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Wolfstage (German Edition)

Wolfstage (German Edition)

Titel: Wolfstage (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
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Weile später sei ein Besucher gekommen – der Nachbar hat
mitbekommen, dass Tibor jemanden ins Haus gelassen hat und schätzt, dass es ein
Interessent war.«
    »Sie meinen einen Kaufinteressenten?«
    »Ja. Die Leute in der Nachbarschaft wissen, dass das Kranz-Haus zum
Verkauf steht.«
    »Nun, vielleicht sind sie sich einig geworden und haben den erfolgreichen
Vertragsabschluss anschließend bei einem Glas Wein gefeiert.«
    »Nette Idee, aber der Nachbar erläuterte mir verwundert, dass die
beiden ungewöhnlich lange im Haus gewesen seien, denn der Interessent sei erst
so um elf Uhr herum, also ungefähr vor einer Stunde wieder weggefahren.«
    »Das hat er so genau mitbekommen?«
    »Wir leben in einer Kleinstadt, Frau Kommissarin. Es ist Sommer, die
Fenster waren geöffnet. Der Nachbar hörte, wie ein Motor angelassen wurde, und
linste um die Ecke. Na klar: Er war neugierig. Vielleicht werden wir noch froh
darüber sein, denn es fiel ihm zweierlei auf: Der Motor gehörte zu einem großen
schicken Wagen – wahrscheinlich ein neuer Touareg –, der merkwürdigerweise
aus Kranz’ Garage fuhr. Jemand schloss das Tor, aber der Nachbar konnte nur den
Umriss einer Gestalt erkennen, denn das Außenlicht war nicht eingeschaltet.
Warum sollte Tibor einem Kaufinteressenten die Garage als Parkplatz anbieten?
Auf der Straße ist genügend Platz. Und noch was: Tibors Elternhaus ist nicht gerade
ein Schmuckstück und schon gar nicht besonders groß. Um es intensiv zu
besichtigen und sich jeden Winkel genau anzusehen, braucht man garantiert keine
Stunde.«
    Die Einwände waren berechtigt, das musste Johanna zugeben. Sie
schloss kurz die Augen.
    »Frau Funke, ich gebe zu – das klingt alles in allem ein
bisschen … befremdlich, aber wir können zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausschließen,
dass es doch eine ganz banale Erklärung für diese Vorgänge gibt. Der
Interessent könnte ein alter Freund sein, der seinen schicken Wagen
grundsätzlich geschützt parken will. In der Wolfsburger Gegend ist ein
derartiges Ansinnen wahrscheinlich kein Einzelfall. Die beiden hatten sich viel
zu erzählen und sind nach einem langen Plausch noch einen trinken gegangen …«
    »Aber –«
    »Ich kann eine polizeiliche Suchaktion nicht damit begründen, dass
eine Hausbesichtigung zugegebenermaßen ziemlich lange dauert, Herr Kranz das
Essen mit Ihnen sausen ließ und nun nicht erreichbar ist. Das werden Sie
hoffentlich verstehen.«
    Emilie Funke schien zu überlegen. »Allzu viele neue Touaregs gibt es
in Königslutter nicht«, wandte sie schließlich ein.
    »Frau Funke, es ist mitten in der Nacht. Eine Überprüfung –«
    »Auf Anhieb fallen mir persönlich nur zwei Leute ein, die in Königslutter
so ein Teil fahren: Der Typ, der den Outdoorladen in der Marktstraße leitet und
immer mit drei Hunden durch die Gegend läuft, manchmal sogar vier …«
    Johanna schloss kurz die Augen.
    »Und Erika Seibert. Die fährt damit ihre Baustellen ab.«
    Die Kommissarin hielt inne.
    »Der Outdoortyp wohnt auf einem Bauernhof – der interessiert
sich garantiert nicht für so ein biederes Häuschen. Und Erika Seibert schon mal
gar nicht. Allerdings …«
    »Ja?«
    »Ich habe keine Ahnung, ob es da einen Zusammenhang gibt, aber Tibor
ist auf die Seiberts nicht besonders gut zu sprechen.«
    »Frau Funke …«
    »Warten Sie! Vor zehn Jahren hat ein junger Reitlehrer namens
Steffen Winter Königslutter relativ unvermittelt verlassen. Er hatte es
faustdick hinter den Ohren, wenn Sie verstehen, was ich meine, und auch Tibor,
der damals für einige Zeit hier war, hatte eine Affäre mit ihm. Jetzt wollte
Tibor ihn gern wiedersehen und hat ‘ne Menge Leute nach ihm gefragt. Auch Erika
Seibert. Aber niemand weiß etwas Genaues. Steffen scheint damals wie vom
Erdboden verschwunden zu sein, nur die meisten hat das nicht nachhaltig
interessiert. Viele gingen davon aus, dass ihm Gläubiger auf den Fersen waren.
Ich hatte Tibor übrigens versprochen, mit ihm gemeinsam nach Steffen zu
forschen und ein bisschen zu recherchieren. Heute Abend wollten wir die
Einzelheiten besprechen und uns ans Internet setzen. Die Sache ist ihm sehr
wichtig, und nun habe ich ein verdammt ungutes Gefühl, denn eine Absage aus
Müdigkeit oder plötzlicher Unlust passt einfach nicht dazu.«
    »Warum ist Tibor auf die Seiberts nicht gut zu sprechen?«
    »Zum einen kann er nicht so gut mit … sagen wir: privilegierten
Leuten, die in Geld und guten Kontakten schwimmen und traumhafte

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