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Wolfsmale

Titel: Wolfsmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Rebus.
»Und?«
»Und da gab's einen Mann, der verkaufte falsche Zähne. Wild durcheinander. Ober- und Unterteile,
die nicht unbedingt zusammenpassen.« Er hielt inne, um die letzten drei Worte in ihrer ganzen
Tragweite wirken zu lassen. »Gibt es so was Ähnliches in London, George?«
Flight nickte. »Unter anderem auf der Brick Lane. Da ist jeden Sonntag Markt. Auf der Hauptstraße
werden Obst, Gemüse und Klamotten verkauft. Aber in einigen Seitenstraßen vertrödeln die Leute,
was sie haben. Irgendwelchen Kitsch und alten Plunder. Ist ganz interessant, da durchzugehen,
doch man würde nie was kaufen.«
»Aber man könnte dort falsche Zähne kaufen.«
»Ja«, sagte Flight nach kurzem Nachdenken. »Das könnte man ganz bestimmt.«
»Dann ist er wohl noch cleverer, als wir gedacht haben, was?«
»Sie meinen, die Bissabdrücke sind nicht echt?«
»Ich meine, dass es nicht die Zähne des Wolfsmanns sind. Die untere Reihe kleiner als die obere?
Das ergibt einen ziemlich merkwürdigen Kiefer, wie Doctor Morrison uns gezeigt hat, wissen Sie
noch?«
»Wie könnte ich das vergessen? Ich wollte die Fotos an die Presse weitergeben.«
»Was vermutlich genau das ist, was der Wolfsmann bezweckt hat. Er geht auf den Brick Lane Market
oder so was Ähnliches und kauft irgendein oberes und ein unteres Gebissteil. Wenn sie nicht
zusammenpassen, spielt das keine Rolle. Und er benutzt sie, um diese verdammten Bissabdrücke zu
produzieren.«
Flight gab sich skeptisch, doch Rebus wusste, dass er fasziniert war. »So clever kann er nicht
sein.«
»Doch, kann er«, beharrte Rebus. »Er hatte alles von Anfang an genau durchdacht... noch bevor er
angefangen hat! Er hat mit uns gespielt, als wären wir aufziehbares Spielzeug, George.«
»Dann müssen wir bis Sonntag warten«, sagte Flight nachdenklich.
»Jeden Markt nach Ständen absuchen, die falsche Zähne verkaufen - das können nicht so viele sein
-, und dort fragen.«
»Nach einer Person, die ein Gebiss gekauft hat, ohne es anzuprobieren.«
Rebus fing schallend an zu lachen. Es war zum Brüllen. Es war absolut verrückt. Aber er war
sicher, dass es so gewesen war, und er war sicher, dass der Standinhaber sich erinnern würde und
ihnen eine Beschreibung liefern könnte. Bestimmt probierten die meisten Kunden die Zähne vorher
an. Das war der beste Anhaltspunkt, den sie bisher hatten, und vielleicht war es auch der
einzige, den sie brauchten.
Flight lächelte nun ebenfalls und schüttelte den Kopf angesichts der makabren Komik des Ganzen.
Rebus hielt ihm eine geschlossene Faust hin, und Flight hielt eine Hand darunter. Als Rebus seine
Hand öffnete, fielen die Plastikzähne klappernd in Flights ausgestreckte Hand.
»Wie ein aufziehbares Spielzeug«, sagte Rebus. »Und was noch hinzukommt, wir haben Lamb dafür zu
danken.« Er dachte darüber nach.
»Aber mir wär's lieber, wenn er das nicht erfährt.«
Flight nickte. »Ganz wie Sie meinen, John. Ganz wie Sie meinen.«
Zurück an seinem Schreibtisch, nahm Rebus sich ein leeres Blatt Papier.
Der Wolfsmann war zu clever gewesen. Bei weitem zu clever. Er dachte an Lisas Idee, dass der
Mörder vorbestraft sein könnte. Das war möglich.
Möglich war auch, dass der Wolfsmann einfach wusste, wie die Polizei arbeitete. Also könnte er
Polizist sein. Oder in der Rechtsmedizin arbeiten.
Oder ein Journalist, ein Bürgerrechtler sein; sich im juristischen Bereich auskennen. Oder
blödsinnige Drehbücher fürs Fernsehen schreiben. Er könnte sich sein Wissen auch einfach nur
angelesen haben. In den Bibliotheken und Buchhandlungen gab es reichlich Fallgeschichten,
reichlich Biografien von Mördern, die erzählten, wie sie geschnappt worden waren. Durch solche
Lektüre konnte man lernen, wie man nicht geschnappt wird. Doch so sehr Rebus sich auch bemühte,
es gelang ihm nicht, die Liste von Möglichkeiten zu reduzieren. Selbst die Zähne könnten eine
weitere Sackgasse sein. Deshalb mussten sie den Wolfsmann so weit kriegen, dass er zu ihnen
kam.
Er warf seinen Stift hin, griff nach dem Telefon und wählte Lisas Nummer. Doch das Telefon
klingelte und klingelte immer weiter. Vielleicht hatte sie ein paar Schlaftabletten genommen oder
war spazieren gegangen oder hatte einfach einen tiefen Schlaf.
»Sie dummes Arschloch.«
Er blickte hinüber zu der offenen Tür. Cath Farraday stand dort in ihrer Lieblingspose - gegen
den Türpfosten gelehnt, die Arme verschränkt. Als ob sie ihm andeuten wollte, dass sie schon
länger dort

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