herr, diese Augen.«
Der Bauer wollte weglaufen, doch vor ihm lauerten die böse glühenden Augen im Wald, und hinter ihm stand der schreckliche junge Fremde. Er sah keinen Ausweg mehr, und da ihm die Einfälle ausgingen, was er sonst noch tun konnte, ließ er sich einfach zu Boden fallen.
»Keine Augen«, erklärte der Mann. »Bloß Fackeln, die ein freundlicher Wanderer zurückgelassen hat.«
Der Bauer kniff die Augen zusammen und spähte in die Dunkelheit. Jetzt war es offensichtlich – es waren einfach nur Flammen.
»Dachte ich’s mir doch«, erwiderte der Bauer.
»Feuer«, erklärte der bleiche Mann. »Ein gutes Mittel, um den Wolf abzuschrecken.« Er ging in den Wald und kehrte mit den beiden Fackeln zurück. Inzwischen hatte er sich die Läufe des Wolfsfells um die Hüften geschlungen.
»Ich habe die Schlange bedeckt, die Eva verführt hat.«
Der Mann hob die Fackeln hoch und betrachtete die Einwohner. »Also ein Bauer, seine hübsche Schweinefrau, und wer ist diese seltene Schönheit? Kein Wunder, dass du in Panik gerätst, alter Mann, wenn du so ein Gesicht siehst.«
»Ich bin nicht in Panik geraten, ich wollte nur … das Gelände zu meinem Vorteil nutzen. Deshalb habe ich mich hingelegt.«
»Die hier weiß anscheinend besser als du, dass Feuer den Wolf abhält«, sagte der Mann. Er legte Saitada die Hand unter das Kinn und betrachtete die Narbe.
Saitada zuckte nicht zusammen, als sie seine Worte hörte, denn der Spott eines Mannes bedeutete ihr nichts. Sanft drehte er ihre unverletzte Gesichtshälfte zu sich herum.
»Solche Schönheit ist etwas Schreckliches«, sagte er. »Denn kein Schild kann deren Pfeil abwehren, und selbst der gewandteste Krieger könnte nicht besser ausweichen als du, alter Mann.«
»Du verspottest mich«, entgegnete Saitada. »Doch darüber will ich froh sein, wenn es bedeutet, dass du nicht Hand an mich legst.«
»Nein«, erwiderte der Mann. »Du bist für mich viel schöner als jede andere Frau auf der Erde. Du hast den Nornen den Schicksalsfaden entrissen und deinen Strang selbst gewoben. «
»Schöne Worte sprichst du«, sagte der Bauer.
»Ein großes Lob von einem solchen Richter.« Der Wanderer verneigte sich.
»Und jetzt verspottest du mich!«, rief der Bauer,
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