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Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
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so gefunden hast.«
    Er atmete hörbar aus, gereizt. »Was willst du damit sagen, Kate? Glaubst du, ich hatte auch einen Schlüssel und habe noch mehr von den Büchern gelesen, bevor ich sie dir gegeben habe?«
    »Nein, das meine ich nicht.«
    Es war ein Fehler gewesen, mit diesem Thema anzufangen, aber nun war es zu spät.
    »Ich habe mich quasi aus der Truhe ausgeschlossen. Ich habe den Schlüssel in meinem Portemonnaie aufbewahrt, und das wurde mir am Wochenende am Strand gestohlen.«
    »Du hast den Schlüssel zur Truhe verloren?«
    Sie versuchte, seinen Tonfall zu deuten: verärgert oder ungläubig? Sie fuhr vorsichtig fort und versuchte, nicht defensiv zu klingen. »Ich habe ihn nicht verloren. Er wurde gestohlen.« Sie berührte die empfindliche Stelle am Hals, die wieder brannte.
    »Nein. Ich habe keinen Zweitschlüssel. Für mich hat das Leben nie so ein Sicherheitsnetz bereitgehalten, Kate.« Seine Stimme war ebenso beherrscht wie die ihre. Was würde sie nicht dafür tun, dass eines ihrer Kinder aufwachte und ihr eine Ausrede verschaffte.
    »Und was machst du jetzt?«, fragte er.
    »Ich habe mit ein paar Schlossern gesprochen.« Das entsprach nur teilweise der Wahrheit; sie hatte ihnen Nachrichten hinterlassen und war an einem der Geschäfte vorbeigefahren, doch das war geschlossen gewesen.
    »Im schlimmsten Fall ist sie wohl auch nicht so massiv.«
    »Dann würdest du sie also aufbrechen.«
    »Könnte ich. Als letzten Ausweg.«
    Sie drehte sich zum Haus um und kehrte den Geräuschen der in der Nähe vertäuten kleineren Boote, deren Tauwerk aufgeregt und schlaflos bimmelte, den Rücken zu. Durchs Fenster betrachtete sie das Licht in der Dachkammer und sah den oberen Rand der Chaiselongue an der Wand. Je nachdem, wie viele Seiten noch vor ihr lagen, war der letzte Ausweg nicht mehr weit entfernt.
    »Ich muss morgen früh zur Arbeit. War ein langer Tag.«
    Dave klang plötzlich sehr müde. Sie sah ihn vor sich, wie er sich über das Gesicht rieb und seufzte. Das ist das Letzte, was ich gebrauchen kann . »Mach’s gut, Kate.«
    Er hatte nichts dazu gesagt, dass sie eventuell die Truhe aufbrechen würde. Er war vielleicht unglücklich darüber, hatte sie aber nicht gebeten, es nicht zu tun. Womöglich machte er ihr auch gar keinen Vorwurf. Bei ihm wusste man nie.

Zwanzig
20. September 1995
Total erledigt vom Tapezieren, Streichen und Müll-vom-Dachboden runterschleppen, den die Vorbesitzer dagelassen haben. Die neue Gegend gefällt mir, eine ruhige Straße mit Familien. Muss mich aber noch an die Stadt gewöhnen. Das Publikum hier ist schon etwas Besonderes – Frauen in Geländewagen, die sich vor den Einkaufszentren Parklücken schnappen, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, ob vielleicht schon jemand anders darauf gewartet hat. Mütter, die sich rausputzen, um zum Supermarkt zu gehen. Sogar wie sie mit ihren Kindern reden, wirkt perfekt in Szene gesetzt, als ob sie glauben, jeder würde ihnen zuhören und ihre Darbietung benoten.
Dave findet es hier ganz wunderbar. Es gibt einen sehr guten Golfplatz in der Stadt, ohne Mitgliedschaft, und sie merken ihn dort zum Training vor, selbst wenn sie eigentlich ausgebucht sind. Er bereitet sich vor, um es noch mal bei der Qualifikationsschule zu versuchen. Er ist entschlossen, für die nächste Saison wieder die Tour-Karte zu bekommen. Das wäre im Januar, genau wenn der Geburtstermin ist.
3. November 1995
Dave und ich haben endlich darüber geredet, wie wir Arbeit und Kind vereinbaren wollen. Bisher haben wir das vermieden bzw. ich habe es wohl vermieden, dabei steht es schon lange unausgesprochen im Raum. Dave hat es nie so offen formuliert, aber ich glaube, er möchte, dass ein Elternteil zu Hause bei den Kindern bleibt. Das hängt damit zusammen, wie er selbst aufgewachsen ist, mit seinem Misstrauen Fremden gegenüber, seiner Bereitschaft zur Selbstaufopferung, und es hat auch etwas mit Kontrolle zu tun. Er hat sich nie viel aus Geld gemacht, zumindest hat er es nie zur treibenden Kraft werden lassen. Der finanzielle Aspekt bei zwei Einkommen im Vergleich zu den Kinderbetreuungskosten spielt also keine besondere Rolle. Darum geht es ihm einfach nicht. Mir ehrlich gesagt auch nicht. Wenn auch aus anderen Gründen.
Ich habe ihm gesagt, dass ich gern eine Teilzeitstelle aushandeln möchte und die Agentur sich bestimmt darauf einlässt. Ich würde ein ganz anständiges Gehalt nach Hause bringen, ohne zu viele Stunden beschäftigt zu sein. Wir waren gerade beim

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