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Wolfstage (German Edition)

Wolfstage (German Edition)

Titel: Wolfstage (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
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Auftrag
in Neuseeland angenommen hatte. Das war alles. Ich weiß nicht, warum in welchem
Zusammenhang mein Name gefallen ist.«
    »Du hast im Reitverein herumgeschnüffelt und Gott und die Welt nach
Steffen ausgefragt«, entgegnete Seibert mit lauerndem Blick. »Auch meine Frau.
Das ist doch kein Zufall. Sie meint, dass du ziemlich aufdringlich warst und
dich ihr gegenüber ausgesprochen merkwürdig verhalten hast.«
    »Ich habe im Reitverein jeden nach Steffen gefragt, auch Ihre Frau,
weil ich ihn gern wiedergesehen hätte und er seinerzeit dort beschäftigt war.
Schließlich bin ich seit zehn Jahren zum ersten Mal in Königslutter und habe
seit damals nie wieder etwas von ihm gehört. Was ist dabei, sich nach alten
Freunden zu erkundigen, vielleicht sogar zweimal nachzuhaken?«
    Reden, dachte Tibor. Einfach weiterreden. Nur nicht schweigen.
Seiberts Verstand beschäftigen, der ohne Zweifel hellwach, scharf und
durchtrieben war, seine Gedanken in Gang halten. Zeit gewinnen. Magen und
Unterleib brannten immer noch, aber es hätte ihm schlechter gehen können. Tibor
atmete langsamer, während sein Kopf auf Hochtouren zu arbeiten begann. Wen
hatte Steffen fotografiert und erpresst? Was waren das für Fotos, die Seibert
zum Mörder werden ließen? Und jetzt möglicherweise zum zweifachen Mörder.
    Seibert beugte sich vor und fixierte ihn. »Es gibt Freunde, die man
besser ganz schnell wieder vergisst. Es war ein Fehler von dir, zurückzukommen
und die Fühler nach ihm auszustrecken. Gerade jetzt. Kein Mensch hier braucht
die Unruhe alter Geschichten, die wieder hochkochen. Wir haben schon genug mit
den aktuellen Ereignissen am Hals.«
    »Aber ich habe nichts mit dieser Sache zu tun – so glauben Sie
mir doch! Ich weiß noch nicht mal, um was für Fotos es geht.«
    Volker Seibert lächelte ihn plötzlich geradezu herzlich an. »Vielleicht
sagst du sogar die Wahrheit, vielleicht nicht, vielleicht lügst du nur ein
bisschen oder schummelst an einer besonders wichtigen Stelle. Weißt du, ich
werde wohl nie wirklich erfahren, was seinerzeit geschehen ist, weil es
zugegebenermaßen mehrere realistisch klingende Möglichkeiten gibt. Nur eines
ist klar: Die Ungewissheit muss ein Ende haben, und niemand legt mir jetzt noch
Steine in den Weg – ob nun absichtlich oder unabsichtlich. Erika hat Mist
gebaut, sehr großen Mist. Sie hat mit einem Schwulen herumgevögelt, der es
gleichzeitig auch mit Moritz getrieben hat – mein Sohn war damals gerade
siebzehn –, und ihr Lover hat sich ein wahnsinnig gutes Geschäft von
diesem amüsanten Dreier versprochen. Ist das nicht widerlich?«
    Tibor schluckte. Meine Güte, das war es in der Tat.
    »Und dich hat er auch gefickt, oder? Oder du ihn.«
    Seibert stand abrupt auf und trat ihm erneut mit voller Wucht in den
Unterleib. Tibor fing an zu würgen, während Seibert sich wieder setzte.
    »Wenn die Fotos die Runde gemacht hätten, wären wir erledigt
gewesen«, fuhr er fort, als sei nichts gewesen. »Und wir sind heute erledigt,
wenn die Geschichte zur Sprache kommt und irgendjemand vielleicht sogar auf die
Idee verfällt, man müsste in der Tat noch mal genauer nachforschen, wo Steffen
abgeblieben ist. Die Polizei ermittelt ohnehin gerade. Erika hat sich um große
und wichtige Aufträge beworben; ich bin endlich und rechtzeitig zum
zehnjährigen Jubiläum zum Geschäftsführer in der Autostadt berufen worden, nach
Jahren als Assistent, Berater, Abteilungsleiter! Das lasse ich mir doch jetzt
nicht von einem kleinen schwulen Fotografen kaputt machen!«
    Tibor hob mühsam den Kopf. »Hören Sie, ich …«
    Seibert winkte ab. »Gib dir keine Mühe. Glaubst du, ich setze das
aufs Spiel?« Er starrte vor sich hin, dann wandte er den Kopf. »Du kanntest
Milan auch, nicht wahr?«
    Tibor nickte.
    »Du und diese Journalistin – ihr habt ihn gefunden, nicht
wahr?«
    Erneutes Nicken.
    »Woher kennst du die Frau eigentlich?«
    »Wir sind zusammen zur Schule gegangen«, presste Tibor hervor.
    »Und was wolltest du von ihr? Funktionierst du etwa auch zweigleisig?«
    »Nein. Ich habe sie im Reitverein zufällig getroffen, und wir haben
uns zu einem Spaziergang verabredet«, erwiderte Tibor. Er sprach langsam.
    Seibert verzog den Mund. »Wenn ich mich richtig erinnere, ist die
Funke doch diejenige, die sich in diese Wolfsgeschichten reingehängt hat.«
    »Ja, das beschäftigt sie sehr«, gab Tibor vorsichtig zu.
    »Wofür die Leute sich so engagieren!« Seibert schüttelte den Kopf.
»Na ja.« Er

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