Wolkentaenzerin
Schwestern‹-Nummer ab.«
»Da muss man den Text aus dem Kindergarten zu Hilfe nehmen: ›Wir sind hier nicht bei Wünsch dir was‹«, sagte Kate.
»Das war Elizabeths Mantra.«
Im Garten kreischten James und Piper, als Chris mit dem Schlauch auf sie zielte und den Wasserstrahl mit dem Daumen auf der Düse in einen Sprühregen verwandelte. Juchzend rannten sie außer Reichweite des Wassers, nur um sofort wieder hineinzulaufen.
»Hört sich an, als hätten die Kinder Spaß«, sagte Dave. Durch die Leitung konnte Kate Emilys dünnes, aber hohes Quengeln hören, so nah, dass sie das Kind vor sich sah, wie es sich fordernd an Daves Schienbein drückte.
»Okay, Em, du brauchst eine neue Windel«, sagte er. »Gut, Kate, ich wollte nur mal hören, wie’s euch geht, und sichergehen, dass die Truhe gut mit euch angekommen ist.«
»Auf jeden Fall. Gut verstaut an einem sicheren Ort. Wirklich ein schönes antikes Stück.« Kate bemerkte ihren munteren Tonfall und war genervt darüber, dass sie ihre Nervosität nicht unterdrücken konnte.
»Elizabeth hat sie von ihrer Mutter oder ihrer Tante bekommen, glaube ich.«
Seine Stimme klang matt. Er wollte nicht über den antiquarischen Wert der Truhe reden. »Na gut. Ich hab mich nur gefragt, ob alles gut läuft, mit dem Haus, mit den Tagebüchern und so. Aber ich bin sicher, dass du alles gut im Griff hast.«
Er war neugierig. Die möglichen Konsequenzen erwachten zischend zum Leben. Kate sah an die geweißten Deckenbalken und suchte nach einer belanglosen Formulierung.
»Na ja, die Tagebücher zu lesen dauert länger, als ich gedacht habe. Ich bin gerade erst bei den Jahren nach dem College.«
Dave sagte eine Weile nichts. Entweder war er erstaunt, oder er wollte, dass sie es annahm. »Dann hast du dich also dazu entschlossen, sie zu lesen?«
»Darum ging es doch, oder?«
Er seufzte, als wäre dies noch eine weitere Last, die er auf sich nehmen musste. Als er sprach, war die Beschwingtheit aus seiner Stimme verschwunden. »Ich dachte, du würdest sie vielleicht nur aufbewahren.«
Kate schob ein paar Krümel auf dem Küchentresen zusammen. »Wenn sie sie nur aufbewahrt haben wollte, hätte sie sich ein Schließfach besorgen können. Dazu brauchte sie mich nicht.«
»Das kann ich nicht beurteilen. Schwer zu sagen.«
Seine Ausdrucksweise war quälend langsam geworden.
»Manchmal weiß man ja auch nicht genau, was man will, und alles muss sich erst einmal setzen.«
Kate wickelte sich die Spiralen der alten Telefonschnur um den Finger. Der Kunststoff war von Jahrzehnten ruheloser Hände ergraut und an mehreren Stellen falsch verknäult, wodurch Kate an kurzer Leine an den Küchentresen gebunden war. Sie könnte die Anweisung in der Nachricht des Notars erwähnen. Bitten Sie sie, vorne anzufangen. Doch schien ihr das eine taktlose Erinnerung daran, dass Elizabeth nicht ihn ausgewählt hatte. Erdnussbutter, Brot und Marmelade lagen dort um Kate herum verstreut, wo Chris ihnen Sandwiches für ihren Lunch am Strand zubereitet hatte. Sie konnte nach einer Entschuldigung suchen, behaupten, ihrer Familie irgendwo helfen zu müssen.
»Es sind eine Menge Bücher«, brachte Kate schließlich heraus, als wäre ihre bloße Anzahl Grund genug, dass sie gelesen werden mussten. »Ich nehme mal an, dass das Schreiben ein gutes Ventil für sie war als Kind.« Sie ließ die Andeutung im Raum stehen, dass Elizabeth vielleicht besonders produktiv in ihrer Jugend gewesen war, dass es vielleicht nicht ganz so viele heikle Informationen über ihr Erwachsenenleben gab. Das war lächerlich, denn die heikelste Sache lag bereits auf dem Tisch: Elizabeth auf einer Decke mit einem Mann namens Michael.
»Ihre Kindheit war nicht gerade die glücklichste«, sagte Dave.
»Scheint so.«
Sie schwiegen erneut. Kates Kinder kamen in ihren nassen Badesachen hereingerannt und wollten irgendetwas. Kate schüttelte den Kopf und wandte sich ab.
»Sie hat nicht viel über die Vergangenheit gesprochen«, sagte Dave. »Ich habe sie erst eine ganze Weile nach dem Tod ihrer Mutter kennengelernt, und selbst dann hat sie nicht gern darüber geredet.«
»Krebs muss wirklich furchtbar sein, wenn man es so unmittelbar mitbekommt.« Morphingetränkte Augen, Finger wie Strohhalme . Kate fragte sich, wie viel Elizabeth Dave von dem Jahr erzählt hatte, in dem sie sich um ihre Mutter gekümmert hatte, ob er verstehen konnte, wie schlimm so etwas wurde.
»Hast du schon die letzten Bücher gelesen?«, fragte er.
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