Wolkentaenzerin
Sand. »Sie hat Kunst in Florenz studiert und ist nach Hause gekommen, um sich um sie zu kümmern. Hat einfach ihre Sachen gepackt und die Schule hingeschmissen, um nach Hause zu fahren und sie zu pflegen.«
»Das passt zu ihr«, entgegnete Chris. »Wow, Krebs. Das muss heftig gewesen sein.«
»Es hört sich schrecklich an, wie es sich langsam verschlimmert hat. Das ist wirklich eine der furchtbarsten Arten, zu sterben.«
»Ich weiß nicht. ALS ist auch kein Spaziergang. Ein Haiangriff wäre ziemlich gruselig. Oder allmähliche Dehydrierung auf einer einsamen Insel.«
»Hör auf, Witze zu machen, Chris. Krebs kommt so häufig vor, das ist unheimlich.« Kate setzte ihre Sonnenbrille auf und drückte ihren Stuhl tiefer in den Sand. »Ich bin so froh, dass du aufgehört hast zu rauchen.«
Er gab einen zustimmenden Laut von sich. Sie betrachtete ihn einen Moment aus den Augenwinkeln, suchte nach Spuren von Erröten oder anderen Zeichen dafür, dass er nicht die Wahrheit sagte, doch er sah ausdruckslos geradeaus. Wenn sie noch mehr sagte, würde es sie beide wieder an den Punkt bringen, wo das Vertrauen nicht selbstverständlich war, und die ganze Urlaubsstimmung würde sich verändern.
Mittlerweile halfen fünf Kinder James und Piper am Ufer und arbeiteten mit ihren Schaufeln und Eimern an einer zweiten Ebene für die Burgmauern. Chris rief ihnen zu: »Sieht super aus, Leute, aber nehmt nicht zu nassen Sand. Wenn er zu schwer ist, krachen euch die Mauern ein.« Er zog seine Wasserflasche aus dem Sand und nahm einen langen Schluck. »Was wollte Dave denn heute Morgen? Kommen sie uns besuchen?«
Das war’s also schon. Sie würden das Rauchen übergehen. Sie versuchte sich daran zu erinnern, in welchem Jahr sie ans Cape gefahren waren, welcher Hochzeitstag es gewesen war. Vor drei Jahren? Es fühlte sich viel länger her an.
»Ich weiß es nicht«, antwortete sie. »Ich habe sie noch mal eingeladen. Aber er hatte seine höfliche Stimme, das bedeutet, dass er nicht darauf zurückkommen wird.«
Chris nickte. »Dave hält ja alles ganz gut zusammen, aber er ist wirklich immer ein bisschen zu höflich. Ich glaube nicht, dass ich ihn jemals gereizt gesehen habe. Ich habe das Gefühl, er lässt einen genau so viel sehen, wie er einem zeigen will.«
Sie kleckste sich ein wenig Sonnencreme auf die Handfläche und massierte sie in Dekolleté und Nacken ein.
»Heute Morgen hat er mich gefragt, wie weit ich schon bei den Tagebüchern gekommen bin. Ich glaube, er ist hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, die Wahrheit über sie zu erfahren, und gleichzeitig nichts wissen zu wollen.«
Chris schüttelte den Kopf. »So ein Verlust, und dann solche Erkenntnisse über die Person zu bekommen, von der man dachte, man kannte sie? Das ist wirklich ziemlich heftig.« Er sah James dabei zu, wie er sich breitbeinig über die Burgmauern stellte und sich selbst zum König erklären wollte.
»Wahrscheinlich kann man niemanden wirklich kennen. Sie wäre die Letzte, von der ich vermutet hätte, dass sie etwas mit jemand anderem anfangen würde.«
»Wir sollten keine voreiligen Schlüsse ziehen, Chris. Ich meine, sie ging doch komplett in ihrer Familie auf. Alles, was sie getan hat, war für sie.«
Zwei Frauen im Bikini gingen genau vor den Kindern, die die Burgen ausbesserten, am Wasser entlang. Als ihnen beinahe der Sand von James’ Schaufel vor die Füße flog, hüpften sie geziert zurück, als hätten sie sich verbrannt. Beide hatten langes, volles Haar, sorgfältig in Form geföhnt und gebürstet. Als sie weitergingen, wippten ihre Brüste in den Bikinioberteilen wie Bojen im Wasser.
Chris sah ihnen nach, als sie vorbeigingen. Kate schaute ihn an, bis er bemerkte, dass sie ihn beobachtete, und beide blickten wieder zu den Kindern und den Sandburgen.
»Nur weil Elizabeth eine perfekte Mutter war, heißt das nicht, dass sie keine Affäre gehabt haben könnte. Aber wenn es wirklich so war, erzählst du es Dave dann? Oder gibst du ihm die Bücher?«
Unvoreingenommen und feinfühlig . Kate sah zu, wie sich die Frauen am Strand entfernten.
»Ich muss abwarten, was sich richtig anfühlt. Ich weiß nicht, was grausamer wäre – Dave den Beweis zu liefern oder ihn im Ungewissen darüber zu lassen, was sie getan hat. Wahrscheinlich kommt es darauf an, ob die Wahrheit ihm irgendwie weiterhelfen würde oder ihn nur verletzt.«
Chris runzelte die Stirn. »Findest du nicht, dass du da zu sehr eingreifst? Wenn du entscheidest, welche
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