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Wolfsmale

Titel: Wolfsmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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war irgendwo bei einem Dinner.«
»Ich fahr zum Tatort, George. Hinterher komm ich bei Ihnen vorbei.«
»Okay.« Flight hörte sich so an, als hätte er genau das gehofft. Rebus suchte nach Papier und
Stift.
»Wie ist die Adresse?«
»Copperplate Street 110.«
Rebus schrieb die Adresse auf die Rückseite seines Tickets nach Glasgow.
»John?«
»Ja, George?«
»Hauen Sie nicht wieder ab, ohne mir vorher Bescheid zu sagen, okay?«
»Ja, George.« Rebus zögerte. »Darf ich jetzt los?«
»Ab mit Ihnen, machen Sie sich auf die Socken. Bis später.«
Rebus legte den Telefonhörer auf und spürte, wie eine ungeheure Müdigkeit ihn ergriff, ihm Arme,
Beine und den Kopf schwer werden ließ.
Er atmete mehrmals tief durch, erhob sich vom Bett und ging zum Waschbecken. Dort spritzte er
sich Wasser ins Gesicht und massierte mit einer nassen Hand Hals und Nacken. Als er in den
Spiegel über dem Becken blickte, erkannte er sich selbst kaum wieder. Er seufzte und presste die
Hände rechts und links flach gegen sein Gesicht, wie er es Roy Scheider mal in einem Film hatte
tun sehen.
»Showtime.«
Rebus' Taxifahrer kannte massenhaft Geschichten über die Krays, über Richardson und Jack the
Ripper. Da Brick Lane ihr Ziel war, ließ er sich besonders lautstark über das Thema »Old Jack«
aus.
»Auf der Brick Lane hat er sein erstes Flittchen abgemurkst. Richardson, ja, das war ein
richtiger Teufel. Hat auf einem Schrottplatz Leute gefoltert. Man wusste immer, wenn er mal
wieder ein armes Schwein mit Stromschlägen traktierte, weil dann die ganze Zeit die Birne über
dem Tor zum Schrottplatz flackerte.« Ein leises Kichern. Dann eine abrupte Kopfbewegung zur
Seite. »In dem Pub da an der Ecke haben die Krays verkehrt. Mein Jüngster war auch häufiger dort.
Ist in ein paar schlimme Schlägereien geraten, dann hab ich ihm verboten, dorthin zu gehen. Er
arbeitet in der City, irgendwelcher Kurierkram, Sie wissen schon, mit Motorrädern.«
Rebus, der schlaff gegen den Rücksitz gelehnt hatte, griff nun nach der Kopfstütze vom
Beifahrersitz und zog sich nach vorn.
»Als Motorradkurier?«
»Yeah, verdient ein Schweinegeld. Doppelt so viel wie ich pro Woche nach Hause bring, das kann
ich Ihnen sagen. Er hat sich gerade eine Wohnung unten in Docklands gekauft. Bloß dass die Dinger
jetzt Riverside Apartments heißen. Das ist zum Totlachen. Ich kenn ein paar von den Typen,
die die gebaut haben. Die haben gepfuscht, wo's nur ging. Schrauben reingehämmert, statt sie
reinzudrehen. Rigipswände so dünn, dass man fast die Nachbarn sehen kann, von hören wollen wir
gar nicht reden.«
»Ein Freund von meiner Tochter arbeitet als Kurier in der City.«
»Yeah? Vielleicht kenn ich ihn. Wie heißt er?«
»Kenny.«
»Kenny?« Er schüttelte den Kopf. Rebus starrte auf die Stelle, an der die silbrigen Haare am Hals
des Fahrers in seinem Hemdkragen verschwanden.
»Nee, ich kenn keinen Kenny. Einen Kev, ja, und ein paar Chrisses, aber keinen Kenny.«
Rebus lehnte sich wieder zurück. Ihm wurde bewusst, dass er noch nicht mal Kennys Nachnamen
kannte. »Sind wir bald da?«, fragte er.
»In zwei Minuten, Guv. Gleich kommt eine schöne Abkürzung, da sparen wir etwas Zeit. Führt uns
direkt an der Kneipe vorbei, wo Richardson immer rumgehangen hat.«
Eine Gruppe von Reportern hatte sich in der schmalen Straße versammelt. Hausfassade, Bürgersteig,
dann die Straße, auf der die Leute standen, von uniformierten Polizisten zurückgehalten. Besaß
denn niemand in London so etwas wie einen Vorgarten? Bisher hatte Rebus noch kein Haus mit Garten
gesehen, bis auf die Millionärsklötze in Kensington.
»John!« Eine weibliche Stimme ertönte aus dem Gedränge der Reporter.
Sie bahnte sich einen Weg zu ihm. Er signalisierte den Uniformierten, ihre Reihe kurz zu öffnen,
um die Frau durchzulassen.
»Was machst du denn hier?«
Lisa wirkte etwas mitgenommen. »Ich hab eine Meldung im Radio gehört«, sagte sie keuchend. »Da
hab ich gedacht, ich komm her.«
»Ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee war, Lisa.« Rebus dachte an die Leiche von Jean Cooper.
Wenn das hier so ähnlich war...
»Irgendwelche Kommentare?«, brüllte einer der Reporter. Rebus war sich des Blitzlichtgewitters
und der gleißenden Lampen der Videokameras bewusst. Weitere Reporter hatten jetzt zu rufen
begonnen, auf der verzweifelten Suche nach einer Geschichte, die sie noch in den Morgenausgaben
unterbringen konnten.
»Dann komm mit«, sagte Rebus und zog Lisa

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