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Wolkengaukler

Wolkengaukler

Titel: Wolkengaukler
Autoren: Anett Leunig
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Eiscafé Venezia, gleich in ... ach, verflixt, wie heißen Straße gleich noch mal ...? Hmm, ich sage es später! Was wollt ihr haben?“ Ich gab Renzo unsere Bestellung auf. Dann saßen wir eine Weile schweigend beieinander.
    Schließlich brach Christoph das Schweigen: „Tja, was machen wir nun mit deinem Vater?“
    Ich hatte keine Ahnung und zuckte ratlos mit den Schultern: „Er ist ein ganz schön harter Brocken. Hat mich noch nicht einmal gefragt, was genau ich mir denn vorstelle.“
    „Hmm.“ Christoph schwieg wieder.
    Gedankenverloren sah ich zur Tür hinüber und aus dem Fenster, beobachtete die Leute, die draußen vorbeiflanierten. Plötzlich stellte sich mein Blick scharf wie das Objektiv einer Kamera. Den Typ da draußen kannte ich doch! Felix! Er schien hierher zu kommen. Das war eigentlich nicht weiter verwunderlich bei der Hitze heute. Verwunderlich war nur, dass er in Begleitung einer Frau war. Und zwar wirklich einer Frau! Und das war nicht seine Mutter!
    Ich stieß Christoph mit dem Ellenbogen an, dem prompt die Eiskarte aus der Hand fiel, in der er gerade geblättert hatte: „Felix kommt.“
    Christoph sah auf und erfasste die Situation sofort. „Ist das seine Freundin?“
    „Keine Ahnung.“
    „Sieht gut aus. Hat was.“
    „Sie muss so alt sein wie du.“
    „... – Älter.“ – „Was?!“
    Weiter kamen wir nicht, denn Felix hatte uns entdeckt, für einen Moment gestutzt und dann den Arm von der Schulter der Frau gleiten lassen. Aha??! Er machte sie auf uns aufmerksam. Sie schaute interessiert zu uns herüber, dann ergriff sie seine Hand und steuerte auf uns zu. Während die beiden näher kamen, betrachtete ich seine Auserkorene genauer. Sie war genauso groß wie er, hatte eine sportliche Figur, nix von wegen weichen Rundungen, vollem Busen und breitem Hintern! Ihr rötlich schimmerndes Haar war kurzgeschnitten und in frechen Fransen in ihr Gesicht gefönt. Keine von den Barbieklonen, die derzeit überall zuhauf herumliefen, sondern eine mit Pfiff und dem Mut zum Anderssein. Ich klopfte Felix innerlich für seinen guten Geschmack auf die Schulter. Vor unserem Tisch blieben sie stehen. Felix’ Lächeln wirkte etwas gekünstelt, aber er rief tapfer:
    „Jann, Mensch, ist ja witzig, dass ihr auch gerade hier seid!“ Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er das jetzt nicht wirklich witzig fand. Seine Begleitung sah uns aufmerksam an. Christoph sah ebenso aufmerksam zurück. In mir prickelte es. In Felix auch? Er übernahm die Vorstellungsrunde:
    „Ja, ähm, also: Sonja, das sind Jann, mein bester Freund, und Christoph, sein – ehm – Cousin. Und das ist Sonja, meine ... eine Bekannte.“ Christoph zog erstaunt eine Augenbraue hoch, und Sonja ebenfalls. Ein Lächeln spielte um ihre Lippen, dann reichte sie uns beiden die Hand.
    „Setzt euch doch zu uns“, bot ich an. Dieser Tisch war ebenso Felix’ wie mein Stammplatz, und wir hatten beide vorgehabt, ihn unseren neuen Flammen vorzustellen. Vier Stühle gab es ja. Felix, ganz Gentleman, rückte Sonja den Stuhl zurecht. Dann meinte er: „Also, ich gehe mal vor und bestelle uns was.“ Sonja nickte ihm über ihre Schulter hinweg zu. Ihr verheißungsvoller Blick zog ihn magisch an, fesselte ihn und saugte ihn auf. Wenn wir nicht dabei gewesen wären, hätte er sie jetzt wahrscheinlich lang und leidenschaftlich geküsst. Auf Eis hatte er im Moment mit ziemlicher Sicherheit keinen Appetit! Christoph warf mir einen  Blick zu, der mir genau dasselbe sagte, was ich in diesem Moment dachte: ‚Der ist hinüber.’ Ich verbiss mir ein mitleidiges Grinsen und stand geräuschvoll auf: „Ich komme mit.“
    Wir steuerten auf den Tresen zu. Renzo begrüßte auch Felix sehr herzlich. „Und heute wieder mit der schönen Sonja? Aahh, da hast du dir was Tolles ausgesucht! Ich mache ihr ein Eis, da wird sie dir abschlecken – alle zehn Finger!“ Er grinste verschwörerisch. Offenbar schien er Sonja schon zu kennen.
      Wir machten es uns auf den Barhockern bequem, solange Renzo sich um Felix’ Bestellung kümmerte. Mein Kumpel schien auf einmal sehr nervös zu sein: immer wieder warf er einen Blick zurück zum Tisch. Sein Gesicht war angespannt. Hatte er ein Problem damit, Christoph mit Sonja allein zu lassen? Hatte ich eins damit? Christophs Blick vorhin hatte mich etwas irritiert, aber ich vertraute meinem Lover und wandte mich nicht um.
    „Er wird sie schon nicht auffressen“, sagte ich, und Felix drehte sich mit einem Seufzer wieder zu mir
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