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Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
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Effekt war der gleiche. Als sie sah, dass sie wieder nicht getroffen hatte, schlug sie mit ihrem Putter auf den Rasen ein, als hielte sie eine Waffe.
    Kate hatte vor Elizabeth niemanden gekannt, der Opfer eines ernsten Verbrechens geworden war. Am Morgen nach dem Einbruch hatte das Klingeln des Telefons die Stille vor dem Morgengrauen durchbrochen, in der die Vögel noch nicht sangen und die Kinder noch schliefen. Als Kate abnahm, hatte Elizabeth nur gesagt: »Ich muss dich um einen Gefallen bitten.« Nicht Bei mir wurde eingebrochen oder Ich war mehrere Stunden an ein Bett gefesselt , sondern dass sie um einen Gefallen bitten musste. Die Polizei war gerade wieder gefahren, und Elizabeth musste ins Krankenhaus, um den Fötus untersuchen zu lassen, und anschließend zur Polizeiwache für weitere Befragungen. Konnte Kate wohl auf Jonah aufpassen? Es war erschreckend, wie ruhig sie war.
    Als Kate einige Augenblicke später bei den Martins vor der Tür stand, die Nerven blank wie freigelegte Kabel, war sie darauf gefasst … Sie wusste nicht, worauf. Trost zu spenden, Kaffee zu kochen, zu helfen, die gestohlenen Gegenstände aufzulisten. Doch Elizabeth nahm einfach nur resigniert ihre Umarmung entgegen und übergab ihr Jonah. Sie würde in wenigen Stunden zurück sein, sagte sie, und Kate sah die Striemen der Fesseln an ihren Handgelenken. Dave würde im Laufe des Vormittags einfliegen.
    Kate ging zum fünften Loch. Sie stand am Abschlag und stupste ihren gelben Ball leicht an. Mit kaum ausreichend Schwung rollte er die Brücke empor. Doch als er erst einmal den höchsten Punkt erreicht hatte, legte er an Tempo zu, nur um dann wieder langsamer zu werden, als er das Rasenstück überquerte, und dann endlich, unfassbar, am Rande des Lochs liegen zu bleiben. Einen Moment lang lag er dort, dann flatterten Schmetterlingsflügel irgendwo am anderen Ende der Welt – und er fiel ins Loch.
    »Wow! Hast du das gesehen?«, jubelte James. »Das war ja wie Zauberei! Mom hat mit einem Schlag eingelocht! Mom locht NIE mit einem Schlag ein!«
    Kate streckte die Arme gen Himmel wie ein Profiboxer und marschierte in einer langsamen Ehrenrunde um den Abschlag herum.
    »Guter Schlag, Mommy!«, lobte Piper und schlang Kate fest die Arme um die Hüften.
    Als Kate zum ersten Mal wirklich Elizabeths Blutergüsse gesehen hatte und nicht nur die Andeutung von Striemen über dem Kragen, war sie sprachlos. Elizabeth hatte wenig über den Überfall verlauten lassen –  so ein Glück gehabt, wir konnten alles ersetzen  –, und niemand aus der Spielgruppe hatte sie gedrängt. Als sie nachfragten, hatte Elizabeth nachdrücklich klargestellt, dass es ihr gutging. Und wie immer glaubten ihr alle. Tag für Tag war Kate mit Essen vorbeigekommen, hatte sich als Babysitterin und für andere Krisendienste angeboten, war jedoch mit ihren Fragen nicht sonderlich in die Tiefe gegangen. Hattest du große Angst? Kannst du schlafen? Wie können wir dir helfen, das zu verarbeiten? Kate wollte nicht aufdringlich sein. Oder vielleicht lag es eher daran, dass sie die Antworten nicht hören wollte. Das war ihre Art, Taten statt Worte, und sie wusste, dass es eine Schwäche war.
    Aber an dem Tag, als sie die Striemen unter Elizabeths Hemd hervorlugen sah, war sie selbst überrascht, als sie Elizabeth die Arme um die Schultern legte und den körperlichen Trost anbot, der bei anderen immer so viel natürlicher zu sein schien als bei ihr selbst. Eine Weile saßen sie im Spielzimmer in der Umarmung beisammen. Elizabeth verspannte sich zunächst, wurde dann aber weicher, als würde sie etwas loslassen. Der Ventilator sirrte auf seinem Ständer. Die kleinen Jungs blätterten in ihren Bilderbüchern und warteten schläfrig auf ihr Nickerchen. Nach einem Moment, der lang genug war, um Mitgefühl auszudrücken, löste sich Kate aus der Umarmung.

    Im Bungalow war es still, nachdem die Kinder ins Bett gefallen waren, und man hörte die Wellen, die an den Rand des Grundstücks schlugen. Kate saß in der Chaiselongue und nahm das Tagebuch. Zum ersten Mal, seitdem sie hier angekommen waren, wünschte sie sich eine Wolldecke. Ebenso wünschte sie sich, wie nie zuvor auf der Insel, nicht allein mit ihren Kindern in einem abgelegenen Haus zu sein. Sie ging wieder hinunter und schloss die Tür ab. Das machten sie sonst nie.

    Nach dem Einbruch zogen die Martins um. Ihr neues Heim lag nur ein paar Straßen weiter und gehörte noch zum alten Viertel, doch für Elizabeth bedeutete es

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