Wolfsmagie (German Edition)
den Kopf und drückte zu, so wie Kris es zuvor getan hatte. »An jede einzelne Frau. An jedes Wort. Ihr Betteln und Flehen, mein höhnisches Gelächter. Wie es sich anfühlte, sie zu berühren, zu wissen, was ich am Ende mit ihnen tun würde, mich so sehr danach zu verzehren, wie sie sich nach mir verzehrten.« Er ließ die nun zu Fäusten geballten Hände sinken und drosch im Takt zu seinen Worten auf seine Oberschenkel ein. »Ich war ein Monster.«
Kris konnte nicht widersprechen.
Nach mehreren schweren Atemzügen zwang er die Fäuste auseinander, bevor er weitersprach. »Der Mond ist mein Fluch.«
»Mir scheint, als wärst du bei Mondlicht gerade nicht verflucht; denn dann bist du …« Sie gestikulierte zu seinem bildschönen Gesicht und seinem prachtvollen Körper.
»Sie verfluchte mich zu ewiger nächtlicher Marter. Damit ich den Schmerz verstehe, den ich zugefügt habe, und ihn für alle Zeiten selbst empfinde. Wenn ich Nessie bin, kann ich zwar denken, aber nicht auf diese Weise.«
»Wozu der Nessie-Aspekt? Warum hat sie dich nicht einfach dazu verflucht, für immer gepeinigt und unsterblich in menschlicher Gestalt zu verbleiben?«
»Für immer ist eine lange Zeit. Die Zeit heilt Wunden, sagt man, nur konnte ich das nicht feststellen. Aber was würde passieren, wenn irgendwann genug Zeit vergangen ist und ich ausreichend für meine Sünden gebüßt habe? Dann könnte ich ein Leben haben. Das Leben, das ihrer Tochter durch mich genommen wurde.«
Langsam begann es Kris zu dämmern. »Aber du kannst dieses Leben niemals haben, solange du dich bei Tageslicht in ein gigantisches, glitschiges Seeungeheuer verwandelst.«
»Exakt.«
»Ein raffinierter Fluch.« Wirklich sehr clever.
»Dann ist da noch dieses Detail, dass ich an den Schauplatz meiner Verbrechen gekettet bin«, fügte er hinzu. »Ich muss Tag für Tag über das Land streifen, wo ich meine grauenvollen Taten verübte, im Loch Ness schwimmen, auf dessen Grund noch heute die Leichen liegen. Ich bin gezwungen, diesen von mir erschaffenen Friedhof zu behüten, sodass es mir vorkommt, als wäre das alles erst gestern passiert.«
»Du kannst nicht von hier weggehen?«, fragte Kris.
Sein Blick schweifte in die Ferne. »Du weißt von den wenigen Landsichtungen Nessies?«
»Was ist damit?«
»Gelegentlich wurden die Erinnerungen, die Einsamkeit, die Stimmen zu viel, und ich versuchte auszubrechen. Aber sobald die Sonne am Himmel emporstieg, brach ich zusammen und wand mich auf der Erde wie eine einbeinige Kuh.« Liam bleckte die Lippen und knurrte angewidert.
Der Fluch wurde immer noch cleverer.
»Ich wurde zu ewiger Marter verdammt. Könnte Silber mir etwas anhaben, hätte sich das mit der Ewigkeit erledigt.«
Wieder flackerte Mitgefühl in Kris auf. Solche Qualen zu leiden, zu wissen, dass sie niemals enden würden … Es erstaunte sie, dass Liam nicht den Verstand verloren und angefangen hatte, Menschen zu ermorden, nur damit Edward …
Ihr stockte der Atem. Oder hatte er?
»Ich kann jeden Gedanken von deinem Gesicht ablesen«, sagte er leise. »Nein, ich habe nicht wieder angefangen zu töten; das schwöre ich.«
»Nun, wenn du es schwörst«, höhnte Kris, »dann wirst du ja kaum lügen.«
»Das tue ich auch nicht. Ich stand direkt neben dir, als wir diese Frau in Seenot sahen. Ich habe sie gerettet, genau wie zuvor dich.«
Ja, das hatte er. Und da er nicht von hier wegkonnte – wenigstens behauptete er das –, hatte er auch keine Legendengestalten in Botswana imitiert. Andererseits könnte es zwei Mörder geben …
Kris bekam langsam Kopfweh.
»Weiß Mandenauer davon?«, fragte sie.
»Was ich bin? Nein.«
»Von deinem Fluch. Dass man dich nicht töten kann?«
»Wieder nein. Allerdings gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass er bei einem seiner Besuche die richtige Methode anwendet, um meiner Existenz ein Ende zu setzen. Wenn jemand dazu imstande ist, dann er.«
»Er hat versucht, dich zu töten?«
»Hin und wieder hat er mich flüchtig gesehen und einen Versuch unternommen. Ich bin gut im Verstecken. Aber Mandenauer ist gut im Suchen.«
»Und das, obwohl du niemanden … Du sagtest, du hättest niemanden …« Kris machte eine Pause, dann stieß sie hervor: »Wenn du nicht gemordet hast, warum will er deinen Tod?«
»Ich habe gemordet. Vor Jahrhunderten, das stimmt, trotzdem bin ich ein Mörder.«
Das kam ihr nicht richtig vor. Verdiente nicht jeder eine zweite Chance?
Und schon wieder sympathisierte sie mit ihm. Er und
Weitere Kostenlose Bücher