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Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Titel: Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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nicht gelesen», meinte Guerrini.
    Sie stieß einen verächtlichen Laut aus. «Ich vermute eher, dass sie sich bedeutend vorkamen … oder dass sie so blöde sind, es nicht zu merken!»
    «Und Sie, haben Sie diese Menschen gemalt?»
    «Ja, natürlich. Die Bilder hängen alle in Rom. Ist es nicht merkwürdig, dass eine Gesellschaft die Zeugnisse ihrer Demaskierung in die Museen hängt und auch noch eine Menge Geld dafür bezahlt?»
    «Nur auf den ersten Blick, Signora. Im Museum sind diese Dinge gut aufgehoben – ein bisschen der Wirklichkeit entrückt und damit weniger gefährlich. Denken Sie an die legendäre Umarmung des Feindes.» Guerrini tunkte einen cantuccino in seinen Espresso und begann nachdenklich zu kauen.
    «Als Sie den Toten fanden, stand da der Laptop noch auf dem Schreibtisch, Signora?» Er sah sie nicht an, sondern schien ausschließlich mit dem Gebäck beschäftigt zu sein.
    «Glauben Sie wirklich, dass ich in diesem Augenblick auf so etwas achten konnte?»
    «Na ja, Sie wollen doch, dass ich Fragen stelle.»
    «Aber intelligente!» Sie stellte ihre Tasse etwas heftig auf den Unterteller.
    «Ich finde die Frage gar nicht so unintelligent. Dieser Laptop könnte schließlich auch für Sie interessant sein.»
    «Wie kommen Sie dazu, mich zu verdächtigen! Ich habe die ganze Nacht in meinem Atelier gesessen und diese leere Leinwand angestarrt. Und ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass ich nie wieder ein Bild malen kann. Das war meine Beschäftigung in der vergangenen Nacht. Giorgio war meine Inspiration. Ich weiß im Moment nicht, wie es weitergehen soll.» Sie stand auf und öffnete die Terrassentür.
    Eine dritte Katze schlüpfte herein, streifte erst Elsas Rock, glitt dann mit der Schulter an einem der Sessel entlang, setzte sich schließlich vor Guerrini hin und starrte ihn an. Das Tier war offensichtlich ein Kater, rothaarig, mit dickem Kopf. Eines seiner Ohren hing seitlich herab, und das linke Auge war blind.

«Sie ist da!», flüsterte Dr.   Emilio Gottberg und wies auf die Wohnzimmertür. Er griff nach Lauras Arm und zog seine Tochter in seine kleine Küche, schloss leise die Tür und ließ sich erschöpft auf einen Stuhl sinken. «Sie ist furchtbar!»
    «Vater, sie putzt. Warum gehst du nicht spazieren, solange sie putzt?»
    «Weil ich ein Sandkorn im Auge habe, und außerdem habe ich auf dich gewartet. Ich verstehe diese Frau nicht, Laura. Wenn sie kommt, dann will sie mich immer auf den Mund küssen, sie nennt mich Onkel oder Vatter, sie verfolgt gnadenlos alle harmlosen Spinnen, die sich in meine Wohnung verirren, und sie hat eine entsetzlich keifende Stimme.»
    «Sie ist Russin, Vater. Die küssen alle auf den Mund.»
    «Aber ich bin kein Russe! Heute hat sie etwas ganz besonders Fürchterliches gemacht. Sie hat mein rotes Auge gesehen, und so musste ich ihr sagen, dass ich ein Sandkorn drinhabe. Da wollte sie mein Auge mit der Zunge auslecken. Stell dir das vor! So hätten sie das immer in Sibirien gemacht!» Schützend bedeckte der alte Gottberg sein rechtes Auge mit einer Hand.
    Laura prustete los.
    «Hat sie das wirklich gesagt?»
    «Allerdings! Findest du das wirklich komisch?»
    «Ja, ich finde das wirklich komisch. Darf ich mir das Auge mal ansehen?»
    Er zog die Hand vom Gesicht.
    «Du darfst. Aber lass diese Person nicht in meine Nähe.»
    «Warte mal, das haben wir gleich. Das Sandkorn muss raus, dein Auge ist schon ganz rot!» Laura füllte ein kleines Kännchen mit lauwarmem Wasser, nahm ein sauberes Küchentuch aus dem Schrank.
    «Lehn dich zurück!»
    Gehorsam legte der alte Herr seinen Kopf in den Nacken, und Laura spülte behutsam sein Auge aus.
    «Und dann hat sie mir noch eine ganz schreckliche Geschichte von ihrem Großonkel erzählt, der ein offenes Bein hatte. Um ihn zu kurieren, hat sie jeden Tag in eine Schüssel gepinkelt, gebrunzt hat sie gesagt, stell dir vor, gebrunzt !»
    Wieder lachte Laura los, und diesmal stimmte auch ihr Vater ein.
    «Und wie geht die Geschichte weiter?» Laura drückte ihrem Vater einen Kuss auf die Stirn.
    «Sie hat mit dem Urin das Bein ihres Großonkels gewaschen, und es heilte. Kein Arzt hätte das fertiggekriegt, sagte sie, und sie ist mir dauernd nachgelaufen, während sie das erzählte. Und danach wäre die nächste Geschichte gekommen, wenn ich mich nicht auf dem Klo verschanzt hätte.»
    «Eigentlich», lachte Laura, während sie die kleine Kaffeemaschine einschaltete, «eigentlich ist deine Olga Schuster von

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