Wolkentaenzerin
seinem Laufstall nebenan. In der Stadt hätte ich niemals jemanden reingelassen, aber ich bin jetzt eine Vorort-Mom. Hier muss man vertrauensvoll und umgänglich sein. Ich fragte mich, was Kate wohl tun würde und ob er schon bei ihr gewesen war. Ich wollte noch einmal seinen Ausweis sehen. »Es dauert nur fünf Minuten«, sagte er. »Können wir uns irgendwo setzen?«
Ich führte ihn an den Tisch im Esszimmer, und er fragte mich über Roy Ginnis von gegenüber aus, irgendein Anwalt. Der Agent bat mich um ein Glas Wasser und stellte dann alle möglichen Fragen, die ich nicht beantworten konnte: Was sind Ginnis’ Hobbys, kommt und geht er zu auffälligen Zeiten, trinkt er viel auf Veranstaltungen in der Nachbarschaft, hat er in letzter Zeit irgendwelche großen Güter erworben, irgendwelche Anzeichen von einem extravaganten Lebensstil?
Jonah fing in seinem Laufstall an zu weinen, und ich stand auf, um eine Schnabeltasse zu holen. Als ich zurückkam, stand der Mann am Fenster und sagte, er wäre fertig. Der Secret Service käme eventuell auch noch vorbei. Dann ging er.
Als ich Dave heute Abend am Telefon davon erzählte, ist er ausgeflippt. Er flippt nie aus. »Du hast was getan? Du hast ihn einfach reingelassen, als du alleine mit Jonah zu Hause warst? Er hätte wer weiß wer sein können, dich angreifen, das Haus in Augenschein nehmen. Hast du ihn zwischendurch irgendwo allein gelassen?« Ich sagte Dave nicht, dass ich das getan hatte.
Was zum Teufel ist los mit mir? So was machen Vorort-Moms nicht. Kluge Mütter haben einen Radar für die Sicherheit ihrer Familie, und es ist ihnen egal, dass es merkwürdig ist, wenn man jemandem die Tür nicht aufmacht. Sie lassen keine Leute von der Straße ins Haus und bieten ihnen Schokoladenkekse auf Spitzendeckchen an.
Warum fällt mir das so schwer? Ich stolpere immer wieder darüber, dass ich denke, dieses oder jenes würde von mir erwartet, so und so müsse ich mich verhalten. Dazu sollte man eigentlich keine Gehirn-OP benötigen. Kind füttern, Kind anziehen, Essen kochen, Rechnungen bezahlen und keine völlig Fremden ins Haus lassen, wenn man alleine ist.
Auf der nächsten Seite waren zwei Ausschnitte ins Tagebuch geklebt worden, einer aus einer Zeitung, einer aus einem Magazin.
THE STAMFORD ADVOCATE, 6. September 1997
Southbrook – Die Polizei ist auf der Suche nach zwei Verdächtigen, die spät am vergangenen Freitagabend in ein Einfamilienhaus in Southbrook eingebrochen haben, die schwangere Bewohnerin an das Bett ihres zwanzig Monate alten Sohnes fesselten und das Haus ausraubten.
Im Laufe desselben Tages hatten bereits mehrere Bürger aus der Nachbarschaft bei der Polizei über einen Mann berichtet, der von Tür zu Tür ging und sich als FBI -Agent ausgab. Es wird von einem Zusammenhang zwischen den Vorfällen ausgegangen, da die Betroffene angab, einer der Verdächtigen ähnele dem Mann, den sie am Tag zuvor in ihr Haus gelassen hatte, nachdem er ihr einen Ausweis zeigte, von dem sie annahm, es sei ein staatlicher Dienstausweis. Die Polizei von Southbrook verweigert auf Wunsch der Familie die namentliche Nennung des Opfers.
Die Polizei beschreibt den mutmaßlichen Täter als ca. 30-jährig, weiß und ca. 1,80 m groß. Während des Einbruchs wurde er von einem oder zwei anderen Männern begleitet. Als er tagsüber an die Türen kam und sich als Agent ausgab, trug er Anzug und Krawatte, doch zum Zeitpunkt des Einbruchs war er laut Aussage des Opfers mit Jeans und einem dunklen Kapuzenpulli bekleidet.
Die Behörden wurden gestern kurz vor zwei Uhr morgens durch einen Notruf aus dem Wohnhaus benachrichtigt. Obwohl der Anrufer geknebelt und nicht in der Lage war, zu sprechen, konnte die Polizei den Anruf zurückverfolgen. Polizisten fanden die 34-Jährige am Tatort in ihrem Nachthemd mit Stricken und Klebeband an das Gitterbett ihres Sohnes gefesselt. Sie hatte das Bett auf die andere Seite des Zimmers manövrieren können und dort einen Tisch umgestoßen, um an das Telefon zu gelangen und um Hilfe rufen zu können. Unter den gestohlenen Wertgegenständen befinden sich Elektrogeräte und Schmuck. Die Frau und ihr Sohn blieben unversehrt.
Der Vorfall sei laut Sergeant Edward Gagnon der Southbrook-Polizei untypisch, vor allem was die Vorausplanung betreffe, mit der das Haus und die Einbruchsmethode ausgewählt wurden, basierend auf dem, was die Eindringlinge über die Alarmanlage des Wohnsitzes feststellen konnten, als sie sich zuvor im Haus befanden.
»Auch
Weitere Kostenlose Bücher