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Wolken über Ebou

Wolken über Ebou

Titel: Wolken über Ebou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Dieser alte Mann war im Silberkreis gewesen, hatte nicht weit von der Frau entfernt gestanden, die gerade in Carridins Palast verschwunden war. Mat drehte seinen Hut in den Händen und blickte unbehaglich die Stirn runzelnd zum Palast. Er konnte die Würfel in seinem Kopf plötzlich fallen spüren, und das war stets ein schlechtes Zeichen.

KAPITEL 6
    Insekten
    Carridin schaute nicht sofort von dem Brief auf, den er gerade schrieb, als Lady Shiaine, wie sie sich nannte, hereingeführt wurde. Drei Ameisen kämpften vergebens in der nassen Tinte, waren gefangen. Alles andere mochte sterben, aber Ameisen und Schaben und alle anderen Arten von Ungeziefer schienen zu gedeihen. Er drückte den Tintenlöscher vorsichtig hinab. Er würde nicht wegen ein paar Ameisen von vorn beginnen. Das Versäumnis, diesen Bericht abzuschicken, oder der Bericht über das Versäumnis, würde ihn genauso verdammen wie diese widerlichen Insekten, aber die Angst vor noch einem anderen Versäumnis wütete in ihm.
    Er sorgte sich nicht darum, daß Shiaine lesen könnte, was er geschrieben hatte. Es war in einer außer ihm nur zwei anderen Menschen bekannten Geheimschrift verfaßt. Es waren so viele Banden ›Drachenverschworener‹ am Werk, eine jede vom Kern ihrer vertrauenswürdigsten Männer gestärkt, und so viele andere, die Banditen oder sogar wahrhaftig diesem Schmutz al'Thor verschrieben sein mochten. Letzteres würde Pedron Niall vielleicht nicht gefallen, aber sein Befehl hatte gelautet, Altara und Murandy in Blut und Chaos zu tauchen, aus denen nur Niall und die Kinder des Lichts sie retten könnten, ein Wahnsinn, der eindeutig diesem sogenannten Wiedergeborenen Drachen zur Last gelegt werden sollte, und das hatte er getan. Angst hielt beide Länder gepackt. Erzählungen darüber, daß die Hexen durch das Land marschierten, waren ein zusätzlicher Lohn. Hexen Tar Valons und Drachenverschworene, Aes Sedai, die junge Frauen verschleppten und falsche Drachen ernannten, Dörfer in Flammen und an Scheunentore genagelte Männer -das war bei den auf der Straße gehandelten Gerüchten jetzt alles das gleiche. Niall wäre erfreut und würde weitere Befehle senden. Es war unvorstellbar, wie er von Carridin erwartete, Elayne Trakand aus dem Tarasin-Palast zu entführen.
    Noch eine Ameise lief über den mit ElfenbeinEinlegearbeiten versehenen Tisch auf das Blatt Papier, die er mit dem Daumen zerdrückte. Und ein Wort bis zur Unleserlichkeit verschmierte. Der gesamte Bericht müßte neu geschrieben werden. Er sehnte sich sehr nach etwas zu trinken. Auf dem Tisch an der Tür stand eine Kristallflasche mit Weinbrand, aber er wollte nicht, daß die Frau ihn trinken sah. Er unterdrückte ein Seufzen, schob den Brief beiseite und zog ein Taschentuch aus seinem Ärmel, um sich die Hand abzuwischen. »Also, Shiaine, könnt Ihr endlich über Fortschritte berichten? Oder seid Ihr nur wegen des Geldes gekommen?«
    Sie lächelte ihn von einem hohen, verzierten Armsessel aus träge an. »Eine Suche erfordert Ausgaben«, sagte sie fast im Akzent einer andoranischen Adligen. »Besonders wenn wir erreichen wollen, daß keine Fragen gestellt werden.«
    Die meisten Menschen hätten sich beim Anblick Jaichim Carridins - durch sein stählernes Gesicht, die tiefliegenden Augen und den weißen Wappenrock über seinem Umhang mit der auf den karmesinroten Hirtenstab der Hand eingedrückten Sonne der Kinder des Lichts - unbehaglich gefühlt. Aber nicht Mili Skane. So lautete ihr richtiger Name, obwohl sie nicht wußte, ob er ihn kannte. Als Tochter eines Sattlers aus einem Dorf in der Nähe von Weißbrücke war sie im Alter von fünfzehn Jahren zur Weißen Burg gegangen, noch eine Sache, die sie geheimgehalten zu haben glaubte. Es war wohl kaum der beste Anfang, ein Schattenfreund zu werden, weil die Hexen ihr gesagt hatten, sie könnte nicht lernen, die Macht zu lenken, aber bevor ein Jahr vorüber war, hatte sie nicht nur in Caemlyn einen Kreis gefunden, sondern auch ihre erste Tötung vollzogen. In den seither vergangenen sieben Jahren hatte sie dieser einen neunzehn weitere Tötungen hinzugefügt. Sie war eine der besten verfügbaren Mörderinnen und eine Jägerin, die alle und alles finden konnte. Soviel hatte man ihm gesagt, als sie zu ihm geschickt wurde. Das hatte ein Kreis gesagt, der jetzt ihr berichtete. Tatsächlich waren mehrere seiner Mitglieder Adlige und fast alle älter, aber nichts davon hatte unter jenen Bedeutung, die dem Großen Herrn dienten. Ein

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