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Wolfslied Roman

Wolfslied Roman

Titel: Wolfslied Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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seltsame Sehnsucht in mir. Auf einmal fehlte mir meine Wolfsseite. Ich hasste diese dunklen mondlosen Nächte, in denen mein Geruchssinn und mein Gehör am schwächsten waren.
    Eigentlich sollten wir den Mond heute Nacht sehen, überlegte ich weiter, während Magda Hunter einen wütenden Vortrag über sein egoistisches Verhalten hielt und darüber, wie wenig er sich mal wieder als ein verantwortungsbewusstes Rudelmitglied benahm.
    Der Mond hätte noch immer ziemlich voll sein und Hunter, Magda, ihre Brüder und ich hätten seine Anziehungskraft
spüren müssen. Natürlich hätte um diese Zeit eigentlich auch tiefer Winter herrschen müssen, so dass ich mich nicht darüber zu wundern brauchte, wenn sich auch der Mond anders als sonst verhielt.
    »Kayla«, sagte ich. »Könntest du mir vielleicht einen Gefallen tun?«
    »Klar.« Sie sah mich ein wenig misstrauisch an. »Es sei denn, du willst, dass ich tot umfalle oder so.«
    »Quatsch.«
    »Na ja, du musst zugeben, dass du dich mir gegenüber ziemlich gnadenlos verhalten hast, während ich immer wieder versucht habe, dir zu zeigen, wie leid mir das Ganze inzwischen tut.«
    »Hör zu, wenn wir diese Nacht überleben, begraben wir das Kriegsbeil. Okay? Aber jetzt möchte ich dich bitten, dir den Mondstein anzusehen, der um meinen Hals hängt.« Da die Kette zu einem Choker geworden war, konnte ich den Anhänger nicht mehr selbst sehen. »Welche Farbe hat er?«
    »Okay«, erwiderte Kayla und lehnte sich vor, um den Stein in Augenschein zu nehmen. »Er ist blaugrau verschwommen. Warum?«
    »Weil er seit heute Morgen verschwommen ist«, antwortete ich und überlegte. Bis zum Morgen des heutigen Tages waren die Manitus nur in der Lage, Dinge und Menschen in ihrer direkten Nähe zu beeinflussen. Doch jetzt hatte ihnen irgendetwas eine wesentlich stärkere Macht verliehen. Oder vielmehr musste jemand ihre bereits vorhandenen Fähigkeiten noch verstärkt haben.
    Lilliana.
    Doch Lilliana besaß nicht die Fähigkeit, die Wirklichkeit zu verändern. Aber sie war in der Lage, das Wahrnehmungsvermögen
zu beeinflussen. Sie hatte sich selbst als Sensitive bezeichnet, und zwar als jemand, der sowohl aussenden als auch empfangen konnte. Nun begriff ich: Lilliana half den Manitus - ob nun aus freien Stücken oder weil man sie irgendwie dazu gezwungen hatte.
    »Halt, wartet noch einen Moment«, sagte ich. »Ich glaube, ich habe eine Idee.«
    »Abra, ich will dir ja nicht zu nahe treten«, erwiderte Magda, »aber das ist nicht gerade dein Fachgebiet.« Sie wandte sich an die von ihr gewählten Männer: »Vasile, Grigore, Sheriff - gehen wir.«
    »Ich finde, wir sollten uns erst anhören, was Abra zu sagen hat«, erklärte Emmet, schob den Hut in den Nacken und entblößte so den unteren Teil seiner Stirntätowierung. »Sie hatte doch schon einmal Recht, was die Höhlen betraf.«
    »Kann sein. Aber jetzt geht es um den Kampf mit dem Feind«, entgegnete Magda scharf. »Man wird uns alle töten, wenn wir nicht wissen, wer hier die Führung hat.«
    »Sie führen vielleicht Ihr eigenes Rudel an«, erwiderte Emmet und zeigte mit den Daumen auf ihre Brüder. »Aber Abra hat bei mir das Sagen, und ich rühre mich nicht vom Fleck, bis ich sie nicht gehört habe.«
    »Was soll das heißen? Abra hat bei Ihnen das Sagen?« Magda musterte mich aus zusammengekniffenen Augen.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich verstehe es auch nicht so ganz.«
    Der Sheriff stellte einen Fuß auf einen großen Stein und stemmte den Ellbogen auf seinen erhöhten Oberschenkel. »Sagen wir es so: Ich stehe in ihrer Schuld. Also, Abra: Was wollten Sie uns mitteilen?«

    »Der Bär-Manitu, den ich Bruin nenne, hält meine Freundin Lilliana gefangen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass er ihre parapsychologischen Kräfte nutzt, um unsere Wahrnehmung zu vernebeln.«
    Hunter runzelte die Stirn. »Und wie?«
    Ich zeigte in den Himmel hinauf. »Ich glaube, man hält uns davon ab, den Mond zu spüren, damit wir fünf uns nicht verwandeln können. Und was das Wetter betrifft … Es fühlt sich so an, als ob wir mindestens fünfundzwanzig Grad hätten, was uns außer Gefecht setzen soll.«
    »Natürlich«, stimmte mir Magda zu. »Wölfe können im Sommer nicht so gut kämpfen wie in kühleren Zeiten.«
    »Im Januar halten Bären zudem ihren Winterschlaf, was für Bruin von Nachteil wäre.« Ich nahm die Stofftasche von meiner Schulter.
    »Was ist da drin?«, wollte Hunter wissen.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich. »Ein

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