Wolfspfade 6
kraftlos und ermattet unter ihm lag, fasste er zwischen uns, fand mit dem Daumen meine Klitoris, rieb sie, streichelte sie und ließ mich wieder kommen, stärker dieses Mal, so heftig, dass ich schluchzte, und schließlich kam auch er mit einem Aufschrei zum Höhepunkt.
Ich schlummerte ein, noch bevor die Hitze zwischen uns abgeklungen war. Das Letzte, woran ich mich erinnerte, war Rodolfo, wie er die Decke über uns zog, während er neben mich glitt.
Als ich nach ihm tastete, nahm er meine Hand und küsste die Knöchel. „Schlaf ein, chica . Ich gehe nicht weg.“
Aus irgendeinem Grund vertraute ich ihm und entspannte mich. Doch als mich der Schlaf gerade übermannte, glaubte ich, ihn flüstern zu hören: „Was habe ich getan?“
Und da stellte ich mir die gleiche Frage.
Als ich aufwachte, war er fort. Ich hätte nicht verletzt sein sollen. Mit seinem Versprechen, nicht wegzugehen, hatte er zweifellos nicht für immer gemeint.
Was habe ich getan?
Die Worte irrlichterten durch meinen Kopf. Hatte er sie wirklich ausgesprochen, oder bildete ich mir das nur ein, weil ich sie selbst gedacht hatte? Aber im hellen Licht des Tages hatte ich andere Sorgen.
Ein Kondom war weder erwähnt noch benutzt worden.
Ich setzte mich auf. Da ich die Pille nahm – was ich schon seit meinem sechzehnten Lebensjahr tat, nachdem ich es leid geworden war, jeden Monat wegen quälender Menstruationsschmerzen zwei Schultage zu versäumen –, musste ich zwar keine unerwünschte Schwangerschaft befürchten, dafür aber …
„Abscheuliche Krankheiten“, murmelte ich und schlug mir mit dem Handballen gegen die Stirn.
Ich kannte Geschichten von Leuten, die sich von dem Moment der Ekstase derart hatten mitreißen lassen, dass sie alles andere vergaßen. So etwas hatte ich immer als lachhaft abgetan.
Bis jetzt.
Ich schaute auf die Uhr. Neun Uhr morgens. Viel zu früh für Nachteulen wie Rodolfo und mich, um auf den Beinen zu sein. Wo steckte er nur?
Unten fiel eine Tür zu. Ich sprang aus dem Bett und lief, mir meinen Weg zwischen den überall verstreuten Kleidungsstücken bahnend, zum Fenster. Kaum dass ich den Vorhang zur Seite gezogen hatte, entdeckte ich Rodolfo, der gerade mit einem mir unbekannten Mann davonging.
„Muss wohl eine Verabredung haben.“
Der Klang meiner eigenen Stimme, die erleichtert und gleichzeitig ein bisschen wehmütig war, erschreckte mich; hastig sammelte ich meine Klamotten auf und zog mich an.
Ich hatte keinen Anspruch auf ihn. Warum nervte es mich, dass er nicht hier gewesen war, als ich aufwachte? Wir führten getrennte Leben. Dies war eine einmalige Sache gewesen. Es würde nicht noch mal passieren.
Neben meiner Besorgnis aufgrund des nicht benutzten Kondoms fühlte ich mich ein bisschen schlecht wegen unseres nächtlichen Intermezzos. Rodolfo war verwundet gewesen, und ich hatte mich ihm an den Hals geworfen. Nicht, dass er sich beschwert hätte, aber er war schließlich ein Mann. Zweifellos würde er, wenn möglich, noch auf dem Sterbebett Sex haben. Ich hätte die Dinge stoppen müssen, bevor es zu spät war, nur dass ich genauso die Kontrolle verloren hatte wie er.
Meine Wangen begannen zu glühen. Was stimmte nicht mit mir? Ich kannte den Mann kaum.
Besser gesagt, ich hatte ihn bis letzte Nacht kaum gekannt. Seit heute Morgen kannte ich ihn, zumindest körperlich, verdammt gut.
Ein solches Verhalten passte nicht zu mir. Ich war ein einfaches Stadtmädchen, das sich seine Tage und den Großteil seiner Nächte mit Arbeit vertrieb. Ich hatte keinen festen Freund; ich verabredete mich nicht; Bars betrat ich nur, um Hinweisen auf Katie nachzugehen.
Dann war ich in die Mondsichelstadt gekommen und hatte angefangen, Drinks zu servieren, durch die nächtlichen Straßen zu streifen und mit einem Fremden zu schlafen. Hätte ich es nicht besser gewusst, wäre ich überzeugt gewesen, unter einem Fluch zu stehen.
Verärgert über mich selbst stapfte ich nach unten in mein eigenes Zimmer und schlug die Bettdecke zurück. „Nur weil man New Orleans die Voodoo-Hauptstadt Amerikas nennt, muss sie das noch lange nicht sein.“
Ich griff nach meinem Kissen, als ein kleiner, zugebundener Stoffbeutel zu Boden glitt. „Was zur Hölle …“
Zögerlich hob ich das kleine Säckchen an meine Nase, schnüffelte daran und musste niesen – einmal, zweimal, dreimal. Der Geruch war nicht unangenehm, ein bisschen staubig und modrig zwar, aber auch beißend und scharf, so wie rote Chilischoten, die über einem
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