Wolfsmale
meint, er wäre ein Nachahmungstäter, der einen vermasselten Einbruch kaschieren
wollte.«
Flight nickte. »Manchmal glaub ich, dass Philip den falschen Job hat. Der Kerl ist tatsächlich
ein kleiner Dieb, nicht der verdammte Wolfsmann. Aber eines ist interessant. Er hat mir erzählt,
dass er das Zeug an einen gemeinsamen Freund von uns verkauft.«
»An wen?«
»Tom Watkiss.«
»Na so was.«
»Kommen Sie mit?« Flight deutete den Flur entlang zur Treppe. Rebus schüttelte den Kopf.
»Ich möchte noch ein paar Anrufe machen. Vielleicht komm ich später dazu.«
»Wie Sie wollen.« Rebus sah hinter Flight her. Manchmal war es reine Sturheit, die Menschen
weitermachen ließ, lange nachdem ihre Gliedmaßen und ihr Verstand ihnen gesagt hatten, sie
sollten aufhören. Flight war wie ein Fußballer während der Verlängerung. Rebus hoffte, er würde
das Ende des Spiels erleben.
Sie beobachteten ihn, als er durch den Einsatzraum zurück zu seinem Büro ging. Besonders Lamb
schien ihn über einen Bericht hinweg anzustarren; seine Augen funkelten vor Vergnügen. Aus seinem
Büro kam ein Geräusch, ein merkwürdiges Klopfen. Er stieß die Tür auf und sah auf seinem
Schreibtisch ein kleines Spielzeug, ein groteskes Plastikgebiss auf zwei riesigen Füßen. Ober-
und Unterkiefer waren leuchtend rot, die Zähne strahlend weiß, und die Füße marschierten mit
Hilfe eines surrenden Aufziehmechanismus, während der Kiefer zuschnappte und wieder auf, zu und
wieder auf. Schnapp,schnapp,schnapp.Schnapp, schnapp,schnapp.
Wütend über diesen Scherz ging Rebus zum Schreibtisch, nahm das Spielzeug und zerrte daran herum
- seine eigenen Zähne fest zusammengebissen -, bis es in zwei Teile zerbrach. Doch die Füße
marschierten weiter und blieben erst stehen, als die Feder abgelaufen war.
Nicht dass Rebus das bemerkte. Er starrte auf die beiden Hälften, Ober- und Unterkiefer. Manchmal
waren die Dinge nicht das, was sie zu sein schienen.
Einer der Punks auf dem Flohmarkt in Glasgow hatte sich als Mädchen entpuppt. Und auf dem
Flohmarkt waren Zähne verkauft worden, falsche Plastikzähne. Wie an einer Supermarkttheke, wo man
sich aus verschiedenen Zutaten was zusammenmixen konnte. Jede beliebige Größe.
Gott, darauf hätte er längst kommen müssen!
Rebus ging mit schnellen Schritten zurück durch den Einsatzraum.
Lamb, der zweifellos für den Scherz verantwortlich war, schien etwas sagen zu wollen, bis er
Rebus' Gesichtsausdruck bemerkte, der eindeutig signalisierte, lasst mich in Ruhe. Er lief den
Flur entlang und dann die Treppe hinunter zu dem Raum, den man euphemistisch als »Interview Room«
bezeichnete. »Ein Mann hilft der Polizei bei ihren Ermittlungen.«
Rebus liebte solche Euphemismen. Er klopfte und trat ein. Ein Detective wechselte gerade das Band
im Kassettenrecorder. Flight beugte sich über den Tisch, um einem ungepflegten jungen Mann eine
Zigarette anzubieten, einem jungen Mann mit gelblich verfärbten Prellungen im Gesicht und
aufgeschürften Knöcheln.
»George?« Rebus bemühte sich, gelassen zu klingen. »Könnte ich Sie kurz sprechen?«
Flight schob seinen Stuhl geräuschvoll zurück und ließ das Zigarettenpäckchen für den
Untersuchungshäftling liegen. Rebus hielt die Tür auf und bedeutete Flight, mit nach draußen zu
kommen. Dann fiel ihm etwas anderes ein, und er blickte den Häftling an.
»Kennen Sie jemanden namens Kenny?«, fragte er.
»Jede Menge.«
»Fährt Motorrad?«
Der junge Mann zuckte erneut die Achseln und nahm sich eine Zigarette aus dem Päckchen. Da
offenbar keine Antwort zu erwarten war und Flight draußen wartete, schloss Rebus die Tür.
»Was sollte das denn?«, fragte Flight.
»Weiß nicht so genau«, sagte Rebus. »Erinnern Sie sich, als wir in Old Bailey waren, wie da
jemand laut gejubelt hat, als der Fall eingestellt wurde?«
»Jemand auf der Zuschauergalerie.«
»Genau. Jedenfalls hab ich die Stimme erkannt. Es war ein junger Mann namens Kenny. Er ist einer
von diesen Motorradkurieren.«
»Und?«
»Er geht mit meiner Tochter.«
»Ah. Und das beunruhigt Sie?«
Rebus nickte. »Ja, ein bisschen.«
»Und deshalb wollten Sie mich sprechen.«
Rebus rang sich ein schwaches Lächeln ab. »Nein, nein, nicht deswegen.«
»Weshalb denn dann?«
»Ich war heute in Glasgow, um vor Gericht auszusagen. Ich hatte ein bisschen Zeit und war auf
einem Flohmarkt, einer von der Sorte, wo Penner ihre Messages erledigen...«
»Messages?«
»Ihre Einkäufe«, erklärte
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