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Wolfstraeume Roman

Wolfstraeume Roman

Titel: Wolfstraeume Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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den Topf mit dem angebrannten Fleischchili wie ein Wilder zu schrubben.
    »Ja, alles in Ordnung. Lass das. Ich mach uns nur schnell etwas Obst zurecht.«

    Red sah mich stirnrunzelnd an. »Musst du dich gleich übergeben?«
    Ich war mir nicht sicher. Meine Kopfschmerzen waren zurückgekehrt, und ich schloss für einen Moment die Augen. Plötzlich spürte ich wieder Reds Hand, diesmal auf meinem Nacken.
    »Okay, dir geht es offenbar nicht gut. Komm, wir gehen nach draußen.« Er führte mich auf die Veranda hinaus, wo es angenehm kühl war. Ich atmete mehrmals tief durch und fühlte mich sogleich ein wenig besser. Red rollte etwas zwischen seinen Fingern.
    »Was tust du da?«
    »Ich rolle dir einen Joint. Gegen die Übelkeit bewirkt der oft wahre Wunder.«
    Ich hatte noch nie Marihuana geraucht. Eigentlich hatte ich sogar eine gewisse Phobie, was Drogen betraf, da ich als Kind einmal auf einer der wilden Partys meiner Eltern eine schlechte Erfahrung gemacht hatte. Aber Reds Art beruhigte mich. In seiner Gegenwart hatte ich irgendwie das Gefühl, als könnte mir nichts passieren. Außerdem schmeichelte es mir, dass er mich für jemanden hielt, der solchen Dingen offen gegenüberstand.
    »Hier. Nur ein oder zwei Züge.«
    »Lieber nicht.«
    »Tut mir leid, Abra. Ich wollte nicht... Mist, irgendwie vergesse ich immer, dass die meisten etwas gegen Gras haben. Mein Großvater hielt dieses Zeug für wesentlich sicherer als Alkohol, solange man es nicht zu oft raucht. Er hat gefunden, dass es einem dabei helfen kann, in eine Art Trancezustand zu kommen und... na ja, auch egal. Ich mache den Joint am besten wieder aus.«

    »Warte«, sagte ich und hielt ihn am Handgelenk fest. »Ist der denn sehr stark? Ich habe einmal aus Versehen eine Pille auf einer Party verschluckt, und das war schrecklich...« Bei der Erinnerung daran lief mir noch heute ein kalter Schauder über den Rücken. »Ich verliere nicht so gern die Kontrolle, weißt du.«
    »Dieser Joint ist nicht stärker als ein Glas Wein. Ich habe das Marihuana selbst angebaut.« Er zündete ihn an und hielt ihn mir dann hin. Zögernd nahm ich einen Zug. Als ich den süßen Rauch einatmete, fühlte ich mich fast wie in der Schule, als wir zu viert in Josies Zimmer gesessen hatten, während ein Joint die Runde machte. Außer Josie und mir waren da noch Fred und Shawn, zwei Jungs, die gerade im Februar zuvor Haschisch entdeckt hatten. Sie erzählten uns, dass dieses Kraut alles gemächlicher und irgendwie lustiger machte und man keine Angst mehr vor den Prüfungen und dem Übertritt aufs College hatte. Josie bekam später an dem gleichen Abend einen riesigen Heißhunger.
    Ich war nie in Versuchung gewesen, das Zeug zu probieren. Selbst unter den Außenseitern blieb ich deshalb als seltsam verschrien.
    »He, Doc«, sagte Red und holte mich so in die Gegenwart zurück. »Alles in Ordnung?«
    Ich gab ihm den Joint zurück und trat auf den Rasen hinaus. Am Himmel über mir konnte ich Tausende von Sternen sehen. Sie funkelten so hell und strahlend, dass sie beinahe falsch aussahen – wie in einem Planetarium kurz vor der Lasershow. Ich lief zu einer der großen Eichen in unserem Garten, ging in die Hocke und lehnte mich an ihren dicken Stamm. Red setzte sich neben mich.

    »Woran denkst du?«
    Mein Mund fühlte sich unangenehm trocken an. »Dass es hier draußen ganz schön kalt wird.«
    »Das denken die Tiere auch.« Red nahm einen tiefen Zug und reichte mir den Joint erneut. Ich schüttelte den Kopf. »Leg dich doch ins Gras, wenn du willst. Das ist viel gemütlicher.«
    »Nein, danke. Dafür ist es mir zu kalt.« Meine Zunge fühlte sich an, als hätte ich sie in etwas Klebriges getaucht.
    »Dann leg deinen Kopf auf meinen Schoß.«
    Mit pochendem Herzen kam ich seiner Einladung nach. Ich wusste, dass ich mich falsch verhielt und man so etwas eigentlich nicht machte. Doch in diesem Augenblick war mir das vollkommen egal. Red hatte gesagt, dass Jackie nicht seine Freundin war. Ihr gegenüber benahm ich mich also nicht unfair. Und hatte ich nicht auch das Recht dazu, die Gesellschaft eines anderen Mannes zumindest ein wenig zu genießen, wenn sich mein Mann schon so viel bei anderen Frauen herausgenommen hatte?
    Der Mond war am Zunehmen und bereits zu drei Viertel voll. Das fehlende Viertel wurde von einem dünnen mauvefarbenen Schleier verdeckt, der mich an die Schatten erinnerte, die man manchmal unter den Augen hatte. Es zeigten sich so viele Sterne am Himmel, dass ich

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