Wolfsmagie (German Edition)
gefesselt ausgeliefert war, dürfte nicht die beste aller Ideen gewesen sein.
»Ich war nicht sicher, ob du kommen würdest«, sagte er, nachdem er seine Wut schnell unter Kontrolle gebracht hatte. »Ob du wieder mitten in der Nacht wach sein und die E-Mail rechtzeitig lesen würdest.«
»Ich …« Kris unterbrach sich. »Woher weißt du, dass ich manchmal mitten in der Nacht noch auf bin?«
»Deine Lichter. Ich habe gesehen, wie du dich hinter den Vorhängen bewegt hast.«
Also hatte er sie beobachtet. Kein Wunder, dass sie sich so … beobachtet gefühlt hatte.
»Was, wenn ich die E-Mail nicht gelesen hätte?«
»Dann wäre ich zu dir gekommen.« Dougal zuckte gleichgültig die Achseln. »Aber es war einfacher, dich zu mir kommen zu lassen.«
»Warum tust du das?«
»Ich muss sie von meiner Fährte abbringen.«
»Sie?«
»Die Jägersucher . Interpol.« Dougal kam mehrere Schritte auf sie zu. »Clever, dich zu schicken. Ich hatte ja keine Ahnung. Bis ich dein Silbermesser fand.«
Mist, sie hatte gewusst, dass ihr das noch zum Verhängnis werden würde.
Er neigte den Kopf. »Aber bist du nun ein Jägersucher oder eine Interpol-Agentin?« Noch bevor Kris abstreiten konnte, das eine oder das andere zu sein, sprach er weiter. »Ist ja auch egal. Ich war sehr zornig.« Er drohte ihr mit dem Finger. »Du hast mich zum Narren gehalten. Ich dachte, du magst mich. Trotzdem hätte ich dein Messer nicht bei dem Mädchen benutzen sollen.« Er zog einen betrübten Flunsch. »Ich wollte nicht, dass sie gefunden wird. Aber sie musste sich ja in dieser verdammten Schleuse verfangen. Und damit sabotieren, was ich zu tun versucht habe.«
»Nämlich.«
»Spiel nicht die Ahnungslose!« Sein Schrei schallte über den stillen Loch Ness. Würde jemand nach dem Rechten sehen? Sollte sie darauf hoffen oder besser nicht?
Dougal schien eine Antwort zu erwarten. Angesichts seiner gereizten Stimmung entschied sie, ihm den Gefallen zu tun. »Du wolltest, dass man Nessie die Schuld an den Morden gibt.«
»Wenn sie das Seeungeheuer töten oder es fangen, stellen sie ihre Suche nach mir ein.«
»Du hast überall auf der Welt Menschen ermordet und dabei den Modus Operandi verschiedener regionaler Legendengestalten kopiert.«
Ja, das machte Sinn. Dougal Scott hatte der Erforschung dieser Legenden den größten Teil seines Lebens gewidmet. Es gab sogar eine spezielle Ausstellung in seinem Museum. Trotzdem …
»Ich dachte, du glaubst nicht an Nessie.«
Er stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Nein, du hast nicht an Nessie geglaubt. Ich wollte dir nur an die Wäsche und hielt das für den schnellsten Weg. Dann hast du beschlossen, das Ungeheuer zu ficken, woraufhin ich beschloss, dass du sterben sollst.«
»Warum tötest du Menschen?«
»Die Magie liegt mir im Blut. Opferungen verleihen Macht. Aber ganz egal, wie viele ich umbrachte, diese Macht wurde mir nie zuteil. Ich bekam sie nicht wirklich zu fassen.«
»Wenn die Menschenopfer vergebens waren, warum hast du trotzdem weiterhin getötet?«
»Weil ich Spaß daran habe. Ich mag die Magie noch nicht kontrollieren können, aber dieser Rausch nach jedem Mord …« Dougal atmete ein, und seine Brust dehnte sich aus, als würde die Macht, die er so dringend ersehnte, die Macht, für die er gemordet hatte, ihn nun endlich durchströmen. »Der Herrscher über Leben und Tod zu sein, dadurch fühle ich mich …«
»Geisteskrank?«, schlug Kris vor, dann wünschte sie sich, den Mund gehalten zu haben, als in seinen Augen Irrsinn gepaart mit brennendem Zorn glitzerte. Wie konnte sie seine Augen je für sanft, klug und anziehend gehalten haben? Hatte sie denn noch immer nicht gelernt, dass es mehr Arten zu lügen gab, als nur mit Worten?
»Wäre ein geisteskranker Mensch intelligent genug, sich regionaler Legenden als Tarnung für seine Taten zu bedienen?«
Kris’ Erfahrung nach war geisteskrank nicht gleichbedeutend mit dumm, sondern vielmehr ein Synonym für außergewöhnlich schlau.
»Die Behörden wissen von deinen Verbrechen.« Sie hatten nur nicht gewusst, wer sie verübte. »Sie haben deine Spur bis nach Drumnadrochit verfolgt.«
»Das war meine Absicht. Ich benötigte einen Ort mit einer realen Legendengestalt.«
»An den anderen Verbrechensschauplätzen existierte also kein Monster«, folgerte Kris. »Mit Ausnahme von dir.«
Dougal sah sie mit schmalen Augen an, dann nickte er. »Ich brauchte einen Sündenbock, dem ich die Morde anlasten konnte, damit sie ihn
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