Wollust - Roman
herausfinden wollen, wie viel ich weiß. In beiden Varianten nutze ich ihm lebendig mehr als tot.«
»Glaubst du , dass er sie ermordet hat?«
»Möglich wär’s.«
»Und du übergibst ihm Gabe, obwohl du glaubst, er könnte seine Frau getötet haben?«
»Wenn Gabe mit ihm mitgehen will, habe ich keine andere Wahl.«
»Gabe will nur mit ihm mitgehen, weil er nicht zu seiner Tante oder seinem Großvater will. Vielleicht möchte er hierbleiben.«
»Rina, wenn Donatti seinen Sohn zurückwill und Gabe einverstanden ist, werde ich nicht dazwischenfunken. Das wäre eine unnötige Provokation. Im Moment möchte ich sowieso nur, dass er endlich hier aufkreuzt. Habe eine Menge Fragen an ihn.«
»Er wird keine Beichte ablegen, Peter.«
»Nein, natürlich nicht. Und die Möglichkeit, dass er es nicht getan hat, besteht. Donatti hat sich viele Feinde gemacht. Vielleicht hat Terrys Verschwinden mit einem von ihnen zu tun.«
Rina dachte über seine Worte nach. »Das klingt plausibel.«
Decker gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Geh ins Bett. Lass mich das hier hinter mich bringen, in Ordnung?«
»Ich kann sicher nicht einschlafen, bevor du nicht neben mir liegst.«
»Dann wirst du wahrscheinlich die ganze Nacht wachliegen. Es wird ziemlich lange dauern.«
»Kein Problem. Ich warte.« Sie hielt die Zeitschrift in die Höhe. »Dieses Heft enthält fünfzig mörderische Kreuzworträtsel, und ich bin erst bei Nummer vier.«
Um drei Uhr morgens stand Decker von der Couch auf und klopfte an die Tür des Zimmers seiner Stiefsöhne. Ein paar Sekunden später öffnete Gabe die Tür. »Ist er da?«
»Du klingst überrascht.« Als Gabe darauf nicht antwortete, schüttelte Decker den Kopf. »Nein, er ist nicht da und hat auch nicht angerufen. Mein Gefühl sagt mir, dass er nicht kommen wird.«
Gabe ging zurück ins Zimmer und hockte sich auf die Bettkante von Sammys Bett, die Hände im Schoß gefaltet. Decker setzte sich dem Jungen gegenüber auf Jacobs Bett. Die beiden Betten waren durch ein Nachtschränkchen getrennt. »Es tut mir leid.«
»Mir nicht«, sagte Gabe. »Ich bin erleichtert.«
»Du bist erleichtert.«
Der Junge nickte.
»Ich hatte dir doch gesagt, dass du nicht mitgehen musst.«
»Na ja, ich wär schon mitgegangen«, erwiderte Gabe. »Wenn Chris sagt, du kommst mit, dann geht man mit. Aber durch sein Nichterscheinen hat er eine Wahl getroffen. Ausnahmsweise hatte ich mal Glück.«
»Jetzt bringst du mich aber in eine Zwickmühle. Was soll ich tun, wenn er doch noch kommt?«
»Lieutenant, wenn er hätte hier sein wollen, dann wär er mittlerweile da. Mein Vater ist zwanghaft. Das betrifft auch seine Pünktlichkeit. Er wird nicht aufkreuzen.«
»Und für dich geht das in Ordnung?«
»Ja, sogar sehr.«
Decker starrte den Jugendlichen an. Er hatte Ringe unter den Augen, und er sah trotz des üppigen Abendessens hager aus. »Bist du dir sicher, dass er dich nie geschlagen hat?«
»Näh. Niemals. Aber nur weil er mich nicht geschlagen hat, heißt das noch lange nicht, dass ich bei ihm leben will – vor allem nicht ohne Mom. Er ist verrückt.«
»Und warum hast du mir das nicht gleich gesagt?«
»Wenn Chris mich in seine Obhut nehmen will, dann wär’s das gewesen. Da werde ich ihn wohl kaum verärgern. Das wär Selbstmord.« Gabe nahm seine Brille ab und rieb sich die Augen. »Wenn er mich haben wollte, hätte er mich abgeholt. Er lädt mich bei Ihnen ab, Lieutenant. Und Sie wissen, dass er genau das gerade tut.«
»Ich habe dich gebeten, bei uns zu bleiben, Gabe. Niemand hat dich irgendwo abgeladen.«
Aber Gabe kannte die Wahrheit. Auch wenn er nicht gänzlich ohne Zuflucht dastand, sah seine Zukunft trostlos aus. Sonst noch was Neues? »Wie ich meinen Vater kenne, wird er Geld schicken. Das wär genau sein Stil. Er glaubt, Geld bringt alles in Ordnung.« Gabe blickte zu Decker auf. »Und was jetzt?«
»Keine Ahnung, Gabe. So weit im Voraus habe ich noch nicht nachgedacht.«
»Ich werd nicht bei meinem Großvater leben. Meine Mutter hasst ihn.« Er sah wieder auf. »Dann nehm ich mal an, es wird wohl Tante Missy werden. Sie ist nett … tausend Mal besser als eine Pflegefamilie.«
»Niemand wird dich in einer Pflegefamilie unterbringen, Gabe. Das steht gar nicht zur Debatte. Du kannst hierbleiben, bis wir klarer sehen.«
»Danke.« Er wischte sich über die Augen, dann setzte er seine Brille wieder auf. »Das mein ich ernst. Ist Ihre Frau auch einverstanden?«
»Sie ist noch leichter
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