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Wolfslied Roman

Wolfslied Roman

Titel: Wolfslied Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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verlieren.«
    Zugegebenermaßen war ich vielleicht nicht ganz die Richtige, einen Vortrag über Menschlichkeit zu halten, da sich seit einiger Zeit deutliche Tendenzen in Richtung Tier bei mir zeigten. Doch aus irgendeinem Grund schien das niemanden der Anwesenden zu stören.
    »Okay«, fuhr ich also fort und bemühte mich, so vielen wie möglich in die Augen zu sehen. »Haltet euch alle fest, damit ihr nicht weggeweht werdet.« Dann wandte ich mich an Emmet. »Sheriff, können Sie mir helfen?«
    Er tippte sich kurz an seine Hutkrempe und fasste nach den Türgriffen. Ich hielt mich an ihm fest, und wir begannen mit gemeinsamen Kräften zu ziehen.

    Wie in einem Zeichentrickfilm ließen sich die Klapptüren auf einmal widerstandslos öffnen. Wir stolperten rückwärts und gingen zu Boden. Ich blickte verwirrt auf und sah in eine warme sommerliche Nacht hinaus. Magda trat aus einem Schatten. Sie trug einen schwarzen Kampfanzug, hatte ein Messer am Oberschenkel befestigt, eine Pistole an der Hüfte und ein Gewehr über der Schulter.
    »Der Sturm ist vorbei«, verkündete sie in einer ruhigen, autoritär klingenden Stimme. »Das war nur ein kurzes Feuerwerk, das dazu dienen sollte, uns einzuschüchtern. Jetzt wird der Feind die Bodentruppen schicken.« Sie musterte uns, als versuche sie, unsere Kampfbereitschaft einzuschätzen. »Einige von euch haben wahrscheinlich von den Bärenangriffen gehört. Und vermutlich auch von dieser neuen Art der Tollwut. Unsere kleine Stadt wird von Wesen bedroht, die nicht in diese Dimension gehören.«
    Magdas rumänischer Akzent erinnerte mich auf geradezu unheimliche Weise an einen der weniger erfolgreichen Filme meiner Mutter. In der theatralischen Pause, die ihrer letzten Bemerkung folgte, begannen Marlene und Kayla leise miteinander zu reden, bis Magda sie mit erhobener Hand zum Schweigen brachte. »Wir haben jetzt keine Zeit für Diskussionen. Es ist eine reale Bedrohung, mit der wir uns konfrontiert sehen. Ihr glaubt vielleicht, dass ihr hier unten in Sicherheit seid. Aber da irrt ihr euch. Und sobald ihr den Keller verlasst, werdet ihr sowieso bald nur noch als Kollateralschaden gelten.«
    Nachdem Magda die Tatsachen so klar formuliert hatte, war mir alles sonnenklar: Die Manitus versuchten unsere Wirklichkeit zu besetzen, und der Sturm war ihr erster Pfiff zum Angriff gewesen.

    Ich richtete mich auf. »Magda hat Recht«, sagte ich und wollte dann fortfahren, über die Wichtigkeit zu sprechen, in einer solchen Lage gegen einen gemeinsamen Feind zusammenzuhalten. Doch leider achtete niemand auf mich. Stattdessen strömten alle aus dem Keller zu Magda hinaus und bombardierten sie mit Fragen und Vorschlägen. Der Einzige, der mir zuhören wollte, war der Sheriff. Er wurde jedoch von Magda gebeten, ihr einen Plan der Stadt zu besorgen.
    Eigentlich hätte ich erleichtert sein sollen, dass wir nun offenbar alle an einem Strang zogen. Doch als auch ich den Keller verließ und ins Freie trat, wurde mir bewusst, dass ich mir die Rolle als Superheldin wohl gleich wieder abschminken konnte. Diese Rolle hatte bereits Magda übernommen.

34
    » Und wen stellst du dar, wenn ich fragen darf?«, erkundigte sich Magda, als wir gemeinsam die Route 82 entlangliefen. »Rotkäppchen?«
    »Sehr witzig.«
    Ich hatte inzwischen die rote Regenjacke ausgezogen und sie in die Stofftasche gestopft, die mir über den Rücken hing. Dummerweise durfte ich mich nicht zu weit von Magda beziehungsweise ihrer Gruppe entfernen, da sie die Taschenlampen hatten. Ohne Licht waren die Straßen nämlich so dunkel, dass man kaum seine Füße erkennen konnte.
    Ich stolperte. Grigore hielt mich gerade noch rechtzeitig am Ellbogen fest. »Ich fand, Sie sahen in der Jacke süß aus«, flüsterte er mir in einem verschwörerischen Tonfall zu.
    »Fallt nicht zurück und seid vorsichtig«, erklärte Magda genervt. Ich entsprach offenbar nicht ihrer Vorstellung von Werwölfen als einer überlegenen Rasse. Sie glaubte an einige ausgesprochen widerliche Theorien über Menschen und wie diese ihre eigene Spezies angeblich durch Antibiotika und andere Medikamente geschwächt hatten und somit der Natur und ihrer Auswahl der Besten ins Handwerk gepfuscht hätten. Nun - ich mochte vielleicht zu den
Schwächeren meiner Rasse gehören, aber dennoch war ich es gewesen, die wusste, wo man die Manitus fand.
    Magda hatte vorgeschlagen, auf den Old Scolder Mountain zu klettern, denn dort hatte man ursprünglich die meisten Manitus gesehen. Ich

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