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Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Titel: Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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Fernsehsessel bequem und steckte die Füße unter den Saum meines Morgenmantels. Auch im Sommer waren die Nächte oft kühl, besonders so nahe an den Bergen. Im Moment driftete vor den Fenstern dichter Nebel vorbei, der alles verhüllte, bis die Sonne ihn später vertreiben würde.
    Der Computer wählte sich ins Netz ein, der Cursor wartete blinkend auf meinen nächsten Schritt. Ich biss mir auf die Lippe. Es war schwierig, unheimlichen Kreaturen nachzuspüren, wenn man nicht wusste, welchen unheimlichen Kreaturen man nachspüren sollte.
    Ich gab übernatürliches Wesen ohne Herz ein. Ohne brauchbares Resultat.
    Ich versuchte es mit herzlos , was sich als ebenso vergeblich herausstellte wie jede andere Kombination aus „Wesen“, „paranormal“, „übernatürlich“ und „Herz“.
    Als Nächstes probierte ich es mit Mythen der Cherokee . Dabei stieß ich auf nichts, was ich nicht bereits wusste – Schöpfungsgeschichten, Legenden, die die Sonne, den Mond, den Donner erklärten. Sagen über das Kleine Volk und die Unsterblichen – Wesen, die meist unsichtbar blieben, bis sie sich zeigen wollten. Der Hase als Gauner, der Kolibri, der uns den Tabak brachte, bevor Tabak allgemein bekannt wurde.
    Keine Erwähnung eines Adler-Wandlers, wenngleich der Glaube existierte, dass ein großer Krieger seine Gestalt beliebig verändern konnte, und es mir ziemlich interessant vorkam, dass das Symbol eines solchen Kriegers der Adler war. Trotzdem lieferte keine dieser Geschichten einen Hinweis darauf, warum Abraham kein Herz hatte.
    Ich durchstöberte mein Hirn nach einer anderen Möglichkeit. In meiner Verzweiflung tippte ich Ghul ein.
    Ein Monster aus Arabien oder Persien, las ich. Zeigt sich auf Friedhöfen. Ein in der Wüste heimischer, gestaltwandlerischer Dämon, der die Erscheinung einer Hyäne annehmen kann.
    Was mir auch nicht wirklich weiterhalf.
    Lockt ahnungslose Wanderer in die Wüste und verschlingt sie. Raubt Gräber aus. Frisst die Toten.
    Tja, nur gab es hier weit und breit keine Wüste. Trotzdem könnte ein Ghul Abrahams Herz verschlungen haben; andererseits konnte ich mir nicht erklären, wie er das bewerkstelligt haben sollte, ohne die Brust seines Opfers zu zerfetzen, und dazu noch in dem schmalen Zeitfenster zwischen Abrahams Tod und der Entdeckung seiner Leiche.
    Ganz gleich, aus welchem Blickwinkel ich die Sache betrachtete, blieb immer das Rätsel des fehlenden Herzens ohne sichtbare Wunde. Was in meinen Augen nur bedeuten konnte, dass das Herz von Anfang an nicht vorhanden gewesen war, und das wiederum hieß, dass der tote Mann überhaupt kein Mann war.
    Seufzend rieb ich mir das Gesicht, als über mir eine Diele knarrte. Da ich nichts von dem hier Ian erklären wollte, schaltete ich den Computer aus und kehrte ins Schlafzimmer zurück.
    Er war nicht dort.
    Ich checkte das Bad und die beiden angrenzenden Gästezimmer. Als aus dem zweiten Stock ein weiteres Knarzen ertönte, erklomm ich stirnrunzelnd die restlichen Stufen, die zu dem Büro führten, das früher meinem Vater und jetzt mir gehörte.
    Auch diesen Raum hatte ich umgemodelt; ganz zu Anfang hatte ich ihn benutzt, um mich an einigen der Zauber und Heilmethoden zu versuchen, die meine Urgroßmutter mir gezeigt hatte. Aber zwischen ihrem Tod und dem meines Vaters waren mehrere Jahre vergangen, in denen mein Dad jede Art von Hoodoo strikt verboten hatte und ich zu sehr damit beschäftigt gewesen war, Polizistin zu werden, um mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Das Problem war: Als mein Interesse wieder aufflammte, konnte ich mich nicht mehr ausreichend erinnern, um irgendetwas richtig hinzubekommen.
    Ich erreichte die offene Bürotür; Ian stand am Fenster. Die Glühbirne war schon vor langer Zeit durchgebrannt, doch anstatt sie zu erneuern, war ich auf Kerzen umgestiegen, genau wie früher meine E-li-si . Mit dem untergehenden Mond und der noch nicht aufgegangenen Sonne war der Raum in marineblaues Zwielicht getaucht.
    Bücher und Bechergläser, ein paar Teströhrchen und die Kröte. Die Amphibie war schon seit langer Zeit tot. Urgroßmutter hatte sie in einem Aquarium aufbewahrt und ich nach ihr ebenso. Meine E-li-si hatte mir erklärt, dass sie wartete, bis sie zu Staub zerfiel, anschließend konnte das Pulver für einen sehr mächtigen Zauber benutzt werden. Leider wusste ich nicht, was für ein Zauber das war.
    Ich bewahrte hier oben alles auf, was sie mir hinterlassen hatte. Überall lagen Kristalle verstreut; Traumfänger hingen von der

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