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Wolfstraeume Roman

Wolfstraeume Roman

Titel: Wolfstraeume Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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nach.
    Ich beobachtete, wie Hunter an Red vorbeiblickte und überlegte. »Zwei Ricken und ein Kitz?«
    »Ausgezeichnet.« Red klang beeindruckt. »Du musst eine gute Lehrerin gehabt haben.«
    Wir gingen schweigend weiter, bis ich über einen Stein stolperte. Hinter uns ging die Sonne weiter unter. Es wurde allmählich richtig dunkel. »Ich kann kaum mehr etwas sehen«, sagte ich.
    Hinter uns raschelten Blätter, dann drehten sich die beiden Männer blitzschnell um.
    »Ein Waschbär«, erklärte Hunter.
    »Ein Fuchs«, verbesserte ihn Red.
    »Jetzt reicht es mir aber.« Jackie lief den Hügel hinunter, kam kurz ins Stolpern, lief dann aber weiter. »Verdammt«, fluchte sie, als sie auf etwas ausrutschte und doch noch hinfiel.
    »Du solltest ihr lieber hinterhergehen«, sagte ich zu Red, der vorzuhaben schien, mit Hunter weiterzulaufen und Jackie ihrem Schicksal zu überlassen.
    Er sah mich an. »Du hast Recht.« Er eilte hinter ihr her und hatte sie in vier großen Sätzen erreicht. Ich beobachtete, wie sich die Schatten der beiden berührten. Vermutlich nahm er sie fürsorglich an der Hand. Kurz darauf standen sie jedenfalls wieder neben uns.

    Auch ich kam immer wieder ins Stolpern, während wir durch den dunkler werdenden Wald liefen, auch wenn jackie wesentlich öfter als ich das Gleichgewicht zu verlieren schien. Im Gegensatz zu Red machte sich Hunter allerdings nicht die Mühe, mir wieder aufzuhelfen oder mir etwa hilfreich unter die Arme zu fassen.
    Im Gegensatz zu mir schien er genau zu wissen, wo er seinen Fuß hinsetzen musste, um nicht zu stürzen. Nach kurzer Zeit gaben wir es auf, Reds Hütte noch an diesem Abend zu besuchen, und machten uns wieder auf den Heimweg. Mein Mann ließ mich jedoch mit unseren Gästen allein und verschwand ohne ein weiteres Wort im Wald.

20
    Hunter trank zum Abendessen viel zu viel Alkohol und unterbrach mich immer wieder mit einer penetrant durchdringenden Stimme. So wollte Red von mir wissen, wie mir das Leben auf dem Land denn nun gefiele. Ehe ich ihm antworten konnte, meldete sich Hunter zu Wort.
    »Ach, wisst ihr, Abs ist ein echtes Vorortmädchen. Für sie bedeutet Natur einen handtuchgroßen Garten und Probleme mit den Waschbären. Das hier ist alles etwas viel für dich, nicht wahr, Liebling?«
    Als Jackie mir ein Kompliment über mein Chili machte, erzählte Hunter, wie viele Linsen- und Tofu-Gerichte er in den letzten Jahren hätte ertragen müssen. Er verkündete lautstark, man erführe ja nie, welche Nebenwirkungen eine angeblich gesunde Ernährung auf die Verdauung in Wahrheit hätte und wie stark die Blähungen seien, unter denen man bei einem solchen Essen zu leiden hätte. Und das solle gesund sein? Diesen Gestank einatmen zu müssen?
    Nach kurzer Zeit wünschte ich mir, mich auch betrunken zu haben. Dann hätte ich zumindest nicht beschämt dasitzen und die Mienen von Jackie und Red wahrnehmen müssen, die mit jeder weiteren Minute gequälter wirkten. Ich hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen immer
mehr zu verlieren und in ihrem Ansehen tief zu sinken. Ich entpuppte mich als eine Frau mit einem respektlosen und grobschlächtigen Mann.
    Außerdem hatte ich mir vor lauter Aufregung und Scham den Teller mit dem Fleischchili gefüllt, was ich erst nach einer Weile merkte. Ich brach sogleich in Schweiß aus und hatte Mühe, nicht zu würgen. Totes Fleisch. Igitt, ich hatte einen Leichnam gegessen! Wahrscheinlich würde ich jetzt an Rinderwahn erkranken und als beschränkte Idiotin mit einem Schwamm als Hirn elendig eingehen. Ich schob meinen halbvollen Teller von mir.
    »Ich helfe dir beim Abräumen«, bot Red an. Wir stapelten das Geschirr aufeinander und trugen es in die Küche hinaus. Nachdem das Fleisch verschwunden war, fühlte ich mich etwas besser. Hunter und Jackie unterhielten sich in der Zwischenzeit, wobei ich nur Wortfetzen wie »Schenkel«, »Brust« und »Hormone« aufschnappte sowie den Satz »Man muss es eine Weile köcheln lassen, ehe man zuschlägt«. Zuerst nahm ich an, dass sie über Fleischherstellung sprachen, doch je mehr ich hören konnte, desto stärker hatte ich den Eindruck, dass sie viel eher über Sex redeten. Auf dem Weg in die Küche fiel mir zum ersten Mal auf, dass Jackie vielleicht nicht hübsch sein mochte, aber doch ein erotisches Selbstbewusstsein ausstrahlte, das viele Männer bestimmt anziehend fanden.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Red, als ich das schmutzige Besteck ins Spülbecken legte. Er hatte bereits anfangen,

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