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Wolken über Ebou

Wolken über Ebou

Titel: Wolken über Ebou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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nicht. Er war sich nicht einmal sicher, ob sie atmete. Er spürte kaum Leben in ihr.
    »Grübelst du?« fragte Sammael. »Darf ich zumindest hoffen, daß du darüber nachgrübelst, was du hier für mich finden sollst?« Er war nur ein wenig größer als der Durchschnitt ein muskulöser, kompakter Mann in einem Umhang mit einem hohen Kragen in illianischem Stil, der so sehr mit Goldstickerei verziert war, daß der grüne Stoff darunter nur schwer zu erkennen war, aber mehr als nur der Umstand, daß er einer der Auserwählten war, verlieh ihm Statur. Seine blauen Augen waren kälter als der Odem des Winters. Eine bläuliche Narbe zog sich von der blonden Haarlinie bis zum Rand des blonden, eckig geschnitten Bartes hinab, und diese Zierde schien zu ihm zu passen. Was auch immer ihm in den Weg geriet, wurde fortgewischt, zertreten oder ausgelöscht. Carridin wußte, daß Sammael ihm die Hölle heiß gemacht hätte, wenn der Mann einfach jemand gewesen wäre, den er zufällig getroffen hätte.
    Er trat eilig vom Fenster fort und fiel vor dem Auserwählten auf die Knie. Carridin verachtete die Hexen Tar Valons. Tatsächlich verachtete er jedermann, der die Eine Macht gebrauchte, sich in das einmischte, was die Welt einst zerstört hatte, mit dem umging, was bloße Sterbliche nicht berühren sollten. Dieser Mann gebrauchte die Macht ebenfalls, aber die Auserwählten konnten nicht als bloße Sterbliche bezeichnet werden. Vielleicht überhaupt nicht als Sterbliche. Und wenn er seinen Dienst gut versah, wäre er auch nicht mehr sterblich. »Großer Meister, ich sah Mat Cauthon.«
    »Hier?« Sammael schien seltsamerweise einen Moment überrascht. Er murmelte leise etwas, und bei einem Wort wich alles Blut aus Carridins Gesicht.
    »Großer Lord, Ihr wißt, daß ich Euch niemals betrügen würde...«
    »Du Narr! Du hast nicht einmal den Mut dazu. Bist du sicher, daß es Cauthon war, den du gesehen hast?«
    »Ja, Großer Meister. Auf der Straße. Ich kann ihn bestimmt wiederfinden.«
    Sammael schaute stirnrunzelnd auf ihn hinab, strich sich über den Bart und blickte durch Jaichim Carridin hindurch und über ihn hinaus. Carridin mochte es nicht, sich bedeutungslos zu fühlen, besonders wenn er wußte, daß es der Wahrheit entsprach.
    »Nein«, sagte Sammael schließlich. »Deine Suche ist die wichtigste Sache, die einzige Sache, soweit es dich betrifft. Cauthons Tod käme mir gewiß gelegen, aber nicht, wenn er hier Aufmerksamkeit erregt. Wenn bereits Aufmerksamkeit besteht und er Interesse an deiner Suche zeigen sollte, dann stirbt er, aber ansonsten kann er warten.«
    »Aber...«
    »Hast du mich nicht verstanden?« Sammaels Narbe ließ sein Lächeln einseitig höhnisch geraten. »Ich sah kürzlich deine Schwester Vanora. Sie sah zunächst nicht wohl aus. Sie schrie und weinte, zuckte ständig zusammen und zog sich an den Haaren. Frauen leiden unter den Gefälligkeiten von Myrddraals stärker als Männer, aber selbst Myrddraals müssen irgendwo ihr Vergnügen suchen. Sorge dich nicht, daß sie zu lange gelitten hätte. Trollocs sind immer hungrig.« Das Lächeln schwand. Seine Stimme war steinhart. »Jene, die nicht gehorchen, können sich auch über einem Herdfeuer wiederfinden. Vanora schien zu lächeln, Carridin. Glaubst du, du würdest lächeln, wenn man dich auf einem Spieß dreht?«
    Carridin schluckte ungewollt und unterdrückte den Schmerz um Vanora mit ihrem bereitwilligen Lachen und ihrem geschickten Umgang mit Pferden, die dort zu galoppieren wagte, wo andere sich zu Fuß zu gehen fürchteten. Sie war seine Lieblingsschwester gewesen, und doch war sie tot, und er war es nicht. Wenn es überhaupt Barmherzigkeit auf der Welt gab, hatte sie nicht erfahren, warum. »Ich lebe, um zu dienen und zu gehorchen, Großer Meister.« Er glaubte nicht, daß er ein Feigling war, aber niemand verweigerte einem der Auserwählten den Gehorsam. Nicht häufiger als ein Mal.
    »Dann finde, was ich haben will!« brüllte Sammael. »Ich weiß, daß es irgendwo in diesem kjasic Fliegenschiß von Stadt verborgen ist! Ter'angreale, angreale, sogar Sa'angreale! Ich habe ihnen nachgespürt, bin ihnen gefolgt! Jetzt wirst du sie finden, Carridin. Stelle meine Geduld nicht auf die Probe.«
    »Großer Meister...« Sein Mund war ausgetrocknet. »Großer Meister, hier sind Hexen... Aes Sedai... Ich weiß nicht genau, wie viele. Wenn sie auch nur ein Flüstern hören...«
    Sammael gebot ihm zu schweigen und tat dreimal einige schnelle Schritte hin und

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