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Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)

Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)

Titel: Wolken über dem Meer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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das Burrito-Fett von den Lippen und beugte sich vor, um seine Frau zu küssen. Diese Nähe brachte ihn zur Weißglut – er spürte, wie Zorn in ihm aufwallte. Wie konnte sie es wagen, ihn zu verlassen – wie konnte sie nur!
    Er spülte den Teller ab, öffnete ein weiteres Root Beer und regte sich langsam wieder ab. Wenigstens musste er nicht mehr ständig darauf achten, die Cookies zu löschen – die temporären Internet-Dateien, die im Computer gespeichert wurden. Seine Frau, neugierig wie sie nun mal war, hatte damit eine Möglichkeit entdeckt, ihn zu bespitzeln. Sie hatte die Dateien abgerufen, herumgeschnüffelt und gesehen, was er so in seiner Arbeits- und Freizeit online getrieben hatte … An seinen Schreibtisch zurückgekehrt, hatte er das, was er brauchte: fünf rasche Reaktionen auf die ›Hurrikan-Opfer‹. Secret Agent scrollte sie herunter, überflog den Text:
    »Secret – das ist ja ätzend!«
    »Hey, Mann – alles in Ordnung mit deinem Neffen?«
    »Das Dach ist davongeflogen? Im Ernst?«
    »Wo wird die Familie unterkommen? Habe von dem Hurrikan gelesen – echt grausig. Massenweise Leute evakuiert und der Rest saß in der Falle. Ist dein Neffe schwer verletzt?«
    Und dann – Bingo:
    »Secret Agent – wofür hat man Freunde? Wir sollten einen Hilfsfonds im Forum einrichten. Ich weiß, dass alle ihr Scherflein beitragen möchten. Du hast ja ein PayRight-Onlinekonto, wie ich weiß – weil du mir letzte Woche Geld für besagte Stiefel geschickt hast. Wir überweisen die Spendenbeträge an dich, und du gibst sie deiner Schwester.«
    Secret Agent konnte nicht umhin, zu lächeln: Was für ein warmherziger Menschenschlag. Seine Frau hatte einen ausgezeichneten Geschmack, was Bands und Message Boards betraf. Sie wäre stolz auf ihre Online-Freunde, die sich der Herausforderung gewachsen zeigten. Vermutlich wäre sie genauso stolz auf ihren Mann – bei dem Gedanken, dass ihm die Hurrikan-Opfer so sehr am Herzen lagen.
    »Danke, Mann«, schrieb er zurück. »Meine Schwester kann es echt gut gebrauchen. Ihr seid spitze … Ich muss nur dafür sorgen, dass sie die Hilfe auch annimmt (sie würde kein Almosen wollen). Aber ich werde sie schon überzeugen – sie muss schließlich an die Arztrechnungen meines Neffen und all das denken …«
    Noch während er tippte, trafen weitere Antworten ein.
    »Die Schwester von Secret Agent ist auch unsere Schwester!«
    »Deine Schwester hat einen großartigen Bruder, weißt du das? Ich mache den Anfang und schicke dir hundert Dollar. Wünschte, es wäre mehr …«
    Ich auch, dachte Secret Agent. Er überflog die Namen der Mitglieder, die auf dem Message Board auftauchten. Hielt Ausschau nach Aurora … Wo steckst du? Wo bist du untergetaucht? Bildest du dir ein, du könntest dich für immer vor mir verstecken?
    Das wäre sein größter Fischzug: Wenn sie ihm online ins Netz ginge, die Beute, die ihm gehörte.

    Es war Freitagabend, und Liam machte Überstunden. Er wusste, dass er zu viel Zeit im Büro verbrachte. Es war fast neun und der Himmel noch hell – ein typischer Sommer für die nördlichen Breitengrade. Sein Kopf riet ihm, weiterzuarbeiten, aber sein Körper sagte etwas anderes. Er war nicht nur hungrig und müde, sondern verspürte auch eine alte Sehnsucht, die er längst tot geglaubt hatte.
    Es gab Berge von Daten, die er durchackern musste; die Haie in den umliegenden Gewässern waren seit einer Woche überaus aktiv. Liam loggte sich bei ›Predator Report‹ ein, auf einer Website, die ursprünglich für Berichte über Sichtungen oder Angriffe von Haien in Küstennähe gedacht war. Normalerweise ging es dabei um Robben, Blaufisch- und Heringsschwärme, gelegentlich auch einmal um einen Delfin oder Wal. Doch gestern kam die Meldung eines Wellenreiters, dass beim Surfen in der Brandung östlich von Halifax ein großer weißer Hai sein Brett angegriffen hatte.
    Liam las die Mitteilung – natürlich war das Brett gelb. Die Hai-Experten bezeichneten die gelben Surfbretter als ›Leckerbissen‹. Die Haie erspähten sie von unten und verwechselten die längliche Form und helle Farbe mit ihrer Lieblingsnahrung – Robben. Anhand der blutigen Bissspur, die einen Radius von fünfunddreißig Zentimetern aufwies, konnte Liam darauf schließen, dass es sich um einen noch nicht ausgewachsenen großen weißen Hai handeln musste. Er las die Mitteilung:
    »Ich habe nichts bemerkt, bevor der Hai angriff. Er ging direkt auf mich los und rammte mein Brett

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