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Wolfstraeume Roman

Wolfstraeume Roman

Titel: Wolfstraeume Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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Sinn und zeigte auch keine Wirkung, wenn man mittendrin stehen blieb. »Was ist los, mein Guter? Was ist hier los?« Ich tätschelte ihm den Kopf und rannte einen Hügel hinunter. Die Hunde folgten mir. Der Basset kam ins Schlittern, so dringend wollte er mithalten.
    »Komm hierher! He! Komm zurück! Böses Mädchen!«, rief jemand hinter mir.
    Für einen Moment glaubte ich, die Rufe würden mir gelten. Dann warf ich einen Blick über meine Schulter und entdeckte vor dem blassen Frühlingshimmel eine solche Ansammlung von Hunden, dass sie dem Rattenfänger von Hameln zur Ehre gereicht hätte. Es waren alle möglichen Rassen und Mischungen, die mir da folgten. Alle hatten sich von ihren Herrchen und Frauchen losgerissen und wurden von dem unwiderstehlichen, aufpeitschenden Geruch eines Wolfes angezogen. Ich war nicht irgendeine Joggerin. Ich weckte ihre tiefsten Instinkte. Neugierig versuchte ich zu zählen, wie viele es sein mochten. Ich kam auf zehn, einschließlich eines Samojede, eines großen schwarzen Bouvier mit einem eckigen Kopf, zwei Collies und einer gewaltigen Deutschen Dogge.
    Auf einmal verstand ich, warum sich so viele Leute für riesige Jagd- und Schäferhunde entschieden, auch wenn sie in winzigen Manhattaner Appartements lebten. In einer so großen Stadt wie dieser brauchte man manchmal einen
Hund in der Größe eines Menschen, um ein Rudel bilden zu können. Auch wenn es nicht immer einfach war, diese Riesen davon zu überzeugen, dass man das Sagen hatte.
    Ich schien allerdings keine Probleme mehr damit zu haben, als Führungspersönlichkeit aufzutreten. Wären mir die Hunde sonst gefolgt? Oder wollten sie mich vielleicht einfach nur anfallen und fressen?
    Ich rannte immer schneller. Ein hysterisches Lachen stieg in meiner Kehle auf. In Windeseile lief ich durch den ganzen Central Park und die Dritte Straße hinauf bis zu Lillianas Wohnung, wo ich in der Hast kaum den Schlüssel ins Schloss brachte.
    Die Hunde wurden wild und bellten und jaulten, als ich es schließlich geschafft hatte, die Haustür zu öffnen und sie gerade noch rechtzeitig vor ihren Nasen zuzuschmettern. Voller Energie rannte ich die Treppe hinauf. Oben stand ich vor der Wohnungstür und rang um Luft. Keuchend stützte ich mich mit einer Hand an der Tür ab, die ich eine Dreiviertelstunde zuvor sorgfältig verschlossen hatte. Doch jetzt war sie nur noch angelehnt.
    Der Schrecken dauerte nur eine Sekunde, denn ich konnte riechen, wer da in das Appartement eingedrungen war. Die Luft war von seinem Geruch erfüllt. Trotzdem vermochte ich es nicht so recht zu fassen, als ich Red entdeckte – in Lillianas Sessel sitzend. Auf seinem Gesicht zeigte sich sein mir so vertrautes Lächeln.
    »Hab ich lange genug gewartet, Doc?«, fragte er. »Ich wollte erst bis April durchhalten, weil ich dachte, dass du es dann auch spüren würdest. Aber du hast mir einfach zu sehr gefehlt.«
    Ich starrte ihn an. Es war mir ein wenig peinlich, so verschwitzt,
ohne Make-up und mit einem zerzausten Pferdeschwanz vor ihm zu stehen. »Wie bist du reingekommen?«, fragte ich.
    »Über die Feuerleiter.«
    »Aber die Fenster waren verriegelt.«
    »Hat dir das Jackie nie erzählt? Bevor ich mit der Ausbildung bei dem Schamanen angefangen habe, war ich eine Weile mit einem Meisterdieb unterwegs.«
    Ich kam näher. Er war dünner geworden, auf seinem Kinn zeigte sich ein rotgrauer Stoppelbart. Er trug eine umgedrehte Baseballmütze und ein grauenvolles grünes Sweatshirt mit dem Bild eines Hirschen. Wenn ich ihm noch nie zuvor begegnet wäre, hätte ich ihn wohl als einen Kerl eingeschätzt, der von der Ladefläche eines Pick-up aus auf wehrlose Tiere schoss.
    Aber ich kannte ihn ja, und mein Bauch verkrampfte sich vor Aufregung und Angst. Ich hatte Mühe, regelmäßig zu atmen. Ganz ruhig, redete ich mir innerlich zu.
    »Ich habe dich oft angerufen, Red. Aber du hast nie zurückgerufen, und Jackie hat immer nur gemeint, du wärst nicht in Northside.«
    Er schwang die Beine von der Sessellehne und stand auf. »Ich weiß. Jackie hat mir nach meiner Rückkehr aus Kanada erzählt, dass du sie ein paarmal angerufen hast.«
    »Seit wann bist du wieder da?«
    »Seit drei Tagen. Es war leichter, am Anfang gleich ganz weit entfernt zu sein... wenn du weißt, was ich meine. Du hast an Silvester so überzeugt geklungen, dass ich es für das Beste hielt, bis zum Frühjahr zu warten. Noch fühlt es sich zwar nicht nach Frühjahr an, aber das kommt schon noch. Man kann es doch

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