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Wolfstage (German Edition)

Wolfstage (German Edition)

Titel: Wolfstage (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
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Fingerspitzen.
»Danke, Frau Lindner. Ich muss los. Und nur so nebenbei: Doch, manchmal muss
ich drängen. Grüßen Sie bitte Ihren Mann.«
    ***
    Ihr erster Eindruck bestätigte sich. Von einem Wolf gab es
nur noch das Fell, der andere war offenbar erst jüngst getötet worden. Emilie
kniete sich auf den Boden. Im gleichen Augenblick, als ihr klar wurde, dass sie
diesmal Beweise und Spuren gefunden hatte, die nur noch gesichert werden
mussten, ruckte Flows Kopf herum. Er lauschte.
    Bitte nicht, dachte Emilie und schaltete mit fahrigen Händen die
Taschenlampe aus. Geräusche von draußen. Vielleicht Mäuse, die sich ein paar
Leckerbissen von den Resten an der Feuerstelle holen … Aber das glaubte
sie nicht wirklich. Flows Lefzen zogen sich hoch. Sie spürte es mehr, als dass
sie es sehen konnte.
    »Ruhig«, wisperte sie. »Ganz leise.«
    Er sah sie kurz an. Ihre Stimme zitterte, aber er beruhigte sich
tatsächlich. Sie schlichen einige Schritte durch den Gang in Richtung der
vorderen Höhle zurück, wo Emilie einen Moment lang lauschend verharrte. Sie war
nun sicher, dass sich Leute näherten. Mehrere. Das Geräusch knackender Äste war
deutlich zu hören. Harmlose Wanderer oder genau jene Leute, die sich diesen
Unterschlupf gebaut hatten, um getötete Wölfe zu verstecken? Sie mussten so
schnell wie möglich und unbemerkt verschwinden. Hier in der Falle zu sitzen
wäre unerträglich. Und gefährlich. Für beide. Davon war sie zutiefst überzeugt.
    Sie lief auf leisen Sohlen weiter nach vorn zum Eingang hinter dem
Gebüsch. Dort hockte sie sich hin, Flow dicht hinter sich. Zu sehen war noch
nichts. Aber die Stimmen wurden immer lauter. Wie sollten sie die Höhle
verlassen und die Grube hinaufkraxeln, ohne dass man sie bemerkte? Wer hier
sein Unwesen trieb, war höchstwahrscheinlich wachsam. Sie zitterte vor Angst.
Schweiß tropfte aus ihren Haaren. Ein kühler Luftzug strich über ihren Nacken.
Sie hielt kurz den Atem an, dann drehte sie sich um und kehrte in den Gang
zurück. Es musste einen zweiten Ausgang geben. Auch die Feuerstelle in der
Höhle sprach dafür. Der Rauch musste abziehen, und zwar möglichst unauffällig.
    Flow begann erneut, leise zu hecheln, als sie an den Kadavern
vorbeikamen. Emilie leuchtete die hintersten Ecken aus, in denen auf den ersten
Blick nichts Besonderes zu entdecken war. Wenn sie sich getäuscht hatte, saßen
sie in der Falle. Sie ging näher heran. Auf der linken Seite hatte jemand einen
großen Stapel Zweige und Äste abgelegt. Feuerholz wahrscheinlich. Oder …?
Sie bückte sich und tastete den Stapel ab, der ordentlich mit einem breiten
Gurt zusammengebunden war. Emilie atmete tief durch und rückte den Stapel zur
Seite. Dahinter verbarg sich ein enges Loch. Eine Minute später waren Emilie
und Flow wie Dachse durch den Hinterausgang hinausgekrochen.
    Emilie sah sich um. Sie befanden sich auf der anderen Seite der
Haupthöhle. Von hier ging es über einen Hang abwärts, und niemand, der sich
jetzt in der Höhle befand, konnte sie sehen. Davon ging Emilie jedenfalls aus,
dennoch hetzte sie die Schräge hinunter und hockte sich nach einem lang
gezogenen Sprint keuchend hinter einen Baum, um zu überprüfen, ob ihnen jemand
folgte. Doch es blieb alles still. Flow stand winselnd neben ihr und blickte
sie an.
    Und nun?, dachte Emilie. Wie geht’s weiter? Ganz einfach: unauffälliger
und schneller Rückzug, Ende der Vorstellung. Alles andere wäre ein
unverantwortliches Wagnis, und so musste die Erörterung der Frage, wer warum
Wölfe tötete und ihnen in einer Höhle das Fell abzog, zurückgestellt werden.
Dafür waren andere zuständig. Sie stand auf, klopfte sich den Dreck von der
Kleidung und machte sich im Eiltempo auf den Heimweg.
    Als sie etwa zehn Minuten in forschem Tempo zurückgelegt hatten,
fiel ein Teil der Anspannung von ihr ab, und Emilie spürte plötzlich, wie
erschöpft sie war, aber darauf konnte sie keine Rücksicht nehmen – nicht
jetzt. Sie nahm ihr Handy heraus, um es gleich wieder einzustecken. Der Empfang
war, wie so häufig, gestört, aber es war ohnehin sinnvoller, ihre Eindrücke
persönlich zu schildern.
    Sie ging langsamer und in gleichmäßigem Tempo weiter. Als Bornum
endlich in Sicht war, schloss sie erleichtert die Augen.
    ***
    Schuster meldete sich, als Johanna gerade einen Parkplatz
vor der Buchhandlung ergattert hatte.
    »Ich habe alle Adressen und Telefonnummern von der Liste überprüft,
die Sie mir vorhin hingelegt haben«, erklärte er

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