Wolfsmale
Reporter waren wie Köter in einem Tierheim, die sich sofort
beruhigten, wenn sie merkten, dass es endlich ans Fressen ging. Er hob die Arme, und sie
verstummten.
»Ein kurzes Statement, meine Herren«, sagte Rebus.
»Können Sie uns nicht erst sagen, wer Sie sind?«
Doch Rebus schüttelte den Kopf. Das spielte wohl kaum eine Rolle. Sie würden es bald genug
erfahren. Wie viele schottische Polizisten arbeiteten denn an dem Wölfsmann-Fall? Flight würde es
wissen, Cath Farraday würde es wissen, und die Journalisten würden es herausfinden. Es war
egal.
Dann stellte einer von ihnen, der es nicht mehr aushielt, die Frage.
»Haben Sie ihn geschnappt?« Rebus versuchte, den Mann zu fixieren, doch alle Augen stellten stumm
die gleiche Frage. »Ist es der Wolfsmann?«
Und diesmal nickte Rebus. »Ja«, sagte er emphatisch. »Es ist der Wolfsmann. Wir haben ihn
geschnappt.« Lisa sah ihn sprachlos vor Staunen an.
Mehr Fragen, alle schrien jetzt, ein Höllenspektakel. Doch die Kette vor ihnen wollte nicht
reißen, und irgendwie kamen sie nicht auf die Idee, einfach außen herum zu gehen. Rebus hatte
sich abgewandt und sah Cousins und Isobel Penny vor der Tür des Hauses stehen, fassungslos, als
könnten sie kaum glauben, was sie gerade gehört hatten. Er zwinkerte ihnen zu und ging mit Lisa
zu dem Taxi, das immer noch auf ihn wartete. Der Fahrer faltete seine Abendzeitung zusammen und
steckte sie neben seinen Sitz.
»Denen haben Sie aber tüchtig eingeheizt, Guy. Was haben Sie gesagt?«
»Nicht viel«, sagte Rebus, lehnte sich zurück und lächelte Lisa Frazer an. »Nur ein paar
Flunkereien.«
»Flunkereien!«
So sah Flight also aus, wenn er wütend war.
»Flunkereien!« Er schien kaum glauben zu können, was er da hörte.
»Das nennen Sie ein paar Flunkereien? Cath Farraday reißt sich Arme und Beine aus, um die Meute
zu beruhigen. Die sind wie die Tiere. Die Hälfte von ihnen ist sogar bereit, das in Druck zu
geben! Und Sie nennen das Flunkereien ? Sie haben nicht mehr alle Tassen im Schrank,
Rebus.«
Also waren wir wieder bei »Rebus«. Na schön, sei's drum. Rebus erinnerte sich, dass sie
eigentlich heute Abend zum Essen verabredet waren, aber irgendwie zweifelte er, dass die
Einladung noch galt.
George Flight hatte den Mörder verhört. Rote Äderchen waren auf seinen Wangen zu sehen, sein
Krawattenknoten war aufgegangen, und die Krawatte hing lose auf seinem halb aufgeknöpften Hemd.
Er lief die winzige freie Fläche in dem kleinen Büro auf und ab. Rebus wusste, dass hinter der
verschlossenen Tür einige Leute mit einer Mischung aus Angst und Amüsement lauschten - Angst
wegen Flights Zorn, amüsiert, weil Rebus ihn voll abbekam.
»Sie sind wirklich das Allerletzte.« Flights Wut hatte ihren Höhepunkt überschritten, und seine
Stimme senkte sich um ein halbes Dezibel. »Was gibt Ihnen das Recht...«
Rebus schlug mit der Hand auf den Schreibtisch. Jetzt reichte es ihm.
»Ich werde Ihnen sagen, was mir das Recht gibt, George. Die bloße Tatsache, dass der Wolfsmann
existiert, gibt mir das Recht, zu tun, was ich für das Beste halte.«
»Das Beste!« Flight ereiferte sich erneut. »Ach ja, ich verstehe. Den Zeitungen einen Haufen
Scheiße zu erzählen ist also das Beste Mein Gott, ich hoffe, ich werde nie erfahren, was
Ihrer Meinung nach das Schlimmste ist.«
Rebus brüllte jetzt genauso laut wie Flight, wurde sogar noch lauter. »Er läuft irgendwo da
draußen rum und lacht sich über uns kaputt. Da er anscheinend genau weiß, wie wir vorgehen, führt
er uns wie die Idioten an der Nase herum.« Rebus sprach wieder leiser. Flight hörte ihm jetzt zu,
und genau das hatte er erreichen wollen. »Wir müssen ihn provozieren, ihn dazu kriegen, dass er
den Kopf aus seinem Versteck streckt, um nachzusehen, was für ein Spielchen wir denn nun spielen.
Wir müssen ihn wütend machen. Nicht wütend auf die Welt im Allgemeinen. Wütend auf uns. Und wenn
er dann seinen Kopf hebt, sind wir bereit, ihn ihm abzureißen. Wir haben ihm bereits vorgeworfen,
alles Mögliche zu sein, von schwul bis zu einem Kannibalen vom Pluto. Und jetzt erzählen wir
überall, er sei gefasst.« Rebus kam nun zum wesentlichen Punkt seiner Verteidigung. Er senkte
seine Stimme noch mehr. »Ich glaube nicht, dass er das so einfach hinnehmen kann, George.
Wirklich nicht. Ich denke, er wird versuchen, Kontakt aufzunehmen. Entweder mit den Zeitungen
oder direkt mit uns. Nur um es uns wissen zu lassen.«
»Oder er wird wieder
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