Wolfsmagie (German Edition)
töten.«
»Warum Nessie?«
»Weil ich wusste, dass es das Ungeheuer von Loch Ness tatsächlich gibt. Meine Vorfahren lebten hier, als das Monster geboren wurde. Besser gesagt, als es verflucht wurde.«
Kris brummte der Schädel. Sie schmeckte Erde im Mund. Ihr Hirn arbeitete nicht so schnell, wie sie es gern gehabt hätte, aber schließlich holte es auf. »Du bist ein Nachkomme der Hexe.«
»Ja«, bestätigte er stolz. »Das bin ich.«
»Ich verstehe trotzdem nicht. Warum solltest du Nessies Tod wollen? Wurde das Ungeheuer nicht zu ewiger Marter verdammt?«
»Mir kommt er nicht wirklich gemartert vor. Wie auch? Immerhin darf er dich ficken.«
»Er?«, fragte Kris. »Ist Nessie denn nicht weiblich?«
Dougals Miene verriet, für wie lahm er ihren Versuch, ihn hinters Licht zu führen, hielt.
»Ich weiß, dass Liam …« Er betonte den Namen voller Sarkasmus. »… Nessie ist. Mein Leben lang musste ich mir wieder und wieder anhören, wie dieses grässliche Ding unsere goldene Tochter meuchelte. Dass stets einer von uns darüber wachen muss, dass die Kreatur auf ewig Qualen leidet. Ich habe die Verpflichtung angenommen. Ich bin der letzte Nachkomme unserer Familie.«
Kris versuchte, die Fesseln abzustreifen, mit denen er ihre Hände zusammengebunden hatte. Sie gaben nicht einen Zentimeter nach. Was keine Überraschung war. Dougal hatte viel Übung darin.
»Stell dir meinen Schock vor«, fuhr er fort, »als ich entdeckte, dass das Monster, anstatt Qualen zu leiden, wie eine Gottheit behandelt wurde. Die Einheimischen als auch die Touristen huldigen dieser Kreatur. Sogar mein eigener granaidh , der ebenfalls in die Pflicht genommen wurde, gestattete ihr, sich frei im Dorf zu bewegen, als wäre sie so menschlich, wie sie aussieht. Das Ungeheuer hat Wächter, die es beschützen.« Dougal verzog höhnisch den Mund. »Aber das wird vorbei sein, wenn sie erst mal das Video gesehen haben, in dem ihre kostbare Nessie eine Frau ertränkt.«
Kris blinzelte, als sie sich an die Aufnahme erinnerte, die in Jamaicas Café abgespielt worden war. »Aber das Opfer lebt. Nessie hat ihr nichts zuleide getan; sie hat sie gerettet, und das wird die Frau auch aussagen.«
»Das ist nicht das Video, das ich meine.« Dougals Augen blitzten irre. »Es hätte es sein können, wenn sie gestorben wäre. Warum musstest du dich mit Erster Hilfe auskennen?«
»Entschuldigung«, murmelte Kris.
»Ich wollte dir demonstrieren, was er ist. Ich hoffte, dass du ihn anschließend töten oder Edward dazu bringen würdest, es zu tun. Doch du bist diesem Monster ebenso verfallen wie jeder andere hier. Ich kann die Leute auf der Straße kaum dazu bringen, mir Hallo zu sagen, doch diese Bestie vergöttern sie.« Dougals Blick schweifte zu der Videokamera samt Stativ, die teilweise von den Bäumen verdeckt wurde. »Aber nicht mehr lange. Du bist mein neuer Star, und du wirst sterben, wie ich es geplant habe.«
Kris hatte schon befürchtet, dass ihre Ermordung auf Dougals Agenda stand. Warum sonst hätte er sie täuschen, betäuben und hierher verschleppen sollen?
Sie suchte mit den Augen ihre Umgebung ab. Sie befanden sich in einer abgelegenen Region am Loch Ness, hinter ihnen ein zerklüfteter Abhang, um sie herum dichter Wald. Die winzige Bucht bot kaum genug Platz, um das kleine Boot, mit dem sie gekommen waren, an Land zu ziehen. Um den Loch Ness gab es Hunderte Plätze wie diesen.
»Er wird uns niemals finden«, sagte sie leise.
Dougal betrachtete den stetig heller werdenden Himmel. »Gib ihm Zeit.«
Marty und Liam erreichten das Café kurz vor der Dämmerung. Obwohl Liam wusste, dass er mit dem Feuer spielte, dass er sich jeden Moment mitten in Jamaicas Lokal verwandeln und alles in tausend Teile zerlegen könnte, rannte er nach drinnen.
Kris war nicht da. Er hatte es geahnt, trotzdem mussten sie jeder Spur nachgehen, selbst wenn die Spuren letzten Endes zu ihrer Leiche führen würden.
Liam raste vor Zorn. Er würde jeden töten, der Kris wehtat. Und es genießen, wie er es früher genossen hatte. Falls ihn das wieder zu der Kreatur machte, die menschliches Leben nicht zu respektieren wusste, würden die Jägersucher seiner Existenz sicherlich ein Ende bereiten, und dann sollte es eben so sein.
Ein Fetzen Papier lag auf dem Boden. Zuerst dachte Liam, er wäre von Jamaicas überquellendem Schreibtisch gesegelt. Er hob ihn auf und wollte ihn schon zurücklegen, als ihm die großen Druckbuchstaben ins Auge stachen.
DUNWAR
Liam schob
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