Wolken über der Wüste
wahrscheinlich einen Mann finden, der mir geben kann, was ich brauche …“
Er ergriff sie hart beim Arm und riss sie zu sich herum. „Wenn du das tust!“ drohte er.
„Du willst doch nicht.“
„Vielleicht will ich schon“, sagte er beinahe unhörbar. Er wusste nicht, was er sagen oder tun sollte. Er fühlte Margos Verlust immer noch schmerzlich, und es schien ihm, als würde er sie betrügen, wenn er mit einer anderen Frau schlief. Aber Brianne war jung und entzückend und warmherzig, und es würde keine Mühe machen, ihr das zu geben, was sie wollte. Auf der anderen Seite war sie zu jung und leicht beeinflussbar. Wenn es nicht darum ginge, dass sie sich Philippe Sabon vom Hals halten musste, dann würde er so etwas überhaupt nicht erwägen.
„Also, nun mal langsam“, sagte er kurz. „Sei nicht so eigensinnig.“
„Du kannst ja auch nur reden.“ Sie sah ihn empört an. „Warum drückst du mich nicht einfach gegen die Wand und gibst mir, was ich brauche?“
Er ließ ihren Arm los. „Du bist ein unmögliches Kind.“
„Ich bin kein Kind, wenn du nichts dagegen hast.“
„Aber unmöglich.“
„Vielleicht. Das hat immer mit den Einflüssen zu tun, denen man ausgesetzt ist.“ Sie blickte ihn mit ihren großen hellen Augen durchdringend an. „Ich werde dich schon klein kriegen. Langsam, aber sicher.“
Er wusste nicht, was er von dieser Ankündigung halten sollte. „Was ist denn aus der jungfräulichen Zurückhaltung geworden?“
„Das weiß ich nicht, aber ich kann ja mal jemanden fragen.“
„Hast du denn keine Angst vor dem ersten Mal?“
„Mit dir? Nein!“
Er musste unwillkürlich lachen. Seine Augen funkelten amüsiert. „Du hast zu hohe Erwartungen. Ich werde älter. Wenn ich dir nun nicht geben kann, was du haben möchtest?“
„Das kannst du ganz bestimmt“, sagte sie ernsthaft. „Du willst ja mit mir schlafen. Du glaubst nur, dass ich zu jung bin. Aber ich bin nicht zu jung. Ich bin nur mit älteren Leuten aufgewachsen, und ich bin immer reif gewesen für mein Alter.“
„Ich verspreche dir nichts“, antwortete er fest. „Aber ich werde es mir überlegen.“
Sie zuckte mit den Schultern. „Lass dir Zeit. Es ist nicht so eilig. Aber wenn dieser lüsterne Kerl hinter mir her ist, dann stehe ich vor deiner Tür, egal, wie spät es ist.“
„Woher weiß er denn eigentlich, dass du noch nie mit einem Mann geschlafen hast? So jung bist du ja auch nicht mehr.“ Die Frage war verständlich.
„Weil Kurt mich von einem Privatdetektiv beschatten ließ“, stieß sie wütend hervor. „Als ich in Paris zur Schule ging, hat er mich mit Adleraugen bewachen lassen. Außerdem musste ich auf Kurts Befehl vor zwei Monaten eine gründliche ärztliche Untersuchung über mich ergehen lassen.“ Sie schauderte immer noch bei dem Gedanken daran. „Er behauptete, er wolle sicher sein, dass ich mir nicht irgendeinen Virus eingefangen habe. Aber als mich die Schwester dann auf diesen grässlichen Stuhl nötigte und der Arzt sich die Gummihandschuhe überzog …“ Sie stieß heftig den Atem aus. „Ich habe geschrien wie am Spieß, aber Kurt erfuhr, was er wissen wollte.“
„Kein anständiger Arzt …“, fing Pierce wütend an, aber sie unterbrach ihn.
„Es war kein
anständiger
Arzt. Er durfte in den USA nicht mehr praktizieren und hat dann hier irgendeine dubiose Praxis aufgemacht.“
„Ach so.“
„Ich habe zuerst nicht gewusst, was das Ganze sollte. Aber als dann Sabon auftauchte und mich nicht mehr aus den Augen ließ, war mir alles klar.“ Sie blickte ihn an. Sein Gesicht war unbewegt. „Ich bin kein ängstlicher Mensch, aber bei dem Mann kriege ich eine Gänsehaut.“
„Da bist du nicht die Einzige. Selbst Männer haben vor ihm Angst.“
Sie hob erstaunt die Augenbrauen. „Du auch?“
Er musste lachen. „Ich habe ein paar Jahre direkt auf den Bohrstationen gearbeitet.“ Er streckte ihr seine kräftigen Hände hin und zeigte ihr die vielen kleinen weißen Narben.
Sie stieß einen anerkennenden Pfiff aus. „Harter Kerl, was?“
„Ja“, sagte er nur. „Ich bin nicht sehr ängstlich.“
„Gibt es überhaupt etwas, wovor du Angst hast?“
Er kam nah an sie heran und grinste. „Vor sexbesessenen Jungfrauen“, flüsterte er.
Sie prustete los. „Das musste ja kommen!“
Ihr Lachen war ansteckend. Jemand wie Brianne war ihm noch nie begegnet. In ihrer Gegenwart war er so ganz anders, sah auch sein Leben und die ganze Welt aus einer neuen Perspektive.
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